BaFin-Versagen bei der dii-Milliardenpleite

Ex-BaFin-Chef Felix Hufeld tat als Aufsichtsrat nichts gegen Finanzierungszockereien
d.i.i. verkaufte Sicherheit und Vertrauen – Insolvenzen werfen nun viele Fragen auf
d.i.i. verkaufte Sicherheit und Vertrauen – Insolvenzen werfen nun viele Fragen auf

Die in Wiesbaden ansässige D.I.I. Deutsche Invest Immobilien AG hat vor Ostern ausgewählte Journalisten über den Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens informiert. Die bis zuletzt geführten Gespräche mit möglichen Finanzierungspartnern konnten „zu keiner einvernehmlichen positiven Lösung gebracht werden“. Der Grund für den Kapitalbedarf soll in der „anhaltenden schwierigen Marktsituation im Immobilienbereich“ liegen. Neben der AG wurden darüber hinaus Insolvenzanträge für operative Tochtergesellschaften der d.i.i.-Gruppe gestellt. Die AnlegerInnen werden erst einmal beruhigt: „Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens und der operativen Tochtergesellschaften wird nach dem Insolvenzantrag weiter fortgeführt und alle von der d.i.i. gemanagten Assets werden weiter betreut und bewirtschaftet.“

Angebliche Ursache
Im Juli 2022 schrieb d.i.i.-Chef Frank Wojtalewicz zum Publikums-Fonds dii Wohnimmobilien Deutschland 2 noch, dass der Wohnungsmarkt weiterhin große Widerstandsfähigkeit aufweise und deshalb ein Investment in seinen Fonds empfehlenswert wäre: „Mit der Kombination aus Sachwertanlage, Nachfrage und sozialem Bewusstsein in einem unter versorgten Wohnungsmarkt stellt das Fondkonzept des ‚dii. Wohnimmobilien Deutschland 2‘ eine prognosegemäß renditestarke Kapitalanlage dar.“ In der selektiv verteilten Pressemitteilung von vor Ostern wird Wojtalewicz nun ganz anders zitiert: „Die Kombination aus stark gestiegenen Baukosten, politischen Planungsunsicherheiten der Fördergelder, einem nach wie vor hohen Zinsumfeld und einem weggebrochenen Transaktionsmarkt haben einerseits zu einer starken Kostenerhöhung und gestiegenem Planungsaufwand geführt und zum anderen zu einer zeitlichen Verschiebung von benötigten Umsätzen und Einnahmen. Gespräche mit unseren Gesellschaftern und Finanzierungspartnern zur Überbrückung der Liquiditätsengpässe und mit verschiedenen Investoren sind in den letzten Wochen und Monaten sehr vielversprechend verlaufen. Die aktuellen Finanzierungsgespräche der Gesellschafter konnten in den letzten Wochen nicht erfolgreich abgeschlossen werden.“

Betroffene Unternehmen
Auf Investmentcheck-Nachfrage hat d.i.i. durch die Agentur PB3C erklären lassen, für welche Unternehmen neben der d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG noch Insolvenzanträge gestellt wurden. Danach betroffen sind die operativen Tochtergesellschaften d.i.i. Property Management, d.i.i. Facility Services und die d.i.i. Maklergesellschaften. Die d.i.i. Investment GmbH ist die Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb der d.i.i. Gruppe und fungiert als Verwalter der Immobilienfonds. Für diese wurde bei der Bafin aufgrund aufsichtsrechtlicher Anforderungen eine gesonderte Insolvenzanzeige gestellt.

Bewegtes Volumen
Eigentlich war die d.i.i.-Gruppe in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Erst im Jahr 2020 legten die Wiesbadener mit dem dii. Wohnimmobilien Deutschland 1 einen Publikums-AIF auf. Eher bescheidene zwölf Millionen Euro kamen so zusammen. Bescheiden deshalb, weil die d.i.i. ansonsten mit ihren Spezial-AIFs ganz andere Beträge bewegt. Eine Aufstellung per Ende 2020 zeigt Fonds mit einem gezeichneten Eigenkapital von 2,19 Milliarden Euro. Plus Bankkredite sind damit Wohnungen im Wert von 4,6 Milliarden Euro finanziert worden. Nicht ohne Grund schreibt die d.i.i. auf ihrer Homepage, dass die 2006 gegründete Gruppe „einer der führenden Spezialisten für Wohnimmobilien“ in Deutschland sei.

