Am 25. Januar meldete die One Group die Neustrukturierung der Geschäftsführung. Man wolle „in den kommenden Monaten attraktive, neue Investmentprodukte anbieten“. Am 19. Februar räumte die One Group Rückzahlungsprobleme beim ProReal Deutschland 7 ein und verwies erneut auf eine laufende Portfoliobewertung: „Die im Bereich der Immobilienprojektentwicklungen tätige Darlehensnehmerin der Emittentin führt derzeit eine Risikoanalyse aller Bauvorhaben in ihrem Portfolio durch.“ In Wirklichkeit arbeitet die SORAVIA seit Wochen im Hintergrund an einer Restrukturierung. Aus Sicht der AnlegerInnen – speziell der ProReal Angebote Deutschland 7 und 8 sowie ProReal Europa 9 und 10 – gibt das massiv Anlass zur Sorge.
Restrukturierung läuft seit mindestens Januar 2024
Am 16. Januar hat Peter Steurer als Geschäftsführer der One Group GmbH verschiedenen AnwältInnen der Sozietät Willkie Farr & Gallagher eine sehr umfassende Vollmacht erteilt. In der Präambel wird dazu ausgeführt: „Die Vollmachtgeberin beabsichtigt die Vornahme einer Restrukturierung durch Veränderungen in der organisatorischen, finanziellen und gesellschaftsrechtlichen Struktur der Vollmachtgeberin sowie deren Tochtergesellschaften, wobei unter anderem auch bestehende Managementbeteiligungsverträge abgeändert und abgewickelt werden sollen (‚Restrukturierung‘).“ Konkret werden dann über mehrere Seiten alle möglichen darin eingeschlossenen Rechtshandlungen aufgezählt. In zwei Sprachen wird auf zwei Spalten alles in Deutsch und Englisch formuliert.
OG Holding mit neuem Gesellschafter
Wie weitreichend die bisher erkennbaren Veränderungen sind, zeigt sich bei der OG Holding AG. Diese Gesellschaft gehörte bisher der SORAVIA Investment Holding GmbH und wurde nun auf eine SRVG vier Entwicklungs GmbH mit Sitz in Wien übertragen. Unter der OG Holding hängen die One Group GmbH und die dazugehörigen Unternehmen. Der erst im April 2023 bei der OG Holding eingetragene Geschäftsführer Gunther Hingsammer wurde am 30. Januar von Erwin Soravia und Peter Steurer mit sofortiger Wirkung abberufen. Auf Nachfrage teilte die SORAVIA mit, dass „sich bei den wirtschaftlich Berechtigten keine Änderung ergeben haben“. Es wurde lediglich eine schon länger geplante Anpassung der Konzernstruktur umgesetzt. In Bezug auf die letztendlich hinter der neuen und bestehenden Struktur stehenden wirtschaftlichen Berechtigten ist das natürlich richtig, ändert aber nichts an der Tatsache, dass die OG Holding aus dem bisherigen Konzernverbund der SORAVIA Investment Holding herausgelöst wurde.
Intransparenter Geldfluss
Viele Dinge sind derzeit noch unklar und werden offenbar auch bewusst nicht kommuniziert. Ein entscheidender Aspekt wäre aus Sicht der AnlegerInnen, wohin deren Geld aus den ProReal-Produkten geflossen ist. Bekannt ist beispielsweise, dass die beiden ProReal Europa 9 und 10 ihre 278 Millionen Euro nach Abzug der Gebühren an die SC Finance Four GmbH (vormals: Soravia Capital Four GmbH) weiterreichten. In welche konkreten Projektentwicklungen die Millionen von dort flossen, wurde auf Anfrage vor zwei Wochen nicht beantwortet. Weitere Gründe zur Sorge sind, dass die SC Finance Four immer noch keinen Jahresabschluss 2022 veröffentlichte und seit kurzer Zeit auch keine Tochtergesellschaft der SORAVIA Investment Holding GmbH mehr ist. Wie eine Gesellschafterliste zeigt, gehört sie nun der SRVG vier Entwicklungs GmbH. Gleiches gilt für die drei anderen Zwischengesellschaften SC Finance Two GmbH (dorthin floss Geld der ProReal Deutschland 8), die SC Finance One GmbH (ProReal Deutschland 7) sowie die SC Finance Three GmbH (verschiedene ProReal Private und Secure-Angebote).
Dezember 2023
Am 21. Dezember erklärten die damaligen One Group-Chefs zusammen mit dem SORAVIA-Finanzchef Peter Steurer rund 350 VermittlerInnen der Anlageprodukte in einem Webinar ein paar Hintergründe zu einer „temporären Zinsstundung“ und „einer ausführlichen Risikoanalyse“ (One Group zahlt Zinsen nicht). Ziel war in Ruhe das Portfolio der rund 40 mit ProReal-Geldern finanzierten SORAVIA-Projektentwicklungen bewerten zu können und dann im März über die Ergebnisse zu berichten. Es klang mehr wie eine Formalität. Nichts deutete auf eine gravierende Restrukturierung. Peter Steurer als Finanzchef der SORAVIA-Gruppe begann allerdings schon vorher neue Strukturen neben der SORAVIA Investment Holding aufzubauen. Am 30. November unterschrieb Steurer eine Vollmacht zum Verkauf der asc ProReal Impact GmbH, die zwischenzeitlich ZH24 Beteiligungs GmbH heißt. Unter dieser hängt die bereits erwähnte SRVG vier Entwicklungs GmbH, die zwischenzeitlich als ZH24 Beteiligungs zwei GmbH firmiert. Die Vollmacht für diesen Anteilskauf- und Abtretungsvertrag wurde am 18. Dezember 2023 unterzeichnet. Und wie bereits beschrieben, ist das die neue Gesellschafterin der OG Holding sowie der für die AnlegerInnen sehr wichtigen vier SC Finance-Unternehmen. Bei Letzteren wurde am Tag des Vermittler-Webinars der 31-jährige Carlo Soravia als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung abberufen.
