Von Verschiebung bis Schiebung

KW 10/2024: Kommentar von Stefan Loipfinger
Durch Ausgliederungen soll die SORAVIA-Gruppe vor Risiken aus einzelnen Projektgesellschaften geschützt werden.
Durch Ausgliederungen soll die SORAVIA-Gruppe vor Risiken aus einzelnen Projektgesellschaften geschützt werden.

Liebe Leserinnen und Leser,

wenn im Fußball Schiebung gerufen wird, dann wird damit ein unredliches Verhalten oder eine – zumindest gefühlt – unberechtigte Bevorzugung zum Ausdruck gebracht. Wenn etwas verschoben wird, ist das erst einmal noch wertneutral, kann aber für einzelne Beteiligte Vor- oder Nachteile bedeuten. Aus Sicht von AnlegerInnen dürfte es sich meist eher um Nachteile handeln, die zumindest einen gewissen Erklärungsbedarf bedeuten.

SORAVIA verschiebt einige Projektgesellschaften
Verschiebungen von Unternehmen raus aus dem SORAVIA-Konzern in eine neue Einheit sind aus Sicht von AnlegerInnen ein sehr deutliches Warnsignal (siehe auch: SORAVIA restrukturiert One Group). Mittlerweile ist bekannt, dass die Wiener Immobilienentwickler nicht nur die One Group und die vier SC Finance-Poolgesellschaften ausgliederten. Ähnliche „operative Überlegungen“ gab es offenbar bei vier Projektgesellschaften. Beispielsweise beurkundete am 21. Dezember 2023 ein Hamburger Notar einen Abtretungsvertrag für 89,9 Prozent der Anteile an der SORAVIA VRG 1 GmbH, die nun zur ZH24 Beteiligungs zwei GmbH gehört. Wie viel Kapital von AnlegerInnen dort gebunden ist, hat SORAVIA mit Verweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht mitgeteilt. Zweck dieser Gesellschaft ist eine Projektentwicklung in München-Unterföhring. Intern wird diese als UFO bezeichnet. Das „Unbekannte Flugobjekt“ kam aber nie zum Fliegen, weshalb der Verkäufer eine Vertragsstrafe in Höhe von 18,3 Millionen Euro einforderte. SORAVIA betont zwar, beide Seiten blieben im konstruktiven Dialog, schreibt aber zu den Hintergründen der Ausgliederungen allgemein von einer ausgewogenen Trennung zwischen den unterschiedlichen Risikoklassen: „Die Trennung rechtlicher Einheiten in einer solide aufgestellten Struktur verhindert die Ausbreitung von Risiken aus einzelnen Projektgesellschaften auf die Gesamtgruppe.“ Neben dem UFO sehen die Wiener auch noch beim Sylter Hof in Berlin Bedarf für Verschiebungen. Denn am 20. Dezember wurde ein entsprechender Vertrag für die Objektgesellschaft Kurfürstenstraße 114-116 beurkundet. Am gleichen Tag wurden außerdem jeweils 89,9 Prozent der Anteile an der SOR München HBF GmbH und der RA 1 Holding GmbH an die ZH24 Beteiligungs zwei GmbH per Abtretung verschoben. Gemunkelt wird, dass mittelbar bis zu 100 Millionen Euro von AnlegerInnen in diesen vier Projektentwicklungen stecken sollen. Vor allem ProReal Europa 9 und 10 würden hohe Verluste drohen.

TSO verschiebt Verkaufserlös
Der US-Fondsanbieter The Simpson Organization (TSO) hat für den Fonds TSO-DNL Active Property einen Verkauf des East Point Business Centers gemeldet. In der Vergangenheit wurden bei Verkäufen anschließend Sonderausschüttungen an die FondsinvestorInnen als Rückzahlung geleistet. Der Verkauf der Büroimmobilie in Memphis wurde hingegen für „eine Sondertilgung und Ausbauzuschüsse“ verwendet. Da das Konzept allerdings grundsätzlich eigene Objektgesellschaften pro Immobilie vorsieht, müsste der Verkaufserlös folglich in andere Objektgesellschaften geflossen sein. Das könnte quasi wie ein Re-Investment zu sehen sein, weshalb ich wissen wollte, ob es dafür einen Gesellschafterbeschluss gibt. Gefragt habe ich TSO auch nach einer eventuellen Klärung mit der Finanzaufsicht BaFin, ob dadurch aufsichtsrechtliche Fragen aus dem Kapitalanlagegesetzbuch auftauchen. Klar wollte ich noch wissen, wohin die frei gewordenen Mittel flossen und warum es keine Abrechnung für den Verkauf gibt. Die Antwort von TSO war kurzangebunden. Es bestünde kein Widerspruch zum Anlagekonzept der Emittentin. Antworten auf meine Fragen würde ich im Gesellschaftsvertrag finden: „Darüber hinausgehende Informationen können wir Ihnen nicht zur Verfügung stellen.“ Schade, aber nicht unerwartet. Ähnlich wie der Schlusssatz, dessen Botschaft jeder gerne selbst beurteilen darf: „Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass Sie keine unrichtigen Tatsachen über die Beteiligungen veröffentlichen dürfen.“ Es ist überflüssig zu betonen, dass ich das nicht vorhabe. Umgekehrt gebe ich gerne TSO mit auf den Weg, dass ein seriöser Anbieter völlig selbstverständlich transparent darüber informieren sollte, was er mit dem Geld der AnlegerInnen genau macht.