Probleme mit Betrugsfall
Seit einigen Monaten produziert die d.i.i. in der Szene Schlagzeilen, die wohl von anderen Themen ablenken sollten. Denn die d.i.i. und einige d.i.i.-Fonds wurden Opfer eines Betrugs. Über mehrere Jahre hinweg habe ein betrügerisches Netzwerk von Dienstleistungs-Unternehmen die Gruppe vorsätzlich getäuscht und geschädigt. Hintergrund waren vergebene Aufträge für Wohnungssanierungen und Instandhaltungsmaßnahmen. Bereits im Januar 2023 wurde eine Geldwäsche-Verdachtsmeldung bei der FIU Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gestellt. Im März 2023 informierte d.i.i. die BaFin bezüglich einer laufenden „Compliance-Untersuchung zu Auffälligkeiten bei der Beauftragung externer Dienstleister im Asset Management“. Auch die Finanzämter Wiesbaden und Frankfurt Höchst bekamen Hinweise und vor einem Jahr ging eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Wiesbaden, die im September Ermittlungen aufnahm. Der Schaden soll gemäß einer Anlegerinformation vom 30. Dezember 2023 fondsübergreifend bei rund 137.000 Euro liegen und von 2020 bis 2022 entstanden sein. Trotz dieser im Verhältnis zum Milliardenvolumen unbedeutenden Schadenssumme hat sich kürzlich die Finanzaufsicht BaFin eingeschalten und eine Sonderprüfung initiiert, wie die d.i.i. im Februar 2024 ihren Investoren mitteilte: „Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat sich dazu entschieden, den Compliance-Fall, über den wir Sie kürzlich informiert haben, im Rahmen einer Sonderprüfung eingehender zu betrachten. Die Behörde wird dabei die Abarbeitung und Behandlung des in der Ihnen zugegangenen Investoren-Information beschriebenen, spezifischen Compliance-Falls sowie die Wirksamkeit unserer Compliance-Prozesse untersuchen.“

Probleme auch in den Fonds
Auf Investmentcheck-Anfrage, inwiefern von den Insolvenzanträgen die Fonds betroffen seien, versuchte d.i.i. eher zu beschwichtigen: „Für die Fondsgesellschaften wurden keine Insolvenzanträge gestellt.“ Diese ausweichend knappe Antwort provoziert natürlich Spekulationen, zumal im März die Kapitalverwaltungsgesellschaft d.i.i. Investment GmbH Vollmachten für den Austausch der Komplementärin bei Fondsgesellschaften einsammelte. Geschäftsführer Dirk Hasselbring schrieb am 6. März, dass er „abseits der regelmäßigen Quartalsberichterstattung sowie der Gesellschafterversammlungen, die Kommunikation zu den aktuellen Themen in unseren Fonds intensivieren“ möchte. Als Fondsmanager sehe er sich aktuell einem herausfordernden Umfeld ausgesetzt: „Baukostenerhöhung im Zuge der Inflation, ein starker Anstieg des Zinsniveaus und Verunsicherungen der Käuferschaft führten zu massiv verzögerten Projektvermarktungen sowie zu deutlich höheren Zinskosten.“ Weiterhin räumte er dann ein, dass sich einige der Neubau- und Projektentwicklungsfonds in einer angespannten wirtschaftlichen Lage befänden und deshalb die bestandshaltenden Fonds davon unabhängig gemacht werden sollten. Das würde „Sie als Anleger besser schützen“, schrieb Hasselbrink.

