Schildbürgerstreich bei Lichtmiete

Verkaufsprozess offenbart massive Unterdeckungen

Immer deutlicher zeichnet sich ein enormer Kapitalverlust für die AnlegerInnen der Deutschen Lichtmiete ab. Interne Unterlagen zum derzeit laufenden M&A-Prozess zeigen eine enorme Lücke zwischen den offenen Anlegerforderungen und den noch vorhandenen Assets. Das Versprechen einer sachwertbasierten Geldanlage entpuppt sich mal wieder als Seifenblase. Involvierte Dienstleister waren offenbar nur Steigbügelhalter für ein höchst fragwürdiges Geschäftsmodell, das bei einer kritischen Grundhaltung schon vor Jahren als solches erkennbar war.

M&A-Prozess. Ziemlich schnell nach den Bestellungen als vorläufige Insolvenzverwalter haben Rüdiger Weiß und Dr. Malte Köster mit der Suche nach Investoren für die Lichtmiete-Gruppe begonnen. Mit der Umsetzung beauftragt wurde Rothschild, die die Verwalter als „renommiert“ bezeichneten. Allerdings ist deren Rolle bei der Lichtmiete nicht unumstritten, da Rothschild schon vor einem Jahr ein unkritisches Gutachten mit dem Titel „Project Luchs“ erstellte. Fast wie ein Werbeprospekt für das Geschäftsmodell sowie das Unternehmen lesen sich die 119 Seiten, die Investmentcheck vorliegen. Im Disclaimer steht dazu, dass die Rothschild & Co. Deutschland GmbH dies „on behalf“, also im Auftrag und Interesse der Deutsche Lichtmiete AG verfasste. Die aktuellen Ausführungen mit dem Titel „Projekt Luchs 22“ lesen sich allerdings anders. Das vorher noch zu vermutende Auftraggeberinteresse an den Ergebnissen scheint nun verschwunden zu sein.

Deutsche Lichtmiete hat viel Anlegerkapital vernichtet
AnlegerInnen der Deutschen Lichtmiete werden vermutlich mehr als die Hälfte ihres Kapitals verlieren
Hintergrundbild: Deckblatt Investment-Memorandum, Berechnungen basieren auf dem Interessentenpapier von Rothschild, Angaben ohne Gewähr

Vermögensübersicht. Sehr spannend an den nur zwölf Seiten Erstinformationen für Kaufinteressenten ist im Grunde die Seite 5. Dort wird ein „Overview of key assets“ gegeben. Eine Position besteht aus zwei Immobilien im Wert von acht Millionen Euro. Allerdings ist Investmentcheck kein „fully-equiped office building“ bekannt, da das unbebaute Grundstück dafür schon im Herbst 2021 an die Stadt Oldenburg zurückfiel (Vermögensarrest). Das wesentliche Asset ist ein eher optimistisch kalkulierter „Rolling contract value“ in Höhe von 57 Millionen Euro. Wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, sind hier die Endmieten über die prognostizierte Nutzungsdauer der Lampen von zwölf bis 15 Jahren aufaddiert worden. Die jährliche Miete als Basis soll nur bei rund 4,5 Millionen Euro liegen. Eine sinnvolle Abzinsung dieses theoretischen Cash-Flows, der nur zum Teil durch entsprechende Laufzeiten mit Endkundenverträgen gesichert ist, fehlt in dieser Präsentation. Selbst mit einem bescheidenen Abzinsungsfaktor von sechs Prozent und ohne weitere Sicherheitsabschläge kommen so nicht einmal 40 Millionen Euro zusammen. Bei eher realistischen neun Prozent wären die Mieten heute nur gut 30 Millionen Euro wert.

Substanzbewertung. In der ergebnisoffen dargestellten Summenbetrachtung hat Rothschild neben dem Ertragswert noch Substanzzahlen zu den verbauten und lagernden Lampen aufgelistet. Da diese beiden Methoden nur alternativ und nicht summarisch zu betrachten sind, wird damit ein zu hoher Unternehmenswert suggeriert. Allenfalls die nicht verbauten Lagerbestände, die in der Ertragswertbetrachtung keinen Einfluss finden, würden eine entsprechende Summierung rechtfertigen. Also gilt es, aus den 35 Millionen Euro LED-Lampen sowie weiteren 15 Millionen Euro Komponenten eine entsprechende Aufteilung vorzunehmen. Rothschild hat sich auf Anfrage nicht geäußert. Aber ein gut informierter Investmentcheck-Leser hat grob erklärt, dass von den 50 Millionen Euro Einkaufskosten rund 60 Prozent bei den Kunden verbaut wurden und rund 40 Prozent auf Lager liegen. Von der Lagerware ist wiederum die Hälfte aus eigener Lichtmiete-Produktion und die andere Hälfte bei Fremdherstellern eingekauft. Derzeit sei ein Gutachter mit der Bewertung der Lagerbestände beauftragt. Bei einer optimistischen Betrachtung der Herstellungs-/Einkaufskosten als zusätzlichen Wert, könnten bis zu 20 Millionen Euro Warenwert in den Kaufpreis einfließen.

