Erneute Millionenverluste bei ThomasLloyd

Exklusive Bilanzzahlen zeigen bilanzielle Überschuldung der TL CTI Holding
Bisher unveröffentlichte Bilanzzahlen beunruhigen 27.800 AnlegerInnen
Bisher unveröffentlichte Bilanzzahlen beunruhigen 27.800 AnlegerInnen

Mit den vier Fonds CTI20, CTI Vario D, CTI 5D und CTI 9D sammelte ThomasLloyd 753 Millionen Euro bei 27.800 AnlegerInnen. Wesentlicher Geldempfänger war die ThomasLloyd Cleantech Infrastructure Holding GmbH (TL CTI Holding), die das Kapital der Fonds durch stille Beteiligungen weitergereicht bekam. Trotz dieser enormen Beträge hat weder die BaFin noch das Bundesamt für Justiz bisher dafür gesorgt, dass ein Jahresabschluss 2021 für die TL CTI Holding beim Bundesanzeiger veröffentlicht wurde. Selbst die gemäß Vermögensanlagengesetz höheren Transparenzanforderungen unterliegenden Fondsgesellschaften verschweigen bisher ihre Zahlen für das Jahr 2021, wie ein Blick in den Bundesanzeiger offenbart. Investmentcheck liegt allerdings die Bilanz 2021 der TL CTI Holding nun vor. Ein Debakel aus Sicht der AnlegerInnen.

Fortsetzung der Verlustserie
Von 2017 bis 2019 produzierte ThomasLloyd durch fragwürdige In-Sich-Geschäfte Gewinne bei der TL CTI Holding und polierte damit die Leistungsbilanz auf (hinterfragenswerte Gewinne). Auch Performance-Fees konnten gezogen werden, weshalb allein 2019 mit 75 Millionen Euro eine gigantische Gebührenmaschine entstand. Im Jahr 2020 platzte der Ballon und Gewinne lösten sich in Luft auf (Bilanztricks haben kurze Beine). Unglaubliche 132 Millionen Euro Verlust bei der TL CTI Holding wurden mittelbar auf AnlegerInnen verteilt. Seit diesem Schlag gibt es im Bundesanzeiger keine neueren Bilanzzahlen mehr. Gesetzliche Transparenzvorschriften interessieren offenbar ebenso wenig wie Vorgaben in den Gesellschaftsverträgen der Fonds. Das Bundesamt für Justiz hat dem Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz auf Anfrage mitgeteilt, dass von Amts wegen ein Ordnungsgeldverfahren nach Paragraph 335 Handelsgesetzbuch eingeleitet wurde. ThomasLloyd akzeptiert offenbar lieber Strafzahlungen, bevor das Emissionshaus den AnlegerInnen einen weiteren Megaverlust von 89 Millionen Euro im Jahr 2021 fristgerecht mitteilt. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag ist damit bei der TL CTI Holding auf unglaubliche 221 Millionen Euro angewachsen. Über einen Rechtsanwalt hat ThomasLloyd dazu mitteilen lassen, dass es sich „bei den erfolgten Wertanpassungen größtenteils um temporäre und nicht zahlungswirksame Wertveränderungen handelt“. Weiterhin wird auf stille Reserven verwiesen, die in dem HGB-Abschluss nicht berücksichtigt wären: „Auch aus diesem Grund werden gemäß den marktüblichen Vorgehensweisen unterschiedliche Ergebnisse/Renditekennzahlen ausgewiesen (HGB/IFRS, Brutto/Nettorenditen, Ausweis stiller Reserven/Aufwertungspotenzial etc.), da diese Darstellungsform dem Anleger/Leser die größtmögliche Transparenz und die besten Vergleichsmöglichkeiten bietet.“

2020 und 2021 keine Stromproduktion der Biomassekraftwerke
Spannend aus Sicht der AnlegerInnen ist die Entstehung der Verluste. Nachdem im Jahr 2020 bereits Abschreibungen auf Finanzanlagen in Höhe von 100 Millionen Euro anfielen, lösten sich 2021 nun weitere 63 Millionen Euro in Luft auf. Die Biomasse- und Solarinvestments auf den Philippinen und in Indien liefen wohl nicht plangemäß. Zumindest bei dem Hauptinvestment in Form von drei Biomassekraftwerken trifft das offenbar zu. Denn trotz der Fertigstellung bis Ende 2019 wurde weder im Jahr 2020 noch im Jahr 2021 Strom produziert. Thomas Ulf Michael Sieg schrieb dazu im Juli 2023 im Lagebericht, dass dies der COVID-19-Pandemie geschuldet sei. Die Nachfrage nach Strom war sehr gering und ThomasLloyd habe die Zeit genutzt, um „die Betriebsabläufe zu optimieren und ihre Effizienz zu bewerten und zu steigern“. Keinesfalls neu sei dieses Thema, wie in der anwaltlichen Stellungnahme zu lesen ist. Schon im Hinblick auf den Jahresabschluss 2020 soll dazu Stellung bezogen worden sein und bereits „zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Jahresabschluss 2020 war jedes Biomassekraftwerk am Netz angeschlossen und im operativen Betrieb“.

