Von Autokraten bis zu Banditen

KW 22/2024: Kommentar von Stefan Loipfinger
Der nächste Goldskandal: vorläufiges Insolvenzverfahren bei der Partumgold Deutschland GmbH
Der nächste Goldskandal: vorläufiges Insolvenzverfahren bei der Partumgold Deutschland GmbH

Liebe Leserinnen und Leser,

angesichts übermächtiger Autokratien und deren Vorteile kürzerer Entscheidungsprozesse wird viel vom Untergang der Demokratie geschrieben. Im Bereich der geschlossenen Fonds hatte Mitbestimmung noch nie einen hohen Stellenwert. Mit der KAGB-Einführung sollten diesbezüglich zum Teil schlimme Auswüchse der Vergangenheit beseitigt werden. Der Fall d.i.i. zeigt aber, dass das komplett misslungen ist. Nachdem bei der zugelassenen Kapitalverwaltungsgesellschaft d.i.i. Investment GmbH ein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde, dürfen die AnlegerInnen nun darüber entscheiden, dass ab 1. Juni die Hansainvest die Verwaltung der Fonds übernimmt. Eine Wahl mit einem Kandidaten – gelebte Selbstherrschaft oder hier eben einer Nicht-Mitbestimmung der GesellschafterInnen.

d.i.i.-Fonds
Unstrittig ist die Hansainvest in der Lage, die Anlegerverwaltung professionell abzuwickeln. Ob wie beim Fall der PI Pro Investor „Handgelder“ in Form von Beratungsverträgen oder ähnlichen bezahlt werden, ist nicht bekannt. Ein Anfrage wurde nur ausweichend beantwortet: „Es ist im Moment viel Bewegung in der Angelegenheit und wir möchten über eine eigene Stellungnahme keine Positionierung oder öffentliche Bewertung vornehmen.“ Mit der Hansainvest stimmen die AnlegerInnen aber alternativlos auch gleich für einen neuen Asset-Manager. Und hier wird es richtig antidemokratisch: Bei der neu gegründeten Industria Real Estate Solution GmbH wird die d.i.i.-nahestehende Rantum Capital Minderheitsgesellschafterin und der d.i.i.-Manager Dirk Hasselbring wird Geschäftsführer. Überspitzt hat also der Rantum-Partner und Ex-BaFin-Chef Felix Hufeld als Ex-Aufsichtsrat bei der d.i.i. Deutsche Invest Immobilien AG komplett versagt und nun profitiert er über diese mittelbare Beteiligung. Übrigens ist dem von Frank Wojtalewicz und Dirk Hasselbring verschickten „Abstimmungsbogen“ ein Schreiben von Dr. Romy Metzger aus der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz beigefügt, in dem die Notwendigkeit der Zustimmung als im Grunde alternativlos beschrieben wird. Metzger ist vorläufige Insolvenzverwalterin bei verschiedenen d.i.i.-Unternehmen, aber eben nicht bei der zu ersetzenden KVG d.i.i. Investment GmbH. Dort ist Miguel Grosser von der Kanzlei Jaffé eingesetzt worden, der aber nicht zu Wort kommt.

Der nächste Goldskandal: Partumgold
Prof. Dr. ph. oec. Ing. Uwe Starke aus Starnberg begann vor fünf Jahren mit der Partumgold Deutschland GmbH Gold im großen Stil über Kapitalvertriebsstrukturen zu verkaufen. Wer schon etwas Geld für ein Goldinvestment übrig hatte, konnte ein Gold-Bonus-Programm zeichnen. Wer regelmäßig investieren wollte, konnte von dem „Alleinstellungsmerkmal des PARTUMGOLD-Systemkaufs profitieren“. Wem die Titel des Chefs als Nachweis einer seriösen Gesinnung nicht reichten, der bekam ein Zertifikat von SCOREDEX aus 2019 präsentiert. Die bei PIM-Gold schon in die Schlagzeilen geratene Loomis wurde auch von Partumgold als sicherer Verwahrer präsentiert. Keine einfache Gemengelage für den nun vom Amtsgericht Landshut bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter Jürgen Müller. Er äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage.

Nächste Geschäftsführerwechsel bei Leonidas/Re:Fonds/HTB
Nach Mark Hülk kam Martin Retsch und nun ist es ein Dr. Uwe Bröcker-Meub. An der Reeperbahn in Bremen geht es in Bezug auf die Geschäftsführung von Leonidas-Fonds munter zu. Mit einem Dreizeiler informierte Retsch über seine Abberufung bei den Komplementärgesellschaften von Leonidas XVI und Leonidas XVII. Beim Fonds Leonidas XVII spielt das keine große Rolle mehr, weil dort wie bei vielen anderen Fonds bereits die CAV das Ruder in der Hand hält und das von Re:Fonds (vormals HTB Renewable Energy Holding) produzierte Chaos aufräumt. Bei dem Private Placement Leonidas XVI überrascht es dann doch, da der Fonds bisher nicht zur CAV wechseln wollte. Auch die Person Bröcker-Meub wirft Fragen auf, da der 67-jährige Rechtsanwalt aus Kleinmachnow laut seiner Homepage auch im Bereich „Sanierung und Insolvenz“ tätig ist. In seiner unternehmerischen Chronologie finden sich zahlreiche Liquidator-Ämter.

