Kriselnde Ärztezentren aus Gießen

KW 40/2023: Kommentar von Stefan Loipfinger
56 Immobilienentwicklungsgesellschaften von Project sind insolvent
56 Immobilienentwicklungsgesellschaften von Project sind insolvent

Liebe Leserinnen und Leser,

rund 20.000 AnlegerInnen haben in die Project-Fonds ab der Nummer 11 investiert. Diese vollregulierten AIFs (Alternative Investmentfonds) werden von der Projekt Investment AG als Kapitalverwaltungsgesellschaft betreut. Deren Kommunikationsverhalten ist fast zwei Monate nach den ersten Insolvenzanträgen immer noch verhalten. Auf Nachfrage hat man mir nun allerdings Zahlen genannt, wie viel Geld bei diesen Fonds aktuell in den 56 insolventen Immobilienentwicklungsgesellschaften steckt. Im gewichteten Durchschnitt sind es 62 Prozent. Das ist deutlich mehr, als Ende 2021 an diese 56 Projektentwicklungen geflossen war. Von den großen Fonds überdurchschnittlich betroffen sind der PROJECT Reale Werte Fonds 12 mit 70 Prozent und der PROJECT Metropolen 18 mit 67 Prozent. Beim Metropolen ist das besonders problematisch, da dieser 2018 aufgelegte Fonds noch nicht die Kosten verdiente und Ende 2021 selbst unter Einrechnung der nicht realisierten Wertveränderungen einen kumulierten Verlust von 18,4 Millionen Euro auswies. Nach dem Einloggen finden Sie weitere detaillierte Analysen zu den einzelnen Fonds sowie zahlreiche Fragen von mir mit den Antworten von PROJECT.

Wechseln wir gedanklich von einem der größten AIF-Anbieter zum Marktführer bei Schwarmfinanzierungen. Exporo scheint von Problemen überrollt zu werden. Das Kommunikationsverhalten bewerten AnlegerInnen zunehmend als indiskutabel. Entweder es liegt an einer personellen Überforderung oder sogar an einer vorsätzlichen Nichtinformation. Beim Funding Pflege an der See hat sich der Forumsteilnehmer mit dem Nickname „toptrainer“ schon im Juli beschwert, dass Exporo nicht über die Zwangsversteigerung informierte. Angesichts des drohenden Totalverlusts schließen sich AnlegerInnen derzeit zusammen, um über rechtliche Schritte nachzudenken. Viel diskutiert wird derzeit auch beim MedZentrum am Main II, bei dem das Insolvenzverfahren der medbau Projektrealisierungsgesellschaft mbH schon länger Fragen aufwirft. Denn das war im August und nun wurde gestern der Insolvenzantrag der Gießener IWG Medical Real Estate AG bekannt, unter der rund 30 Firmen hängen. Größte Aktionärin dürfte die IWG Holding AG sein, die als Mutter der Medzentrum Kapitalverwaltungsgesellschaft fungiert, die wiederum die Medzentrum Deutschland Unua GmbH & Co. geschlossene Investment KG verwaltet. Der Fall betrifft also nicht nur Crowdfundings.

Und ein weiterer Gedankensprung führt uns zu einem Schreiben eines Beirats, das mich diese Woche erreichte. Es geht um eine Schiffsbeteiligung mit Sitz in Leer. Wer mit Jahrzehnten an Branchenerfahrung gesegnet ist, ahnt bereits, um welchem Anbieter mit drei Buchstaben es geht. Die GHF Gesellschaft für Handel und Finanz legte die MS Sirius im Jahr 1997 auf. Ich habe aus meinem Archiv extra den alten Emissionsprospekt rausgekramt. Ein 1.648 TEU großes Containerschiff der neuesten Generation – zumindest wurde es damals so angepriesen. Das Desaster danach zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen. Mir geht es nur um die aktuelle Tatsache, dass selbst in der Liquidation die AnlegerInnen unzumutbar an der Nase herumgeführt werden. Der letzte Beirat hat deshalb nun hingeworfen, weshalb jetzt der Weg für einen skandalös arbeitenden Rechtsanwalt frei ist, um die AnlegerInnen auch noch um die verbliebenen Substanzkrümel zu bringen. Etwas zugespitzt schreibt mein Informant, dass man mit einem Stoßtrupp anrücken müsste. Ich kann diese Emotionen verstehen, wenn man sieht, wie ein Rechtskundiger das System derartig missbraucht.

Bleiben Sie unerschütterlich.

Ihr
Stefan Loipfinger


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