Elegantes Wohnen nur mit Zelt

KW 41/2023: Kommentar von Stefan Loipfinger
Plan und Wirklichkeit: Warum hat EVDI nicht längst Lösungen gesucht? (Bild rechts: Forumsnutzer Shinji)
Plan und Wirklichkeit: Warum hat EVDI nicht längst Lösungen gesucht? (Bild rechts: Forumsnutzer Shinji)

Liebe Leserinnen und Leser,

diese Woche informierte mich ein Forumsteilnehmer über Nichtausschüttungen bei TSO. The Simpson Organisation, wie der Anbieter ausgeschrieben heißt, sammelte seit 2006 für USA-Immobilieninvestments 1,07 Milliarden US-Dollar bei mehr als 8.500 AnlegerInnen. Die regelmäßigen Ausschüttungen werden quartalsweise geleistet und wurden zuletzt Anfang September angekündigt. Technische Probleme sollen die Zahlung bisher verhindert haben, wie mir Patrick Frühwirt als Geschäftsführer der TSO Capital Advisors GmbH bestätigte: „Allerdings haben wir gegenwärtig ein Problem mit der Performanz unseres Datenbanksystems, auf das wir insbesondere angewiesen sind, um dem jeweiligen Anleger den richtigen Betrag auszuzahlen.“ Gehört das nun in das Schmunzelkabinett oder in die besonders innovative Ausredenecke? Unabhängig davon werde ich den Fortgang weiterverfolgen, zumal ich TSO vergangenes Jahr in einem Gutachten für den Bundesverband Verbraucherzentralen e.V. kritisierte. Hintergrund waren nicht mehr veröffentlichte Prognoserechnungen, die früher selbstverständlich in den Verkaufsunterlagen enthalten waren. Bei mir drängte sich der Eindruck auf, dass die deutlichen Verfehlungen der älteren Prognosen damit zu tun haben könnten, um zukünftig nicht mehr so einfach die Leistung per Soll/Ist-Vergleich messen zu können.

Mit der Messbarkeit von Nichtleistung haben auch CrowdanlegerInnen ein Problem. Zwar merken sie sehr schnell, wenn die Zinsen und die Rückzahlung nicht pünktlich eingehen, doch in der Praxis müsste ein deutlich filigraneres Monitoring erfolgen. Eigentlich ist das die Aufgabe der Schwarmfinanzierungsplattform, die üblicherweise dafür entlohnt wird. EV Digital Invest kassiert beispielsweise beim Funding „Elegantes Wohnen nahe der Isar“ eine Servicegebühr von jährlich 0,46 Prozent zuzüglich Umsatzsteuer. Bei 3,05 Millionen Euro Fundingsumme sind das brutto knapp 17.000 Euro. Hätte man dafür nicht irgendwie merken müssen, dass der im Februar für April 2022 angekündigte Baubeginn nie erfolgte? Oder wusste es EVDI vielleicht sogar und hat es den AnlegerInnen nicht mitgeteilt? Ein Schwarminvestor bemerkte es jedenfalls im Sommer diesen Jahres und stellte im Forum Fotos von der Nichtbaustelle ein. Kurz danach informierte EVDI, dass das Projekt in der Rabenkopfstraße 7 in München „gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan mittlerweile leider deutlich zurück“ liege. Jemand im Controlling scheint aufgewacht zu sein. Doch damit ist die Geschichte längst nicht zu Ende erzählt. Mit der Nichtrückzahlung diese Woche hat sich bereits eine kleine Gruppe von InvestorInnen versammelt, die direkt mit der Emittentin in Kontakt stehen. Eine Lösungssuche wird aber von EVDI ausgebremst, da weder die Emittentin noch die im Forum versammelten AnlegerInnen Zugang zu allen Schwarmfinanzieren haben. Die Nichtkooperation wird vermutlich noch ein Nachspiel haben.

Gegebenheiten zu hinterfragen war diese Woche auch bei Project angesagt. Mir ging es um die Meldung, wonach bei drei Immobilienentwicklungen in Nürnberg „bereits eine positive Fortführung der Projekte erreicht werden“ konnte. So verkündete es Project vor zwei Wochen und mich interessierte natürlich, was das nun konkret für die AnlegerInnen heißt. Da noch nicht alle Details geklärt und die Tinte noch nicht trocken ist, müssen wir uns noch etwas gedulden. Nur den Optimisten, die schon von Gewinnen aus diesen Immobilienentwicklungen geträumt haben, muss ich diese Hoffnung jetzt schon nehmen. Die Eigenkapitalinvestments der AnlegerInnen werden mit Verlust enden. Nur für die KäuferInnen der Wohnungen sind das positive Nachrichten, weil diese zwar verspätet, aber zum vereinbarten Preis beliefert werden. Bleibt zu hoffen, dass bei den insolventen Entwicklungsgesellschaften nicht zu viele WohnungskäuferInnen trotzdem aus den Verträgen raus wollen.

Bleiben Sie unbeirrt.

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Im Forum hat der AWE Anlegerschutzverein WindEnergie AWE e.V. ein paar lesenswerte Posts zu den Tricks der Schwarzen Schafe in der Windenergie-Branche veröffentlicht.


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