Kryptische Bankpleite bei Renell

KW 19/2024: Kommentar von Stefan Loipfinger
Rettung der nun vorläufig insolventen Renell Wertpapierhandelsbank durch die KYT Holding ist gescheitert
Rettung der nun vorläufig insolventen Renell Wertpapierhandelsbank durch die KYT Holding ist gescheitert

Liebe Leserinnen und Leser,

falls Sie schon einmal von der Renell Wertpapierhandelsbank gehört haben, dann wissen Sie vielleicht, dass diese vorläufig insolvent ist (Amtsgericht Frankfurt, 810 IN 440/24 R). Erfolgreich war die Bank in den letzten Jahren ohnehin nicht. Bereits im Juli 2023 hat der Vorstand der Finanzaufsicht die drohende Zahlungsunfähigkeit angezeigt. Nur ein ominöser neuer Investor konnte damals Schlimmeres verhindern, wie der Vorstand im Februar 2024 in seinem Lagebericht für das Geschäftsjahr 2022 schrieb: „Durch das Engagement des neuen Investors und dessen Verpflichtung, die laufenden Kosten zu tragen, konnte der Liquiditätsengpass wieder behoben werden.“

Leonidas-Connection
Spannende Frage in dem Zusammenhang war natürlich, wer der Investor ist und warum sich dieser an einem nicht funktionierenden Kostenmonster beteiligen wollte. Im letzten Jahresabschluss lieferte der Vorstand zwar keinen Namen, benannte aber Krypto-Themen als Heilmittel für einen Turnaround: „Erst im Juli 2023 konnte der Kontakt zu einem neuen Investor hergestellt werden, die [sic!] sich dann zügig intensiviert haben. Dieser Investor, der bislang im Bereich der Kryptoverwahrung tätig ist, interessierten [sic!] sich für eine mehrheitliche Übernahme der Renell Wertpapierhandelsbank AG. In diesem Rahmen kam es Ende August zu der Beteiligung von 9,9% des Investors an dem Institut, ein Inhaberkontrollverfahren wurde Anfang September eingeleitet.“ Rechtsanwalt Dr. Lason Gutsche als kürzlich bestellter vorläufiger Insolvenzverwalter von Renell outete nun in einer Pressemitteilung die KYT Holding AG als den geheimnisumwobenen Investor. Und hier kommt nun der Bezug zum Grauen Kapitalmarkt, denn deren Aktionärin ist die light year capital GmbH aus dem fränkischen Eckental, die Marius Schwarz gehört. Der ist wiederum ein geborener Grieseler und Sohn der langjährigen Leonidas-Chefin Antje Grieseler. Marius Schwarz war involviert in das Desaster bei den Leonidas-Fonds und räumte auf Nachfrage ein, dass die KYT Holding zwischenzeitlich ebenfalls einen Insolvenzantrag stellte. Sein von der BaFin genehmigtes Haftungsdach für vertraglich gebundene Vermittler habe aber keine Geschäftsbeziehung zu Renell und sei eigenständig. Trotzdem könnten die bei Concedus als vertraglich gebundenen VermittlerInnen Fragen stellen. Unter ihnen sind auch bekannte und zum Teil berüchtigte Namen aus der Schwarmfinanzierungsszene. Gelistet sind oder waren beispielsweise GLS Crowdfunding, Invesdor Brokerage, Rendity Securities, wiwin oder die Rendite Boutique Deutschland. Schwarz hat auch selbst Crowdfundings durchgeführt, was nur bedingt funktionierte. Misserfolge hinderten ihn offenbar nicht daran groß zu denken, wie der Name light year (Lichtjahr) zeigt. Der vorherige Firmenname „To the moon“ war ihm für die KYT-Mutter nicht groß genug. Nach der vorläufigen Renell-Pleite erinnert der Aufbruch in die unendlichen Weiten des Weltalls aber eher an eine verglühte Sternschnuppe.