Gebührenmonster schlägt weiter zu
Neben den Abschreibungen wurde das Ergebnis 2021 massiv durch Gebühren belastet. Insgesamt 32 Millionen Euro sonstige betriebliche Aufwendungen fielen an, die vor allem aus Verwaltungskosten und Managementgebühren resultierten. Die Kapitalflussrechnung zeigt für Akquisitionskosten verbundener Unternehmen 3,1 Millionen Euro (Vorjahr: 5,6 Millionen Euro) und als „Management und Performance-Fee“ 23,2 Millionen Euro (Vorjahr: 7,7 Millionen Euro). Auch eine Delegationsreise nach Indien wird im Jahresabschluss erwähnt, allerdings nur in der Form, dass Kosten dafür von der TL CTI Holding an den ThomasLloyd SICAV weiterbelastet wurden. Für 2020 gibt es einen ähnlichen Hinweis auf einen „Verkaufsbesuch in Indien“, dessen Kosten ebenfalls als Kostenweiterbelastung an den Luxemburger SICAV auftauchen. Dazu befragt lässt ThomasLloyd mitteilen, dass alle Aufwendungen „selbstverständlich im Einklang mit den vertraglichen Regelungen“ stünden.

Hinweis der Wirtschaftsprüfer
Während den Jahresabschluss 2020 noch Ralph Setzer von PKF Wulf & Partner testierte, übernahmen das für 2021 Steffi Papenroth und Dirk Jessen von Mazars. Ihr Urteil im Oktober 2023 fiel ohne Beanstandungen aus, wurde aber mit einen Hinweis zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit versehen. Denn nur dank des Rangrücktritts der Fonds als stille Gesellschafter ergib der buchmäßige Fehlbetrag von 221 Millionen Euro keinen Überschuldungsgrund im Sinne der Insolvenzordnung. Noch kritischer könnte hingegen ein Hinweis zur Fortbestehensprognose sein. Denn in tschechischer Krone notierte Anleihen im Gegenwert von jeweils rund 4,5 Millionen Euro sind 2021 und 2022 gekündigt worden, deren Ausgleich gestundet ist: „Sofern die derzeit in Arbeit befindliche Refinanzierung unter Einbezug eines Kreditinstitutes nicht plangemäß eintritt, kann der Bestand des Unternehmens gefährdet sein.“ Auch wenn die Prüfer ihr Urteil deshalb nicht modifizierten, beschreiben sie den Sachverhalt als wesentliche Unsicherheit, die „bedeutsame Zweifel an der Fähigkeit der Gesellschaft zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen kann und die ein bestandsgefährdendes Risiko im Sinne des § 322 Abs. 2 Satz 3 HGB darstellt“.

Loipfinger’s Meinung
Es ist geradezu beschämend, wie ThomasLloyd in Deutschland die Finanzaufsicht BaFin und das Bundesamt für Justiz bezüglich der Transparenzverstöße an der Nase herumführt. Ein Ordnungsgeldverfahren dürfte bei T.U. Michael Sieg wohl eher ein müdes Lächeln produzieren, zumal der nicht bezifferte Betrag vermutlich mittelbar mit dem Geld der AnlegerInnen bezahlt wurde. Ich bin gespannt, welche Geschichte ThomasLloyd als nächstes auftischt, um den AnlegerInnen sowie den FinanzanlagenvermittlerInnen eine neue Karotte vor die Nase zu halten. Die wiederholt angekündigte Refinanzierung der Kraftwerke ist offensichtlich wichtiger als gedacht und für die Liquiditätssicherung unverzichtbar. Den AnlegerInnen bisher nicht deutlich und klar in Form von bezifferten ausgefallenen Einnahmen zu sagen, dass mit dem wichtigsten Asset in Form der drei Biomassekraftwerke zwei Jahre kein Strom produziert wurde, ist geradezu abenteuerlich. Aber zuletzt wurde ja als „Meilenstein“ ein Stromabnahmevertrag verkündet, so dass ThomasLloyd wohl die Refinanzierung der Kraftwerke realisieren kann. Ob davon nach Bedienung gestundeter Beträge und der erfinderischen Gebührenschneiderei noch viel für Ausschüttungen an die FondsanlegerInnen übrigbleibt, darf wohl bezweifelt werden. Zumal eine Ausschüttung aus einer Refinanzierung ohnehin nur eine Auszahlung aus der Substanz wäre. Auch ThomasLloyd bezeichnete die Refinanzierungen als „Kapitalrückflüsse“, die unter anderem „die Auskehrung von Ausschüttungen ermöglichen“ würde: „Aufgrund des stufenweisen und aufeinander aufbauenden Refinanzierungsprozesses können wir – wie in der jüngsten Anlagerkommunikation erläutert – noch keinen präzisen Ausblick hinsichtlich des zukünftigen Ausschüttungsverlaufs übermitteln. Sobald der zeitliche Ablauf der Refinanzierungsaktivitäten auf Portfolioebene, auf welchen wir aufgrund der Vielzahl der involvierten Parteien nur begrenzt Einfluss nehmen können, verlässlich mitgeteilt werden kann, werden wir unsere Anleger unaufgefordert im gewohnten Format informieren.“ Gerade die gewohnte Form der Information ist aber ein Aspekt, der mich eher beunruhigt.

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Nachtrag vom 12. April 2024
Der Aktionsbund Aktiver Anlegerschutz e.V. aus Berlin hat am 12. April ebenfalls einen Beitrag zu ThomasLloyd veröffentlicht. Er ist mit „Dichtung und Wahrheit“ überschrieben. Kerstin Kondert beschreibt frühere Aussagen aus Anlegerinformationen und vergleicht diese mit der nun bekannten Realität.


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