PROJECT lässt aktive AnlegerInnen überstimmen
Sind BaFin-überwachte Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) seriöser als die früheren Anbieter geschlossener Fonds? Bei der PROJECT Investment AG als KVG von Alternativen Investment Fonds (AIFs) ist die Frage getrost zu verneinen. Ein höchst fragwürdiger und von unseriösen Anbietern gerne praktizierter Trick bei der Stimmenverwendung passiver AnlegerInnen hat zu Entlastungsbeschlüssen für 2022 geführt. Beim PROJECT Metropolen 18 sollen beispielsweise fast 209.000 Stimmen für eine Entlastung der KVG abgegeben worden sein, während nur 74.000 dagegen votierten. Wie viele Stimmen davon die Treuhandkommanditistin PW AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für nicht abstimmende AnlegerInnen zu Gunsten der KVG ausübte, haben Berthold Metzger und Dr. Alexander Hanisch in ihrem Ergebnisprotokoll allerdings nicht mitgeteilt. Eine unsaubere Methode, die bei der Abstimmung zur Entlastung der Treuhandkommanditistin ebenfalls Anwendung fand. Die Stimmen von InvestorInnen, die keine Weisung erteilten, nutzte die PW AG einfach, um sich selbst zu entlasten. Ob das rechtlich zu beanstanden ist, will ich nicht beurteilen. Zumindest ein Griff in die schmuddelige Trickkiste aus alten Zeiten ist es allemal.

Spezial-AIFs zeigen ehrliche Ergebnisse
Wie AnlegerInnen ohne fragwürdige Verschiebung der Ergebnisse votierten, zeigen drei Spezial-AIFs, bei denen es keine Treuhandkommanditistin gibt. Bei der PROJECT Metropolen SP 3 meldeten Dr. Alexander Hanisch und Christian Bauer 2.250 Stimmen gegen eine Entlastung der KVG und nur 400, die dafür waren. Auch der Komplementärin PROJECT Fonds Reale Werte GmbH wurde mit dem gleichen Abstimmungsergebnis die Entlastung für 2022 verweigert. Beim PROJECT Wohnen Fünf Metropolen wurde sogar das Quorum für einen Widerspruch gegen die höchst umstrittenen Abstimmungen im Umlaufverfahren erreicht. Wie Viele das konkret waren und wie die Abstimmung zu den Tagesordnungspunkten ausgegangen wäre, ist nicht bekannt. Stattdessen wurde für nächste Woche am 13. März eine Gesellschafterversammlung in Präsenz anberaumt. Auch die AnlegerInnen der PROJECT Metropolen SP 2 dürfen die Geschäftsführung in einer Aussprache löchern, bevor sie erneut über Entlastungen und anderes abstimmen. Deren Termin in Bamberg ist auf den 12. März festgelegt. Am 13. März wird es übrigens doppelt ungemütlich für die Fondsgeschäftsführung, da an dem Tag am Vormittag auch die Präsenzveranstaltung der PROJECT Metropolen SP 3 stattfindet. Drei Special-AIFs ohne Treuhandkommanditistin müssen nun in die Präsenzrunde, zwölf Publikums-AIFs mit dem Verdacht auf Beeinflussung der Beschlussfassungen sind mehrheitlich im Umlaufverfahren durchgewunken worden. Ist das schon Schiebung?

Bleiben Sie unverrückbar.
Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Wenn Sie beispielsweise tagesaktuell über die Ergebnisse der Präsenzveranstaltungen der PROJECT Spezial-AIFs informiert sein möchten, dann ist eine Registrierung im Anlegerforum Investmentcheck.Community empfehlenswert. Dort wird häufig sehr zeitnah von Betroffenen berichtet. Das Forum entwickelt sich immer mehr zur besten Quelle für ungefilterte Informationen über geschlossene Fonds, Vermögensanlagen oder Crowdfundings.


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2 Antworten zu „Von Verschiebung bis Schiebung“

  1. […] Konzernverbund ausgliedert, um die Bilanz per 31. Dezember entsprechend zu bereinigen (siehe auch: Von Verschiebung bis Schiebung). Eine davon ist die SORAVIA VRG 1 GmbH mit einer Immobilienentwicklung in München-Unterföhring. […]

  2. […] die Publikumsfonds bisher mit schriftlichen Beschlussfassungen abgespeist werden (siehe auch: Von Verschiebung bis Schiebung). Die Geschäftsführer Ralf Cont und Alexander Hanisch machten den AnlegerInnen die Teilnahme […]

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