BUMM, seid ruhig Ihr AnlegerInnen

KW 08/2024: Kommentar von Stefan Loipfinger
Intransparenz ist eine weit verbreitete Unsitte bei Emittentinnen von Anlageprodukten
Intransparenz ist eine weit verbreitete Unsitte bei Emittentinnen von Anlageprodukten

Liebe Leserinnen und Leser,

im Dezember 2023 begann für 11.000 AnlegerInnen der One Group eine Zitterpartie. Damals hat das Emissionshaus ihre VermittlerInnen der ProReal-Angebote Deutschland 7 und 8 sowie ProReal Europa 9 und 10 darüber informiert, dass die Zinsen für Namensschuldverschreibungen über 409 Millionen Euro nicht bezahlt werden können. In einem Webinar wurde von den damaligen Chefs Malte Thies und Oliver Quentin erklärt, dass eine umfassende Risikoanalyse des damit finanzierten Portfolios der österreichischen SORAVIA-Gruppe notwendig sei.

Ad-hoc-Meldung stellt Rückzahlung in Frage
Wie ich nun am Montag dieser Woche erfahren habe, gibt es offenbar erste Ergebnisse aus der Risikoanalyse. Konkretes wurde nicht mitgeteilt, sondern nur die gemäß Paragraph 11a Vermögensanlagengesetz zu veröffentlichende Tatsache, dass beim ProReal Deutschland 7 die Rückzahlung mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht erfolgen wird. Es geht um 109 Millionen Euro von 4.100 AnlegerInnen, die ursprünglich bereits Ende 2022 fällig waren. Im September 2022 teilte die Emittentin allerdings mit, dass sie die prospektgemäße Verlängerungsoption um zwölf Monate bis Ende 2023 zieht. Am 8. Januar 2024 ging dann ein Schreiben raus, wonach die Emittentin von einer Rückzahlung spätestens sechs Monate nach Laufzeitende ausgeht. Dieses ungewöhnliche Fenster ist in den Schuldverschreibungsbedingungen enthalten und sieht sogar eine Zinsfreiheit für diese Zeit vor. Im Anschluss an diese Phase gibt es einen weiteren Zahlungsvorbehalt von zusätzlichen sechs Monaten, also bis zum 31. Dezember 2024. Bevor ich Sie nun zu sehr mit diesen Details langweile, zitiere ich die aktuelle Meldung, der zufolge die vollständige Rückzahlung bis Ende 204 nicht sichergestellt ist. Alles ziemlich juristisch und letztendlich auf den Kern zu reduzieren, wonach sich aufgrund der derzeit laufenden Risikoanalyse der SORAVIA-Bauvorhaben abzeichne, dass „die Rückführung des Darlehens an die Emittentin aller Voraussicht nach nicht fristgerecht erfolgen wird“. BUMM, liebe AnlegerInnen, mehr braucht Ihr nicht zu wissen, wenn es nach dem Willen der SORAVIA geht, die nicht einmal mitteilt, welche Immobilien von welcher Emittentin finanziert wurden und Jahresabschlüsse der Zwischengesellschaften per 2022 einfach nicht veröffentlicht (mehr zur Ad-hoc-Meldung: Drohende Nichtzahlung bei ProReal 7). Aber wer immer noch Lust auf ein One Group-Anlageprodukt hat, der kann gerne den ProReal Europa 11 zeichnen, der von der HTB Hanseatische Fondshaus GmbH als externe Kapitalverwaltungsgesellschaft verwaltet wird.