Stellungnahme SORAVIA
Nach mehreren Fristverlängerungen und sogar nicht eingehaltenen Zusagen kam vorhin doch noch eine Stellungnahme der SORAVIA Deutschland GmbH. Man habe ein „profiliertes Team an Unternehmensberatern und spezialisierten Anwälten, darunter die Kanzlei Willkie Farr & Gallagher LLP, zusammengestellt“. Deren Ziel sei, die bestmöglichen Handlungsoptionen im Umgang mit derzeit vier von 23 betrachteten deutschen Emittentinnen, die zur One Group gehören, zu prüfen. Es gäbe dort Handlungsbedarf unterschiedlicher Ausprägung: „Vor diesem Hintergrund sind einige Gesellschaften ins Rhein-Main-Gebiet verlegt worden, da hier das Beratungsteam und die auf solche Situationen spezialisierte, neue Geschäftsführung der Emittentinnen ihren Tätigkeitsschwerpunkt haben.“ In den nächsten Tagen soll in den betroffenen Gesellschaften ein Anlegerbeirat etabliert werden: „Die neu geschaffenen Gremien mit je fünf Mitgliedern sollen angesichts des herausfordernden Marktumfelds einen institutionalisierten und transparenten Austausch mit den Anlegern ermöglichen. Die Anlegerbeiräte konstituieren sich bis zur Durchführung einer formalen Wahl zunächst als vorläufiges Gremium, das sich aus freiwilligen Vertretern aus den jeweiligen Investorenkreisen zusammensetzt.“
Weiterplatzierung mit veralteten Verkaufsunterlagen
Geschäftsführer- und Gesellschafterwechsel sind entscheidende Informationen, über die AnlegerInnen vor einer Zeichnung korrekt aufzuklären sind. Im aktuell noch im Vertrieb befindlichen Verkaufsprospekt des Fonds ProReal Europa 11 wird zwischenzeitlich falsch behauptet, die OG Holding wäre eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der SORAVIA Investment Holding GmbH. Auch zu den schon vor Wochen verkündeten Geschäftsführerwechseln gibt es keinen Nachtrag mit aktuellen und damit korrekten Informationen. Dabei handelt es sich bei diesem Fonds – anders als beispielsweise bei den nachrangigen Schuldverschreibungen gemäß Vermögensanlagengesetz der ProReal Europa 10 – um einen aufsichtsrechtlich überwachten Publikums-AIF mit der HTB Hanseatische Fondshaus GmbH als Kapitalverwaltungsgesellschaft. Ähnliches, wenn auch nicht aufsichtsrechtlich so bedeutsam, gilt für die derzeit in der Platzierung befindlichen Tranchen des ProReal Green Solutions. Die Verkaufsunterlagen dieser an der Finanzaufsicht vorbei erstellten Angebote für jeweils bis zu 20 AnlegerInnen – hier wird eine Ausnahmeregelung für die Prospektgestattung gemäß Vermögensanlagengesetz genutzt – enthalten zahlreiche Angaben, die längst überholt und damit zwischenzeitlich falsch sind. Unabhängig davon steht bei diesen Blind-Pool-Darlehen an die Wiener ADOMO Beteiligungs GmbH ohnehin im Raum, wie „grün“ das damit finanzierte Dienstleistungsportfolio im Bereich Property- und Facility-Management tatsächlich ist.
Loipfinger’s Meinung
Probleme aus schwierigen Marktentwicklungen heraus sind ein Risiko, das AnlegerInnen von Immobilienfonds oder auch nachrangigen Schuldverschreibungen tragen müssen. Wenn aber in einer Krise Intransparenz das Geschehen bestimmt, dann wird es problematisch. Mit über 30 Jahren Erfahrung im grauen Kapitalmarkt kann eine Einschätzung der Zukunft speziell für die Angebote ProReal Deutschland 7 und 8 sowie ProReal Europa 9 und 10 nur negativ ausfallen. Die jetzt schon sichtbaren Umstrukturierungen werfen sehr weitreichende Fragen auf. Die Antworten werden wir mit ziemlicher Sicherheit durch die zu erwartenden Ereignisse in den nächsten Wochen sehen. Die Einschaltung eines auf „solche Situationen“ spezialisiertes Beratungsteam inklusive neuer Geschäftsführung lässt ganz Böses erahnen. Damit ist schon jetzt erkennbar, dass bei der Vertriebsstruktur der One Group mit externen Finanzvermittlern diesen eine Schlüsselrolle zukommen wird. Altkanzler Helmut Schmidt hat dazu treffend formuliert: „In der Krise beweist sich der Charakter.“
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