Quotenschätzung. Spätestens zum 1. März sollen bei den Lichtmietegesellschaften mit Angestellten die Insolvenzverfahren eröffnet werden. Für die AnlegerInnen spannend ist dieser Termin auch vor dem Hintergrund, dass dem Gericht bis dahin die ersten Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters Weiß vorliegen müssen. Darin findet sich eine grobe Gegenüberstellung der Vermögenswerte und der Schulden. Noch sind keine Zahlen dazu bekannt, aber anhand der obigen Ausführungen ist von einem Verlust von mehr als der Hälfte des Anlegerkapitals auszugehen.

Treuhanddepot. Eine unrühmliche Rolle bei Lichtmiete spielt auch die THD Treuhanddepot GmbH mit ihrem Chef Lars Clasen. Die THD hat bei zahlreichen Produkten eine Mittelverwendungskontrolle durchgeführt, die wohl nicht das Geld wert war, das die AnlegerInnen ihm dafür bezahlten. Auf Nachfrage erklärte er nicht einmal zu wissen, wie viele der Lampen vermietet und wie hoch die von den Endkunden bezahlten Mieten sind: „Das ist derzeit in Prüfung. Die Aufklärung dieser Fragen (durch Geltendmachung entsprechender Auskunfts-, Informations- und Einsichtsrechte) ist z.B. auch derzeit Gegenstand der Tätigkeiten der THD.“ Bei den Direktinvestments ist außerdem ein Mieteinnahmenpool vorgesehen, der die AnlegerInnen im Insolvenzfall schützen sollte. Ob das gelingt, ist mehr als fraglich. Trotzdem will Clasen nun von 2.000 AnlegerInnen erst einmal ein Prozent der Zeichnungssumme als Gebühr kassieren: „Grundlage für die jetzt erbetene Kostenumlage sind gesetzliche Auslagenersatz- und Vorschussansprüche“, wie Clasen auf Anfrage mitteilte. In einem Online-Seminar, in dem angeblich nicht einmal 100 der 2.000 AnlegerInnen anwesend waren, rechtfertigte Clasen die hohen Stundensätze der von ihm beauftragten Kanzlei GSK Stockmann. Über 200.000 Euro habe er bereits ausgegeben, weshalb er nun Rechnungen über ein Prozent der Gesamtzeichnungssumme von 56 Millionen Euro an die AnlegerInnen verschicke.

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Loipfinger’s Meinung. In den letzten Jahren aufgenommene Finanzierungsmittel von gut 200 Millionen Euro und nur verbaute und noch lagernde Lampen im Wert von vielleicht 50 Millionen Euro werfen die Frage auf, ob alle Lampen auch da sind. Oder erklärt sich die Differenz nur über die völlig unsinnigen Verrechnungspreise für LED-Lampen innerhalb der Lichtmiete-Gruppe? Keinen Käufer wird die Quersubventionierung der an Anleger bezahlten Mieten und Zinsen interessieren. Sie kalkulieren knallhart die möglichen Mieten der Zukunft, ziehen davon Sicherheitsabschläge ab und addieren noch sonstige Vermögenswerte. Im Idealfall kommt in einem Bieterstreit noch ein Unternehmenswert hinzu, der aber keinesfalls dazu führen wird, dass die AnlegerInnen ihr Geld vollständig wiedersehen werden. Auch die schon mehrfach kolportierten 100 Millionen Euro Kaufpreis für die Unternehmensgruppe halte ich für illusorisch. Geradezu peinlich ist ein Gutachten von Duff & Phelps vom Oktober 2021, in dem der Unternehmenswert auf 184 – 230 Millionen Euro beziffert wurde. Auch Porsche Consulting und KPMG haben im vergangenen Jahr noch Auftragsarbeiten abgeliefert, die eine kritische Grundhaltung vermissen lassen. Vielfach haben sie sich auf Rothschild berufen, die vor einem Jahr noch ganz anders über die Lichtmiete urteilte, als sie es heute in ihrer Funktion als von den Insolvenzverwaltern beauftragte M&A-Berater tun. Ich kann AnlegerInnen sehr gut verstehen, die auf solche Dienstleister inklusive THD nicht gut zu sprechen sind. Denn das dorthin geflossene Geld vergrößert am Ende den Schaden, den AnlegerInnen in Form von erheblichen Verlusten tragen müssen. Mich erinnert das an die Schildbürger, die mit Eimern Licht in ihr Rathaus ohne Fenster tragen wollten. Am Ende blieb es dunkel im Rathaus.

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