Urteil gegen Seedmatch rechtskräftig

KW 46/2023: Kommentar von Stefan Loipfinger
Crowdplattformen könnten unter eine Gerölllawine geraten
Crowdplattformen könnten unter eine Gerölllawine geraten

Liebe Leserinnen und Leser,

vermutlich ist die Nervosität bei Exporo in den letzten Tagen etwas gestiegen. Konkret geht es um das höchst fragwürdige Crowdfunding „Am Hamburger Stadtpark“, bei dem es bereits mehrere Vergleiche und Versäumnisurteile gibt. Bisher wollte Exporo vermeiden, dass ein Gericht eine rechtliche Wertung vornimmt. Die Liste der enttäuschten AnlegerInnen im Anlegerforum Investmentcheck.Community wird aber immer länger und nun könnte es demnächst auch zu begründeten Urteilen kommen. Vor ein paar Tagen hat ein Hamburger Richter jedenfalls einen sehr deutlichen Hinweis verfasst, wonach er Schadensersatzansprüche für berechtigt hält. Diese Ansicht beruht auf einer mangelnden Aufklärung personeller Verquickungen sowie diverser weiterer Umstände. Weitere Geschädigte können sich über [email protected] in ein INTERNES Forum aufnehmen lassen, um über den Verlauf informiert zu bleiben.

Auch beim EV Digital Invest-Funding „Modernes Wohnen am Nymphenburger Kanal II“ hat sich eine Gruppe gebildet, die nun rechtlich aktiv wird. Das Kostenrisiko ist durch die Gruppenbildung überschaubar. Wer hier noch mitmachen möchte, kann sich unter [email protected] melden. Ähnliches gilt bei der Paulus Wohnbau, die über Zinsbaustein Geld sammelte. Hier tauscht sich eine Gruppe geschädigter AnlegerInnen über ein sinnvolles Vorgehen im Rahmen des laufenden Insolvenzverfahrens aus. Interessenten können über [email protected] Zugang erhalten. All das ist aber noch weit von dem entfernt, was Rechtsanwalt Lutz Tiedemann für AnlegerInnen von Seedmatch diese Woche verkünden konnte: Ein Urteil zur Zahlung von Schadensersatz ist rechtskräftig geworden. Die Plattform hat am Mittwoch in einer mündlichen Verhandlung beim Oberlandesgericht Dresden die Berufung nach sehr eindeutigen Hinweisen des Senats zurückgenommen. Diese Entscheidung ist auf viele gescheiterte Seedmatch-Fundings übertragbar. Betroffene können sich unter [email protected] melden.

Damit ist die Juristerei noch nicht zu Ende. Ich habe diese Woche einen Beschluss des Amtsgerichts Hamburg gelesen, in dem der Richter bei der Rickmers Holding AG die Einberufung einer Gläubigerversammlung anordnete. Mit dazu beigetragen hat, dass der bisherige gemeinsame Vertreter, die One Square Advisory Services GmbH ihre Position durch Formwechsel verlor. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und habe bei Frank Günther nachgefragt. Er sieht die Anleihegläubiger als Verlierer des Verfahrens und spricht heftige Vorwürfe gegen einen Großinvestor, die finanzierende Bank und den Insolvenzverwalter aus. Ich kenne den Fall nicht gut genug, um die Rollenverteilung zu beurteilen. Aber ein spezieller Aspekt bleibt spannend: Günther hat in seiner Antwort nichts dazu gesagt, wie dieser Beschluss auf andere Fälle durchschlagen könnte, bei denen OSA auch einen von vielen kritisierten Job als gemeinsamer Vertreter ausübt.

Thorsten Eitle von hep monierte nach meiner Erwähnung im Kommentar von letzter Woche, dass der Begriff „bilanzielle Überschuldung“ beim Halbjahres-Konzernabschluss zur hep global GmbH falsch sei. Auch die Abberufung von Alexander Zhou erfolgte schon 2022 und nicht 2023, wie von mir berichtet. Unabhängig davon, dass hep eine vor der Veröffentlichung zugeschickte Presseanfrage bis Redaktionsschluss unbeantwortet ließ, habe ich seine gesamte Stellungnahme mit einer Kommentierung von mir veröffentlicht. Wer sich näher für hep interessiert, sollte diese Stellungnahme lesen und sich eine eigene Meinung bilden.

Bleiben Sie tapfer.

Ihr
Stefan Loipfinger


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Kommentare

7 Antworten zu „Urteil gegen Seedmatch rechtskräftig“

  1. Avatar von Dr_Feelgood
    Dr_Feelgood

    der Link auf die Stellungnahme (vorletzte Zeile) funktioniert leider nicht „error 404“

    1. Avatar von stefan.loipfinger
      stefan.loipfinger

      Danke für den Hinweis. Der Fehler wurde zwischenzeitlich behoben.

  2. Avatar von Kessi Hunter
    Kessi Hunter

    Was soll immer diese alberne und inzwischen peinliche Schreibweise mit diesem „Binnen-I“. Diese linksideologische Idee passt überhaupt nicht zum Kapitalmarkt und stört den Lesefluss enorm.

    1. Avatar von stefan.loipfinger
      stefan.loipfinger

      Es ist nicht mein Ziel, es allen Recht zu machen. Ich werde also weiter diese „linksideologische Idee“ pflegen 😉

      1. Avatar von Marnia Sanders
        Marnia Sanders

        Gerade das „Binnen-I“ gibt mir als Frau das Gefühl, Teil der einst rein patriarchal ausgerichteten Finanzwelt zu sein. „AnlegerInnen“ (InvestorInnen) behindert den Lesefluss m.E. weniger als „Anleger und Anlegerinnen“ (Investor und Investorinnen). Durch die ständige Verwendung des Bindewortes „und“ werden die Sätze länger und (sic!) es kommt zu Wortwiederholungen.

  3. Avatar von Hans-Günter
    Hans-Günter

    Man kann gegen OSA und Günther sagen was man will, aber Günther hat in dem Fall Rickmers vollkommen recht. Hier hat sich ein angeblich „ehrenwerter“ Hamburger Kaufmann um zwei bis dreistellige Millionenbeträge bereichert und eine ehemals „ehrenwerte“ Landesbank ihm durch , in nichts nach zu vollziehend, dafür den roten Teppich ausgelegt. Die Dummen sind die Anleger der Anleihe des ehrenwerten Kaufmanns, die nämlich genau aufgrund seiner Reputation und seines Vermögens sich bei Rickmers engagiert haben. Im Gegensatz zu dem „Aufschrei“ bei den Crowds , wo es Regelfall um kleine Summen geht, reden wir hier über schlappe 275 Mio. Volumen. Die Rückzahlungsquote beträgt bisher 1 oder 2% , mit weiteren Geldern ist nicht oder kaum zu rechnen.

  4. […] Landgericht Dresden zum Schadensersatz verurteilt wurde. Das Urteil ist nach Angaben der Plattform investmentcheck.de, nach Rücknahme der Berufung durch seedmacht, […]

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