PROJECT Investment erstattete Anzeige

Controlling der Kapitalverwaltungsgesellschaft war offenbar lückenhaft

Controlling der PROJECT Investment AG war nicht ausreichend – Bild: Stefan Loipfinger

Eine DIN A4-Seite ist es der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) PROJECT Investment AG Wert, um die seit Monaten massiv verunsicherten und nur unzureichend informierten AnlegerInnen der PROJECT-Fonds über eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu informieren. Man habe im Zusammenhang mit der Prüfung von Unterlagen bei der PROJECT Immobilien Management GmbH (PMG) „eine erhebliche Diskrepanz bei Gutschriften für offenbar im Voraus in unzulässiger Weise gestellte Rechnungen zur Abrechnung von Nachunternehmerleistungen festgestellt“. Es geht um Forderungen in Höhe von 1,8 Millionen Euro, die sieben betroffenen Objektgesellschaften und mithin den Investmentgesellschaften als vorläufiger Schaden verbleiben: „Weder der Vorstand noch beteiligte Mitarbeiter im Fondsmanagement oder dem Fondscontrolling der KVG hatten Kenntnis derartiger Vorfälle in der PROJECT Immobilien-Gruppe. Entsprechend hat die KVG nach Vorliegen der Ermittlungsergebnisse zur Wahrung der Ansprüche der betroffenen Fondsgesellschaften und damit auch der Anlegerinteressen Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft gestellt.“

Rechnungstellung von noch nicht erbrachten Leistungen
Die PMG war innerhalb der gesamten PROJECT-Gruppe für Projektmanagement und -steuerung der Immobilienentwicklungen zuständig. Vereinfacht hat diese Bauleistungen beauftragt und dann den Entwicklungsgesellschaften in Rechnung gestellt. Sobald also Handwerker oder andere Nachunternehmer Leistungen erbracht und gegenüber deren Auftraggeber, der PMG abgerechnet haben, erfolgte eine Weiterbelastung an die Entwicklungsgesellschaft. Laut den Anschuldigungen der Kapitalverwaltungsgesellschaft soll es allerdings im Frühjahr eine Absprache innerhalb der PROJECT Immobilien-Gruppe gegeben haben, wonach „Leistungen von Nachunternehmern mittels Vorschussrechnungen den Objektgesellschaften in Rechnung gestellt, die von Nachunternehmern der PMG gegenüber jedoch noch nicht abgerechnet worden waren. Dies geschah vor dem Hintergrund, mit diesen Mitteln andere Rechnungen aus anderen Objekten durch die PMG zu bedienen.“ Um wie viel Euro es insgesamt bei diesen fragwürdigen Transaktionen ging, wird nicht beziffert. Nach inoffiziellen Quellen soll es um elf Millionen Euro gehen, wovon 1,8 Millionen Euro zuletzt noch offen waren und als vorläufiger Schaden übrigbleiben.

Mangelhaftes Controlling der Kapitalverwaltungsgesellschaft
Die Konzeption der PROJECT-Fonds beinhaltete einen komplexen Liquiditätsmanagementprozess. So floss das Geld der InvestorInnen an die Fondsgesellschaft, von dort in eine oder zwei Beteiligungsgesellschaften und dann in Immobilienentwicklungsgesellschaften. Je nach Baufortschritt und Verkaufsstand der Wohnungen führten Zahlungen der KäuferInnen, die nach Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) ihre Kaufpreise in Raten erbrachten, zu Eigenkapitalrückzahlungen oder auch Kapitalabrufen im Rahmen so genannter EK-MAX Vereinbarungen. Ziel war es, möglichst viel Eigenkapital der Fonds investiert zu halten, um so die Rendite zu optimieren. Die Umsetzung erfolgte durch ein Cash-Pooling im Rahmen maximaler Eigenkapitalzusagen (EK-MAX). Wenn in einem Bauvorhaben durch die Fälligkeit von MaBV-Raten oder erfolgten Wohnungsverkäufen Fondsgelder frei wurden, standen diese für andere Entwicklungen zur Verfügung. Wie sich durch die nun erfolgte Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zeigt, hat die Kapitalverwaltungsgesellschaft diesen Prozess offenbar nicht lückenlos bis zur tatsächlich erbrachten Bauleistung hin kontrolliert. Scheinbar wurde nicht einmal papiermäßig auf Plausibilität geprüft, ob Rechnungen der PMG durch entsprechende Nachunternehmerrechnungen gerechtfertigt erschienen.