Hat sich die d.i.i. verzockt?
Wie viel Wahrheit in der Trennung zwischen den problembehafteten Neubau- und Projektentwicklungsfonds und den angeblich zu schützenden Bestandsfonds liegt, zeigt eine am 21. März 2024 stattgefundene Gesellschafterversammlung beim d.i.i. 10. In der track-record-Auflistung wird die Fondsstrategie mit 20 Prozent Wohnungsprivatisierung und 80 Prozent Bestandsentwicklung angegeben. Trotz dieser Langweilerstrategie brennt der Fonds mit 90 Millionen Euro Zeichnungskapital offenbar lichterloh: „Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere der Finanzierungs- und Transaktionsmärkte haben den Fonds dii 10 in Liquiditätsprobleme gebracht und erfordern Beiträge aller Beteiligten, Banken, d.i.i. AG und Investoren gleichermaßen, um eine profitable Fortführung des Fonds zu gewährleisten.“ Zur Schließung des kurzfristigen Kapitalbedarfs sollen Objektverkäufe erfolgen und zusätzlich werden 14,5 Millionen Euro mit 15 Prozent Verzinsung gesucht. Es eilt und es ist sehr ernst, weshalb d.i.i. den InvestorInnen für eine verbindliche Kapitalzusage gerade einmal zehn Tage Zeit einräumte: „Vor dem Hintergrund der angespannten Situation in Bezug auf die Banken, der Höhe der Offenen Posten sowie des negativen Cashflows bedarf es einer grundlegenden Restrukturierung des Fonds, um eine Insolvenz abzuwenden, das mit dem kompletten Verlust des Eigenkapital einhergehen könnte.“ Ein entscheidender Grund für die Probleme dürfte in der fehlenden Fristenkongruenz bei den Bankfinanzierungen liegen, da die Hälfte der gut 150 Millionen Euro variabel verzinst sind. d.i.i. hat sich verspekuliert und scheiterte mit der noch im Sommer 2022 verbreiteten Meinung, wonach „die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank aufgrund der aktuellen Situation nach unserer Einschätzung noch eine ganze Weile expansiv ausgerichtet sein wird und die Zinsen prognosegemäß auch auf lange Sicht trotz der Zinserhöhungen im ersten Quartal 2022 vieler Banken auf niedrigem Niveau bleiben werden“.

Merkwürdige Verbindungen
Wer sich nun die Frage stellt, warum die Finanzaufsicht BaFin bei einer überwachten Kapitalverwaltungsgesellschaft nicht prüft, ob die Finanzierung der verwalteten Fonds fristenkongruent erfolgte, der sollte vielleicht einen Blick in die Liste der Aufsichtsräte bei der d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG werfen. Dort agiert seit gut einem Jahr Felix Hufeld, der nach dem Wirecard-Skandal ausgeschiedene BaFin-Chef. Der ehemals oberste Finanzaufseher Deutschlands sitzt im Aufsichtsrat übrigens zusammen mit Stefan Sanktjohanser, der seit Sympatex weit über die Branche hinaus berüchtigt wurde (Stiftung Warentest zur Sympatex-Anleihe: Ermittlungen nach Millionenverlusten). Laut Aktionärsliste vom September 2022 gehören oder gehörten Sanktjohanser mittelbar auch 33,3 Prozent der d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG. Ein weiteres Drittel gehört laut dieser Aktionärsliste dem ebenfalls umstrittenen Unternehmensberater Dr. Stephan Goetz (Handelsblatt vom 22. März 2024: Zwei bekannte Unternehmensberater wegen Verdunkelungsgefahr erneut festgenommen). d.i.i.-Chef Frank Wojtalewicz hält das letzte Drittel der 150.000 Aktien.

Kostenmonster
Wirtschaftliche Probleme bei den operativen d.i.i.-Unternehmen waren angesichts der sehr üppigen Kostenbelastungen für die Fonds eigentlich nicht zu erwarten. Mit dem d.i.i. 17 wurde die „erfolgreiche Projektentwicklungs-Fondsserie“ im Juni 2023 fortgesetzt. Ab 200.000 Euro konnten sich auch semi-professionelle AnlegerInnen an dem Spezial-AIF beteiligen, der bei sechs Jahren Laufzeit laut einer Pressemitteilung eine Rendite von 14 bis 15 Prozent anstrebte. Etwas anders liest sich das im trockenen Basisinformationsblatt, das bei einer empfohlenen Haltedauer von sieben Jahren im mittleren Szenario immerhin noch 8,6 Prozent Jahresrendite prognostiziert. Nicht einmal im optimistischen Szenario wird laut BIB mit 13 Prozent die Zielsetzung der Presseinformation erreicht. Wie das alles funktionieren soll, wird bei einer Betrachtung der Gesamtkosten noch fragwürdiger. Unglaubliche sechs Prozent (konkret 5,97 Prozent) pro Jahr müssen im Durchschnitt zusätzlich verdient werden, um die Prognoserenditen zu erzielen. Allein die Anlegerverwaltung schlägt angesichts der Großzeichnerstruktur mit jährlich 2,44 Prozent völlig überdimensioniert zu Buche. Zur Einordnung: Bei der Mindestzeichnungssumme von 200.000 Euro fallen fast 5.000 Euro pro Jahr für die Anlegerverwaltung an. Dagegen war der Publikums-AIF dii. Wohnimmobilien Deutschland 2 geradezu günstig. Trotz KleinanlegerInnen ab 10.000 Euro Zeichnungssumme kostet die Anlegerverwaltung dort „nur“ 2,1 Prozent pro Jahr und die Gesamtkostenbelastung wurde bei der geplanten Laufzeit von zwölf Jahren mit jährlich 3,9 Prozent beziffert.

