Der harte Kampf um Gläubigerstimmen

Investmentcheck-News KW 31/2022 – Editorial von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,

sind AnlegerInnen dummes Stimmvieh oder mündige BürgerInnen? Diese Frage ist bewusst provokant gewählt, denn wenn ich ein am Mittwoch von Mattil & Kollegen verschicktes Rundschreiben durchlese, dann frage ich mich zunehmend, wie dort die Eingangsfrage beantwortet würde. Von einer „gewissen IG UDI“ ist da die Rede, die sich erdreistet, weitere AnlegerInnen anzuschreiben „und dabei auch eine Gebühr zu vereinnahmen“. Man solle der Kanzlei mitteilen, wenn man angeschrieben wurde und weist darauf hin, dass angeschriebene AnlegerInnen „bei einer Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen, Schadensersatz von der IG UDI verlangen können (Artikel 82 DSGVO)“. Mattil will Anzeige bei der Datenschutzbehörde erstatten und polemisiert weiter gegen die in der Interessensgemeinschaft zusammengeschlossenen AnlegerInnen: „Wussten Sie, dass die IG UDI selbst Insolvenzanträge gestellt hat, wobei wir bezweifeln, dass das in Ihrem Interesse lag. Wir sind der Meinung, dass Sie sich von der IG UDI fernhalten sollten, die nichts für Sie tut, sondern nur mit dieser Berliner Kanzlei eigene Interessen vertritt.“

Ich will auf diesen Unsinn nicht näher eingehen, denn mir war noch nicht bekannt, dass Mattil umsonst arbeitet und 50 Euro freiwillige Kostenbeteiligung bei einer ausschließlich aus AnlegerInnen bestehenden Interessensgemeinschaft unmoralisch sind. Entlarvend finde ich den Hinweis, dass die IG mit der Einschaltung einer Kanzlei „eigene Interessen“ vertritt. Ja, lieber Peter Mattil, es ist das Geld der AnlegerInnen, um das diese kämpfen. Für mich ist das mit Abstand der geringste Interessenkonflikt in diesem zunehmend schmutzigeren Kampf um Stimmen auf den Gläubigerversammlungen. Übrigens hat die IG meines Wissens ganz am Anfang mit verschiedenen Anwälten Kontakt aufgenommen. Auch Mattil war dabei und konnte offenbar nicht überzeugen.

Bild: Screenshot von der Mattil & Kollegen Homepage
Bild: Screenshot von der Mattil & Kollegen Homepage

Für heute höre ich an dieser Stelle auf. Noch habe ich die Hoffnung, dass eine völlige Eskalation der Vorgänge verhindert werden kann. Auch an Thomas Bremer möchte ich hier appellieren, dass man aktive AnlegerInnen nicht diskreditiert. Wir alle, die beobachten, kommentieren und informieren sollten respektieren, dass es das Geld der AnlegerInnen ist, das von zweifelhaften Anbietern verbrannt wurde. Ich würde mir wünschen, dass man statt solcher Aktionen lieber versucht, das noch verbliebene Restvermögen zu retten. Mandantenakquise sollte nicht darauf basieren andere zu verunglimpfen, sondern durch tolle Leistungen zu überzeugen.

Bleiben Sie neidlos.

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Solvium hat mich per Pressemitteilung darüber informiert, dass sie von DEXTRO für das aktuelle Angebot Logistik Opportunitäten Nr. 4 ein A+ erhalten haben. Die Namensschuldverschreibungen weisen laut DEXTRO eine „überdurchschnittliche Qualität“ auf. Irgendwie hat man in dieser zweiseitigen Meldung aber vergessen zu erwähnen, dass die Namensschuldverschreibungen mit einem qualifizierten Rangrücktritt einschließlich vorinsolvenzlicher Durchsetzungssperre belastet sind. Wer übrigens eine andere Meinung zu dem Angebot lesen will, der kann gerne meinen Post dazu im Anlegerforum Investmentcheck.Community nachlesen. Ich stelle mich der Diskussion.


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