Loipfinger’s Meinung zu den Anzeigen
Wie die KVG den AnlegerInnen mitteilt, habe sie der PMG die Sachverhalte „zur Kenntnis gebracht und diese zur Stellungnahme aufgefordert“. Mit keinem Wort wird erwähnt, was die PMG zu den Vorwürfen sagte beziehungsweise, ob sich diese überhaupt dazu äußerte. Angeblich ist noch nicht einmal die Frist für die Stellungnahmen abgelaufen. Ein Journalist würde für so eine Verdachtsberichterstattung zu Recht gescholten, weshalb an der Stelle unbedingt die Unschuldsvermutung der Beschuldigten betont werden soll. Es war richtig von der KVG, einen möglichen Eingehungsbetrug zur Anzeige zu bringen. In einem so frühen Stadium und wegen einem Schaden in Höhe weniger Promille aber bereits an die Öffentlichkeit zu gehen, erscheint unverhältnismäßig. Es dürfte ziemlich sicher sein, dass durch die Veröffentlichung der strafrechtlichen Vorwürfe über die 1,8 Millionen Euro hinaus ein x-faches an Schaden entstehen wird. Die Vorstände der PROJECT Investment AG haben offenbar nicht nur in den letzten Jahren einen schlechten Job gemacht und nicht ausreichend kontrolliert. Scheinbar fehlt ihnen noch Monate nach den ersten Insolvenzen jegliches Konzept, mit der Situation umzugehen. Sie haben immer noch kein Bewusstsein dafür entwickelt, wie die AnlegerInnen vernünftig zu informieren sind. Ein Trauerspiel, das über diesen Fall hinaus die gesamte Branche und das Produkt Publikums-AIF massiv belasten wird.

Bieterprozess für 35 Immobilien gestartet
In der Kommunikation professioneller ist der vorläufige Insolvenzverwalter Volker Böhm von der Kanzlei Schultze & Braun. Er hat kürzlich den Start eines internationalen Bieterprozesses bekannt gegeben, bei dem 35 Grundstücke und Projekte meistbietend verkauft werden sollen. Bei 23 handelt es sich um unbebaute Grundstücke. Weitere fünf Projekte weisen einen Baubeginn auf. Bereits beurkundete Wohnungskäufe sollen rückabgewickelt werden, um eine Vermarktung an einen Einzelinvestor zu ermöglichen. Die restlichen sieben Projekte sind überwiegend für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen. Allen gemein ist, dass ein Verkauf in der aktuell angespannten Immobilienmarktsituation am vielversprechendsten erscheint.

Loipfinger’s Meinung zum Bieterprozess
Böhm fängt bei der Vermarktung mit den Perlen des Gesamtportfolios an. Hier dürften im Schnitt die Verluste am geringsten ausfallen. Allerdings wird es trotzdem schmerzhaft werden. Wie eine Analyse der Jahresabschlüsse per 31. Dezember 2021 zeigt, waren zu dem Zeitpunkt bereits 60 Millionen Euro Fremdkapital in Form von Kaufpreiszahlungen vorhanden. Das buchmäßige Eigenkapital lag konkret bei 281 Millionen Euro, während die Bilanzsummen 341 Millionen Euro ausmachten. Die Kaufpreise der Grundstücke lagen Ende 2021 ohne Nebenkosten bei 225 Millionen Euro, wobei hier nicht vergessen werden darf, dass drei Grundstücke erst 2022 bezahlt wurden. Wie viel Geld an die Fonds zurückfließen wird, hängt nicht nur von der jeweiligen Marktentwicklung ab. Immerhin 291 Millionen Euro waren zu diesem Zeitpunkt von Fonds investiert. Neuere Auswertungen sind derzeit leider nicht möglich, weil die 2022er Jahresabschlüsse noch nicht veröffentlicht sind. Auch das stellt die Arbeit der KVG in Frage und zeigt, dass das zum Schutz von AnlegerInnen installierte Sicherheitssystem gemäß Kapitalanlagegesetzbuch gerade dann nicht funktioniert, wenn es am dringendsten gebraucht wird.

