Nachbohren beim Bohrerhof

Braucht Deutschland solche Kapitalanlagen?

Mitte Februar hat die Bohrerhof GmbH eine Bekanntmachung gemäß Vermögensanlagengesetz vorgenommen. Sie will Geld mit einem qualifizierten Nachrangdarlehen für ein Landhotel einsammeln. Fünf Millionen Euro sollen es werden, die von der Gesellschaft wiederum über ein Darlehen an Bruno Bohrer weitergereicht werden, der dann das Landhotel errichten möchte. Skeptisch stimmt allerdings nicht nur diese Konstruktion. Obwohl der Verkaufsprospekt auf der Homepage www.bohrerhof.de seit Gestattung durch die BaFin veröffentlicht sein sollte, stand er längere Zeit nicht zum Download zur Verfügung.

Transparenzverstoß? Mit der erweiterten Google-Suche “verkaufsprospekt site:bohrerhof.de“ wurden Ende April 2017 keine Dokumente gefunden. Eine manuelle Suche auf der Seite blieb ebenfalls ohne Erfolg. Verschiedene Anfragen von Investmentcheck.de per Mail und Fax wurden nicht beantwortet, obwohl ein Verkaufsprospekt zur kostenlosen Ausgabe bereitgehalten sein müsste. Erst als der Anbieter mit den gesetzlichen Verstößen konfrontiert wurde, änderte er seine Praxis. Im Auftrag des Anbieters hat Horst Werner von Dr. Werner Financial Service AG geantwortet und die alte Vorgehensweise verteidigt. Dazu musste ein Interessent Kontaktdaten angeben und erhielt Downloadlinks per Mail. Es ist stark zu bezweifeln, dass damit die Vorgaben gemäß Vermögensanlagengesetz erfüllt waren, wonach ein Verkaufsprospekt auf der Internetseite des Anbieters veröffentlicht sein muss.

Wer will hier investieren?
Zweifelhafte Geldanlage für ein Landhotel
Quelle: Auszug von der Homepage bohrerhof.de

VIB. Wie eigenwillig der Anbieter mit Transparenzanforderungen umgeht, zeigt ein Blick in den gesetzlich vorgeschriebenen Beipackzettel namens Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB). Dort wird bezüglich der Kosten und Provisionen auf den Verkaufsprospekt verwiesen, obwohl Paragraph 13 Vermögensanlagengesetz vorschreibt, dass ein Anleger die Informationen dazu verstehen können muss, „ohne hierfür zusätzliche Dokumente heranziehen zu müssen.“ Horst Werner rechtfertigt die Vorgehensweise mit einer Genehmigung durch die BaFin: „Das VIB ist im Rahmen des Billigungsverfahrens mit der BaFin inhaltlich abgestimmt worden.“ Komplett anders steht es allerdings in dem angeblich mit der BaFin abgestimmten VIB: „Dieses Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) unterliegt nicht der Prüfung durch die BaFin.“ Offenbar also eine Ausrede, ähnlich wie die zweite Begründung von Werner, wonach der Verkaufsprospekt nicht zu den zusätzlichen Dokumenten im Sinne des Paragraph 13 Absatz 4 Vermögensanlagengesetz zählen würde. Wenn dem so wäre, könnte bei allen Punkten einfach auf den Verkaufsprospekt verwiesen werden und die gesetzliche Intention des 3-seitigen Beipackzettels wäre obsolet.

Modell. Formale Fragen mögen kleinlich klingen. Doch Petra und Bruno Bohrer müssten es besser wissen, denn sie haben bereits 1,7 Millionen Euro mit Genussrechten und 2,0 Millionen Euro mit qualifizierten Nachrangdarlehen eingesammelt. Die Verzinsungen dafür liegen bei fünf beziehungsweise 7,5 Prozent, während für das aktuelle Nachrangdarlehen nur 3,5 Prozent bezahlt werden. Haupteinnahmequelle der Emittentin sind die Zinsen aus den Darlehen an Petra und Bruno Bohrer sowie die Bruno Bohrer GbR. Für die bisherigen Ausleihungen sind Zinsen von 6,5 beziehungsweise 8,0 Prozent fällig. Ob diese und die zusätzlichen Zinsen für das neue Darlehen dauerhaft bezahlt werden können, ist anhand des Verkaufsprospektes nicht zu beurteilen. Gleiches gilt für die Rückzahlungsfähigkeit. Dieses und nächstes Jahr sind bereits ältere Anlagen fällig. Und speziell für die neuen Nachrangdarlehen stellt sich die Frage, wie bonitätsstark eine noch zu gründende Betriebsgesellschaft für das neu zu errichtende Hotel ist, die wesentlich für die Zahlungsfähigkeit des Darlehensnehmers Bruno Bohrer ist.

Stellungnahme. Horst Werner ist überzeugt, dass im Verkaufsprospekt „alle für die Anlageentscheidung wesentlichen Angaben“ enthalten sind. Die Bonität der Eheleute Bohrer ergäbe sich aus dem Wert des landwirtschaftlichen Anwesens in Höhe von mehreren Millionen Euro. Leider fehlt ein Hinweis, wo der Wert im Verkaufsprospekt konkret beziffert wird. Eine konkrete Antwort auf die Frage, welche Mindestplatzierung notwendig ist, um den Bau sicherzustellen, wird nicht gegeben. Allgemein wird nur auf die Risikohinweise im Prospekt und die Möglichkeit der Aufnahme von ergänzenden Bankdarlehen verwiesen. Ähnlich ausweichend ist die Antwort auf die Frage nach der Bonität des Landhotel-Betreibers ausgefallen: „Hierzu können noch keine Angaben gemacht werden. Die Betreiber-GmbH wird frühestens in drei Jahren benötigt und ist deshalb noch nicht gegründet.“

Loipfinger’s Meinung. Wer das Geld anderer Menschen verwaltet, muss zu absoluter Transparenz bereit sein. Wenn eine Emittenten-GmbH nur das Geld der Anleger an den Geschäftsführer als Darlehen weiterreicht, ist das nicht gerade vertrauenserweckend. Bei solchen Angeboten stellt sich immer wieder die Frage, ob Deutschland wirklich Produkte außerhalb der vollregulierten Welt des Kapitalanlagegesetzbuches benötigt?


Beitrag veröffentlicht

in

von