
Liebe Leserinnen und Leser,
was denken Sie, wenn in der Zeitung steht, dass der Bus der Linie 5 heute pünktlich abgefahren ist? Ähnliches denke ich, wenn ein Anbieter per Ad-hoc-Meldung verkündet, dass die halbjährliche Zinszahlung einer Anleihe „wie gewohnt pünktlich“ geleistet wird. Lange musste ich nicht suchen, warum die hep global GmbH eine so ungewöhnliche Meldung verbreitete: Ein paar Tage vorher wurde der Halbjahresabschluss des Konzerns veröffentlicht, der einen deutlichen Verlust ausweist. Die schon vorher unbefriedigende Eigenkapitalsituation verschlechterte sich dadurch massiv auf einen nicht gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 9,8 Millionen Euro. Der Kurs der 6,5-prozentigen Anleihe mit Laufzeit bis 2026 (ISIN: DE000A3H3JV5) schmierte an der Börse auf Junk-Bond-Niveau ab. Da ist die Frage erlaubt, wer den aktuell angebotenen Green Bond mit Laufzeit bis 2028 zu 100 Prozent zeichnen soll?
Wie dramatisch die Situation vermutlich schon länger bei hep ist, zeigt eine andere Recherche zu den Geschäftsführerwechseln in diesem Jahr. Im ersten Halbjahr sind bei der Konzernmutter hep global GmbH nämlich vier von fünf Geschäftsführer ausgeschieden und nur ein neuer bestellt worden. Anders ausgedrückt wurde die Geschäftsführung von fünf auf zwei Personen verkleinert. Das ist auch kein Vertrauensbeweis für Interessenten des HEP-Solar Green Energy Impact Fund 1. Dieser Fonds soll über sechs Jahre Laufzeit im mittleren Szenario eine Rendite von vier Prozent abwerfen. Angesichts der Junk-Bond-Renditen auf Anleihen der Konzernmutter nicht gerade überzeugend. Ein Grund für die geringe Ertragsaussicht des Fonds dürften die Kosten sein, die mit jährlich 4,7 Prozent viel zu hoch ausfallen. Nicht einmal die Hälfte der erwarteten Erträge würde bei prospektgemäßem Verlauf also bei den AnlegerInnen ankommen.
Von Erträgen zu sprechen wäre bei ThomasLloyd wohl noch unpassender. Während die deutschen Behörden diesen höchst fragwürdigen Anbieter trotz gesetzlicher Pflichten nicht einmal dazu bringen, die Jahresabschlüsse 2021 der 700 Millionen Euro schweren geschlossenen Fonds zu veröffentlichen, hat der Anbieter in England wegen Androhung einer Firmenlöschung nun den Jahresabschluss 2022 der CT Infrastructure Holding Ltd. veröffentlicht. Die dort investierten AnlegerInnen sollten in dieses Papier mal einen Blick reinwerfen. Dann würden sie Millionenverluste sehen, die vor allem wegen Anwalts- und Beraterkosten entstanden sind. Auch die fehlenden Einnahmen sind nicht gerade ein Beleg dafür, dass die noch im April 2022 verbreiteten Börsenpläne irgendeine Aussicht auf Erfolg haben könnten: „Börsengang: Vorbereitungen weitgehend abgeschlossen, Marktumfeld bestimmt Terminierung“.
Auch bei Project sind Erträge kein Thema. Diese Woche verkündete der vorläufige Insolvenzverwalter Volker Böhm von Schultze & Braun schon wieder einen Schwung neuer Insolvenzen. Jetzt sind 80 von 119 Immobilienentwicklungsgesellschaften unter seiner Verantwortung. Ich komme fast nicht mehr hinterher diese zu monitoren. In einer Pressemitteilung spricht Böhm deshalb schon klar von „wirtschaftlichen Schäden“, die er für die WohnungskäuferInnen und FondsanlegerInnen „minimieren“ möchte. Diese Gleichschaltung halte ich allerdings für falsch, da die Rangstellen komplett unterschiedlich sind. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass bei einer Objektgesellschaft mit einem Euro Verlust für die WohnungskäuferInnen ein Totalverlust für die Eigenkapital gebenden FondsanlegerInnen entsteht. Auch wenn das bei den 119 Gesellschaften unterschiedlich sein wird, dürfte die Zahl der Totalausfälle insgesamt ganz erheblich sein.
Bleiben Sie selbstbewusst.
Ihr
Stefan Loipfinger
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