ThomasLloyd lässt Anwalt auf Presseanfrage antworten
Beschwerden von AnlegerInnen in Bezug auf ThomasLloyd sind ganz normal. Ungewöhnlich war zuletzt, dass es Hinweise gab, wonach ThomasLloyd beim CTI VARIO die monatlichen Raten öfter als vereinbart abgebucht haben sollte. Zum Hintergrund: Bei dem Ratensparfonds Zweite Cleantech Infrastrukturgesellschaft mbH & Co. KG haben 7.500 AnlegerInnen insgesamt 188 Millionen Euro gezeichnet. Die Platzierung erfolgte von 2011 bis 2019 mit zuletzt völlig veralteten Verkaufsunterlagen. Als Investitionsobjekt ist eine stille Beteiligung an der Thomas Lloyd Cleantech Infrastructure Holding GmbH vorgesehen. Wie es um den Fonds und auch das Asset steht, ist angesichts der nicht veröffentlichten Jahresabschlüsse für 2021 und 2022 unbekannt. Aber Geld für Anwälte ist zumindest noch vorhanden, da ThomasLloyd meine Presseanfrage von einem Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht beantworten ließ: „Im Hinblick auf die Lastschrift-Einzüge bei der Zweiten Cleantech Infrastrukturgesellschaft mbH & Co. KG wird darauf hingewiesen, dass ein Anleger gemäß den Bestimmungen in § 9 des Gesellschaftsvertrages verpflichtet ist, den Zeichnungsbetrag vollständig zu zahlen und unsere Mandantschaft dem jeweiligen Anleger in der Beteiligungserklärung nachgelassen hat, ratenweise zu zahlen. Im Rahmen der von Ihnen angesprochenen Lastschrift-Einzüge wurden nicht nur die die Bestimmungen der Beteiligungserklärung, sondern auch, die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages sowie die gesetzlichen Bestimmungen des HGB zu Kommanditbeteiligungen vollumfänglich eingehalten.“ BUMM, liebe AnlegerInnen. Seid froh, dass wir nicht gleich alles abbuchen.

Österreichischer Rechtsbeistand gesucht
Wenn Sie sich jetzt als Betroffener bei der One Group oder bei ThomasLloyd schlecht fühlen, dann kann ich Ihnen zeigen, dass es noch Steigerungen gibt. Beim Crowdfunding P172 Wohnanlage Josef-Dunkl-Straße 7 hat die Emittentin 2017 ein Grundstück gekauft und 2019 über Dagobertinvest eine Schwarmfinanzierung zur Errichtung einer Wohnanlage mit Tiefgarage initiiert. Daraus wurde offenbar nichts, weshalb das Grundstück „samt dem darauf errichteten Abbruchhaus“ Ende 2022 wieder verkauft wurde. Die Bank hat offenbar schon vorher ihr Geld erhalten und deshalb vor dem Verkauf eine Löschungsbewilligung für das im Grundbuch eingetragene Pfandrecht erklärt. Der Verkaufspreis lag beim Doppelten des Einkaufspreises und hätte für die Nachrangdarlehen der AnlegerInnen gereicht. Zurückbezahlt wurde aber nicht. Dafür wurde im Oktober 2023 die Liquidation der MAWO Bau-Handels GmbH beschlossen. Von der Crowdplattform Dagobertinvest fühlen sich die Betroffenen völlig im Stich gelassen und wollen nun selbst rechtliche Schritte organisieren. Wenn es eine österreichische Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt gibt, der Interesse an so einem Mandat hat, stelle ich gerne Kontakt mit der Gruppe her. Auch bei anderen krass schief gelaufenen Schwarmfinanzierungen wollen sie sich das BUMM, seid ruhig liebe GeldgeberInnen, nicht mehr gefallen lassen.

Bummern Sie zurück.

Ihr

Stefan Loipfinger

P.S.: Am 16. Februar ist im Alter von 79 Jahren Michael Lange verstorben. Er hat lange Zeit als Finanzjournalist gearbeitet, bevor er in den 90er-Jahren zu einem der größten Vermittler geschlossener Fonds wurde. Es war ein Milliardenbetrag, den er bewegte. Das Handelsblatt bezeichnete ihn vor Jahren als „Kapitän des Untergangs“, was er selbst als treffend bezeichnete, weil vor allem seine vermittelten Schiffsbeteiligungen nicht gut gelaufen sind. Michael Lange soll in Frieden ruhen.


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Eine Antwort zu „BUMM, seid ruhig Ihr AnlegerInnen“

  1. Avatar von Hans-Jörg Thormann
    Hans-Jörg Thormann

    Die Nachrichten über Pech und Pleiten werden immer zahlreicher, es entsteht der Eindruck wir leben in einer Bananenrepublik, x-Mal angesprochen und tun tut sich nichts! BaFin, RA`s, Regierung und Schutzvereinigungen scheinen z.T. auch einäugig geworden zu sein, warum schreibt man nicht den Vermittlern strengere und auch verantwortlichere Regelungen vor, damit auch diese Provisionsempfänger zur Verantwortung gezogen werden?? Ist unsere Legislative bzw. Exekutive zahnlos geworden?
    Gottseidank gibt es noch Interessengemeinschaften mit guten aktiven kämpferischen Menschen, die die Ärmel hochkrempeln und was erreichen, z.B. bei der Leonidas Ass, die IG-Leo.
    Danken kann man auch Menschen wie Herrn Loipfinger und der AAA in Berlin.

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