Unerwünschte Kunden bei Dagobertinvest
Kennen Sie den angeblich in der Finanzwirtschaft gebräuchlichen Begriff „UEK“? Immer häufiger berichten NutzerInnen im Anlegerforum Investmentcheck.Community davon, dass Dagobertinvest sie als unerwünschte Kunden einstufte. Das Kundenservice-Team der Crowdplattform mit dem Slogan „next level crowdfunding“ erklärte solchen AnlegerInnen, Dagobertinvest würde keine Anlageberatung erbringen und deshalb läge die Auswahl der Fundings in der Sphäre des Kunden: „Rechtlich ist es so, dass sie die Vermittlungsleistung der Plattform gratis in Anspruch genommen haben. Auch endet unsere Vermittlung bereits in dem Moment der Zuzählung (= der Geldannahme durch den Emittenten) und haben wir uns Ihnen gegenüber zu keinen anderen Leistungen verpflichtet. Alle weiteren Dienstleistungen (nach Abschluss der Vermittlung), wie regelmäßige Informationen zu Projektfortschritten, die Bereitstellung eines Kundenservicecenters, die Nutzung sowie die Darstellungen des Dashboards, des Nachrichtecenters, u.a. erbringen wir als Plattform ohne vertragliche Verpflichtung und auch ohne Entgelt.“ Das ist natürlich eine sehr einseitige Betrachtung, denn Dagobertinvest hat als Finanzanlagenvermittlerin erhebliche Provisionen von den Emittentinnen erhalten, die wiederum mittelbar von den AnlegerInnen bezahlt wurden. Dagobertinvest kassiert auch nach dem Funding erhebliche Gebühren von Emittentinnen für die „laufende Administration“. Dahinter verbirgt sich beispielsweise, dass Emittentinnen laufende Reportings und ihre Jahresabschlüsse über die Plattform an die AnlegerInnen zur Verfügung stellen. Angeblich sitze Dagobertinvest mit den AnlegerInnen in einem Boot: „Der von Ihnen aufgebaute Druck muss sich richtigerweise gegen den Emittenten der Veranlagung und nicht gegen uns als Plattform richten. Wir haben nämlich ein gleichförmiges Interesse mit allen Anlegern, nämlich dass alle Anlagegelder auch ordnungsgemäß samt Zinsen zurückgeführt werden sollen und müssen.“ Auch das ist verzerrt einseitig, wie ein Blick in Verträge zwischen Emittentinnen und Dagobertinvest zeigt. Denn die Gebührenforderungen der Plattform sind zumindest in den Investmentcheck vorliegenden Verträgen nicht nachrangig, sie sind „prompt zur Zahlung fällig“. Außerdem verdoppelt sich in diesen Fällen das Administrationshonorar auf den „zweifachen Wert“, wenn die Rückzahlung nicht termingerecht erfolgt. Interessensidentität sieht anders aus. Angesichts der vielen leistungsgestörten Crowdfundings passt wohl eher der Begriff „UEP“ für unerwünschte Plattform.

PROJECT Wohnen 14: Absolute Verjährung droht
Wer vor knapp zehn Jahren in den PROJECT-Immobilienfonds Wohnen 14 investierte, der sollte angesichts der zu erwartenden Verluste an die absolute Verjährung zehn Jahre nach Zeichnung des Fonds denken. Dr. Petra Brockmann von Hahn Rechtsanwälte hat deshalb kürzlich eine erste Klage gegen die PROJECT Investment AG als Kapitalverwaltungsgesellschaft eingereicht. Ich durfte sie vertraulich lesen, um mir eine Meinung zu bilden. Mich würde sie überzeugen, aber ich bin natürlich nicht der richterliche Maßstab. Petra Brockmann hat ausführlich zu den Planabweichungen bei einzelnen Immobilieninvestments vorgetragen und daraus Informationspflichten abgeleitet. Auch die Kostenbeschreibung wurde meines Erachtens zu Recht beanstandet und die Renditeangaben schlüssig als falsch beschrieben. Vieles ist konkret mit OLG und BGH-Rechtsprechung untermauert. Und wenn es funktionieren sollte, dann wird vermutlich ein Hinweis im Impressum der PROJECT-Homepage sehr wichtig, wonach deren KVG einen Berufshaftpflichtversicherungsschutz mit einer Deckungssumme von jeweils zehn Millionen Euro aufweist. Worauf sich das „jeweils“ bezieht, ist mir zwar nicht bekannt. Aber wer eine dafür einstehende Rechtsschutzversicherung hat und zu den ersten KlägerInnen zählt, wird sich darüber keine Gedanken machen müssen.

Bleiben Sie visionär.

Ihr
Stefan Loipfinger


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