Informationsgemeinschaft der Project-AnlegerInnen
Im Forum Investmentcheck.Community gibt es für die Mitglieder einer Informationsgemeinschaft weiterführende Details. Analysen einzelner Fonds im Hinblick auf die bisherigen Verläufe sind dort ebenfalls zu finden wie beispielsweise Statistiken zu den Investments in die 35 Verkaufsprojekte pro Fonds.

Nachtrag vom 27. Dezember 2023 zu den Gesellschafterversammlungen im Umlaufverfahren
Ein paar Tage vor Weihnachten hat PROJECT zu zahlreichen Fonds Einladungen für Gesellschafterversammlungen im Umlaufverfahren verschickt. PROJECT will sich auf diese Art und Weise die Entlastung der Geschäftsführung, der Kapitalverwaltungsgesellschaft und des Registertreuhänders abholen. Die Terminwahl vor den Feiertagen schafft zusätzlich Unbehagen, da damit die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen die Abstimmung im Umlaufverfahren erschwert wird. Denn grundsätzlich können AnlegerInnen mit mindestens 20 Prozent des Kapitals innerhalb von 10 Tagen nach Versand der Beschlussunterlagen einem Umlaufverfahren widersprechen und damit eine Präsenzversammlung erzwingen. Sinn und Zweck von Präsenzveranstaltungen ist eine Aussprache mit der Geschäftsführung und der KVG. Sich in der aktuellen Situation der Aussprache entziehen zu wollen, ist keinesfalls akzeptabel. Mehr als Zweidrittel der Assets befinden sich in Insolvenzverfahren, was wohl Grund genug für einen Aussprachebedarf sein sollte. Wenn Sie auch für eine Präsenzveranstaltung sind, sollten Sie unbedingt den Widerspruch zu den Beschlüssen im Umlaufverfahren erklären. Aufgrund einer engen Widerspruchsfrist sollte dies möglichst schnell passieren. Mehr Informationen und ein einfach ausfüllbares pdf finden Sie hier: Widerspruch gegen das Umlaufverfahren bei Gesellschafterversammlungen


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Kommentare

5 Antworten zu „PROJECT Investment erstattete Anzeige“

  1. Avatar von Project-Anleger
    Project-Anleger

    Ich bin an den Fonds Metropolen 16 und 18 beteiligt. Welche Auswirktungen hat das nun auf mich? Die Fonds sind nicht pleite und ich frage mich, was das für die Anleger bedeutet?

    1. Avatar von stefan.loipfinger
      stefan.loipfinger

      Das Geld der AnlegerInnen des PROJECT Fonds Metropolen 16 ist an die PROJECT M 16 Beteiligungs GmbH & Co. KG und die PROJECT M 16 Europa GmbH geflossen. Letztere hat Investments in Wien durchgeführt und nur rund 5 Prozent der Anlegergelder erhalten. Gleiches gilt für den PROJECT Fonds Metropolen 18, bei dem das Kapital der AnlegerInnen weit überwiegend an die PROJECT M 18 Beteiligungs GmbH & Co. KG und zu einem kleinen Teil an die PROJECT M 18 Europa GmbH floss.
      Von den jeweiligen Beteiligungsgesellschaften wurde das Fondskapital dann als Eigenkapital an verschiedenste Immobilienentwicklungsgesellschaften weitergeleitet. Die dort entstehenden Verluste belasten das von den Fonds zur Verfügung gestellte Eigenkapital und erzeugen somit Verluste bei den Fonds.

      1. Avatar von Chris Endres
        Chris Endres

        Ich hätte eine ähnliche Frage. Ich bin an dem Fond Reale Werte 9 beteiligt. Welche Auswirtungen hat das nun auf mich? Die Fonds sind nicht pleite und ich frage mich, was das für die Anleger bedeutet? Was kann man jetzt tun um am Ende nicht alles zu verlieren. Die Kommunikation seitens Projekt existiert so gut wie nicht. Sollte man sich direkt an den Insolvenzverwalter wenden. Es ist echt unglaublich wie die Anleger alleingelassen werden.

  2. Avatar von Carola Saller
    Carola Saller

    Hallo Zusammen,

    bin an den Project Fonds Metropol19 und 20 beteiligt.
    was hat das für Auswirkungen auf mich und was muss ich tun????

    1. Avatar von Karin Loipfinger
      Karin Loipfinger

      Weitere Informationen dazu finden Sie bei uns im Anlegerforum. Zur kostenlosen Registrierung gelangen Sie über folgenden Link: https://investmentcheck.community/ucp.php?mode=register

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