TSO sucht Rätselfreunde

KW 44/2023: Kommentar von Stefan Loipfinger
TSO-Leistungsbilanz: Mehr Seiten, weniger Inhalt

Liebe Leserinnen und Leser,

seit zwei Wochen sitze ich nun schon über 98 Seiten Leistungsbilanz der TSO The Simpson Organization. Viele Jahre nichts und dann gleich ein Buch. Allerdings eines, mit wenig Fakten. Ein Vergleich der aktuellen Ausgabe mit der Version 2011 zeigt beispielsweise, dass damals Soll- und Ist-Zahlen zu finden waren, heute fehlen allerdings die Vergleichswerte. Ein Blick auf die Ausschüttungen soll tolle Ergebnisse suggerieren, ohne aber aufzuzeigen, wie viel der Ausschüttung tatsächlich verdientes Geld und wie viel Rückzahlung von Substanz ist. Bei verkauften Objekten wird ein Veräußerungserlös gezeigt, ohne den Kapitaleinsatz zu beziffern. Auf Fondsebene zeigt TSO beispielsweise beim Active Property II Ausschüttungen von 69,4 Millionen US-Dollar bei einer Zeichnungssumme von 204,4 Millionen US-Dollar. Was soll das in Verbindung mit der Information aussagen, dass von 13 erworbenen Immobilien bereits fünf verkauft sind? Jetzt kann ich den Verkaufsprospekt bemühen und nachlesen, dass bis Ende 2023 insgesamt 49 Prozent ausgeschüttet sein sollten. Tatsächlich sind es bis Mitte Oktober 2023 „nur“ 33,9 Prozent. Der Fonds liegt also unter Plan, aber wie viele Objekte sollten denn eigentlich bereits verkauft sein? Rätsel über Rätsel, die TSO offenbar nicht auflösen will. Meine konkreten Fragen wurden nur mündlich und ausweichend beantwortet. Mein bisheriger Eindruck ist deshalb, dass TSO nicht zeigen will, wie es um das in US-Immobilien investierte Geld der AnlegerInnen tatsächlich bestellt ist.

Viele Rätsel gibt den AnlegerInnen auch die Project-Gruppe auf. Meine Ankündigungen von letzter Woche sind eingetroffen. Bei einigen operativen Gesellschaften haben die Gerichte vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet, bei 13 weiteren Immobilienentwicklungsgesellschaften wurden Insolvenzanträge gestellt. Aktuell sind also sieben operative Project-Unternehmen und 69 Immobilienentwicklungsgesellschaften unter fremder Verwaltung. Zur Situation ist jeweils noch nicht viel bekannt, außer zwei Masseunzulänglichkeiten. Nachdem bereits der Wiener Masseverwalter angezeigt hat, dass das Geld bei der PROJECT PI Immobilien Wien GmbH nicht für Masseforderungen reicht, hat dies nun auch Volker Böhm von Schultze & Braun für die PROJECT Real Estate AG erklärt. Zur Einordnung: Die PROJECT Real Estate AG ist die Holding der Immobilien-Gruppe. Im Konzernabschluss 2021 standen Vermögenswerte über 163 Millionen Euro. Auch der Einzelabschluss wies Sachanlagen, Finanzanlagen, Forderungen und andere Aktiva im Wert von 26,3 Millionen Euro aus – und das bei einer Eigenkapitalquote von 62 Prozent. Eine Masseinsuffizienz hätte ich da nicht erwartet.

Rätselraten ist auch bei Bergfürst angesagt. Diese Schwarmfinanzierungsplattform hat von 112.000 KundInnen insgesamt 192 Millionen Euro eingesammelt, um damit Immobilienprojekte zu finanzieren. Die guten Platzierungszeiten sind allerdings vorbei. Zu viele Probleme bei Altfundings bremsen offenbar die Investitionsbereitschaft. Die Aktivitäten von Bergfürst, um die Interessen ihrer AnlegerInnen zu vertreten, sind ebenfalls wenig überzeugend. Das zuletzt platzierte Funding Pforzheim Mitte entwickelte sich deshalb zum Ladenhüter, bei dem mir in Zusammenarbeit mit den AnlegerInnen im Forum investmentcheck.community eine faszinierende Feststellung gelang. Noch vor kurzem lag der Platzierungsstand bei 1,83 Millionen Euro und 1.816 AnlegerInnen. Überraschend danach verkündete die Truppe von Guido Sandler die Vollplatzierung mit 3,35 Millionen Euro und 1.821 AnlegerInnen. Offenbar hat also jemand zum Schluss noch schnell 1,5 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Das wirft erhebliche Fragen auf, die ich Sandler stellte. Gibt es ein Majorisierungsproblem oder andere Interessenskonflikte? Wurde damit „künstlich“ eine Fundingschwelle überschritten? Hat der Großinvestor zu den gleichen Konditionen gezeichnet? Wie ist das eigentlich mit dem gesetzlichen Maximalbetrag von 25.000 Euro? Ich konnte die Rätsel nicht lösen, da Sandler meine Fragen nicht beantworten wollte.

Bleiben Sie rätselfreudig.

Ihr
Stefan Loipfinger


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