Loipfinger’s Meinung
Wohnungen kaufen, vermieten und später hoffentlich mit Wertsteigerung zu verkaufen gehört zu den langweiligeren Investitionsformen. Fonds mit diesem Geschäftsmodell durch eine schwierige Zeit zu steuern, sollte eine BaFin-überwachte Kapitalverwaltungsgesellschaft eigentlich hinbekommen. Wenn aber – eventuell motiviert durch entsprechende Gewinnbeteiligungen – Ergebnistuning durch zinsgünstige variable Finanzierungen betrieben wird, dann ist das unverantwortlich. Das wirft die Frage auf, wieso ein Ex-BaFin-Chef als Aufsichtsrat bei so etwas nicht einschreitet. Aber der störte sich auch nicht daran, dass ein Mitaufsichtsrat und zwei Gesellschafter des von ihm beaufsichtigen Unternehmens einen mehr als zweifelhaften Ruf besitzen. Deshalb ist es durchaus als Rätsel zu bezeichnen, wieso GroßanlegerInnen mit sechs-, sieben und zum Teil sogar achtstelligen Beteiliungsbeträgen in Scharen investierten. Sie vertrauten wohl zu sehr der Finanzaufsicht, die wegen 137.000 Euro Schaden Sonderprüfungen anordnet, aber an nicht fristenkongruenten Finanzierungen im Milliardenbereich keinen Anstoß nimmt.

Nachtrag vom 11. April 2024
Die vorläufige Insolvenzverwalterin Dr. Romy Metzger von der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz hat eine erste Verlautbarung veröffentlicht. Sie verbreitet eine gewisse Zuversicht, dass nicht alles sofort zerschlagen wird. Wo die Reise aus Sicht der AnlegerInnen hingehen könnte, wird durch einen Satz am Ende der Pressemitteilung schnell deutlich: „Daher sei das aktuelle Verfahren nicht nur ein rechtlich notwendiger Schritt gewesen, sondern für das Unternehmen auch eine Chance, sich durch die Instrumente des Insolvenzrechts wieder zu erholen.“ Die gesamte Pressemitteilung ist im Anlegerforum abrufbar (ohne Zugangsbeschränkung): Investmentcheck.Community zu d.i.i.


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Kommentare

3 Antworten zu „BaFin-Versagen bei der dii-Milliardenpleite“

  1. Avatar von Manfred Kutscher
    Manfred Kutscher

    Gut recherchiert.
    Wer sich die Kostenstrukturen, auch der anderen Fonds, mal genau anschaut, muss sich wundern, was Investoren bereit sind zu bezahlen.
    Was die personellen Verpflichtungen angeht, muss man sich hingegen nicht wundern, Hufeld suchte dringend einen Job, nachdem er bei der Bafin rausgeflogen ist, Hasselbring auch, nachdem er schon mal eine KVG zum wackeln gebracht hatte ( vgl. Hamburg Trust und den Skandal mit den Privatkunden Fonds) und auch die beiden Mitgesellschafter, die ja jetzt gesiebte Luft atmen, runden das ganze ab.
    Sollte diese Gesellschaft jemals einen Neustart hinbekommen, wird das nicht ohne Auswechseln von vielen „leitenden“ Köpfen erfolgreich sein können.

  2. […] erneut ein schlechtes Licht auf die Finanzaufsicht, die für eine Pflichterfüllung sorgen müsste (BaFin-Versagen bei der dii-Milliardenpleite). Über den Fonds 14 hinaus stellt sich die Frage, welche weiteren d.i.i.-Anlagemodelle noch in den […]

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