BGH entscheidet mal wieder im Fall P&R
Ein vertriebsfreundlicher Branchendienst feiert eine BGH-Entscheidung (Az: III ZR 71/23) zu P&R, wonach das höchste deutsche Gericht die „Haftung von P&R -Vermittlern bei WP-Vermerken“ begrenzte. Das kann ich insoweit nachvollziehen, als dass der anwaltliche Klägervertreter offenbar einen billigen Universalschlüssel für Haftungsansprüche erreichen wollte. Jede Form der Testatseinschränkung sollte als „rote Flagge“ gelten und bei nicht erfolgter Aufklärung eine Auskunftspflichtverletzung begründen. Das ist zu einfach und der BGH verweist angesichts der beiden vom Wirtschaftsprüfer vorgenommenen Einschränkungen in Bezug auf zwei Transparenzverstöße zu Recht auf eine „von den jeweiligen Umständen“ abhängigen Ermittlungspflicht des Anlagevermittlers. In der Zurückweisung an das vorinstanzliche OLG Hamburg werden die Klagevertreter schon fast gerügt „noch entsprechenden Sachvortrag“ nachzuholen, ob es hinreichenden Anlass gab, die Jahresabschlüsse mit Lagebericht bei der Plausibilitätsprüfung des Anlagevermittlers einzubeziehen. Da muss jemand noch ein paar Hausaufgaben erledigen und vielleicht einmal die wahren Probleme in den P&R-Jahresabschlüssen herausarbeiten. Fast die gesamte Aktivseite der deutschen P&R-Bilanzen zeigte Forderungen in meist dreistelliger (!) Millionenhöhe gegenüber der Schweizer P&R-Gesellschaft, bei der der dortige Wirtschaftsprüfer über Jahre eine grundsätzliche Konkurspflicht in den Raum stellte: „Wir machen darauf aufmerksam, dass die Gesellschaft im Sinne von Art. 725 Abs 2 OR überschuldet ist. Da einzige wesentliche Gläubigerin die verbundenen P & R Gesellschaften in München sind hat der Verwaltungsrat von der Benachrichtigung des Richters abgesehen.“ Das hätte sich der deutsche Wirtschaftsprüfer ansehen müssen und deshalb sein Testat entsprechend verweigern. Nur so etwas würde eine Kausalität begründen, dass der Anleger von einem Investment Abstand genommen hätte, wenn er das gewusst hätte. Die in dem streigegenständlichen Verfahren vorgebrachten formalen Nebelkerzen sind für mich nachträglich konstruiert.

Bleiben Sie hoffnungsfroh
Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Kurz vor Redaktionsschluss kam in Sachen d.i.i. noch die Information rein, dass die Hansainvest angeblich abgesprungen ist und demnächst die nächste alternativlose Abstimmung erfolgen soll. Die Paribus ist als neue KVG im Gespräch, was die Sache nicht einfacher macht.


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Kommentare

2 Antworten zu „Von Autokraten bis zu Banditen“

  1. Avatar von Manfred Kutscher
    Manfred Kutscher

    Was für eine Schmierenkomödie um Hufeld und Co. Und das man Hasselbring auch noch zum Geschäftsführer der Auffanggesellschaft beruft, einer der Hauptverantwortlichen für den ganzen Schlamassel – ohne Worte. Hier hat man wirklich den Bock zum Gärtner gemacht.

  2. Avatar von Didier
    Didier

    Die Glaubwürdigkeit und Integrität von staatlichen und überstaatlichen Institutionen (Geldsysteme, Rechtssysteme, Religionssysteme, Regierungssysteme, Verwaltungs- und Ausführungsorgane) ist das A und O für den langfristigen Fortbestand der menschlichen Zivilisation. Wenn der Glaube an Institutionen verloren geht und diese nur noch als Attrappen dienen, bricht über kurz oder lang das Chaos und der Banditen- und Oligarchen-Krieg aus.
    Es ist gut denkbar, dass sich intelligente Spezies im Universum immer wieder selbst ausgelöscht haben, da sie keine stabilen Institutionen schaffen konnten. Nur Zivilisationen, die langfristig stabile und komplexe Strukturen trotz diverser globaler Krisen aufrechterhalten, dürften das technologische Niveau erreichen, um mit uns „Erdjünglingen“ Kontakt aufzunehmen. Dies ist bisher offensichtlich keiner anderen intelligenten Spezies gelungen. Wir Erdjünglinge versuchen gerade uns durch einen immer enger werdenden Flaschenhals zu zwängen. Bon courage!

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