Ein Meilenstein für die Markthygiene

Landgericht Leipzig ordnet Abberufung von UDI-Insolvenzverwalter an

Es ist ein toller Erfolg für die UDI-AnlegerInnen, aber ein Meilenstein für zukünftige Kapitalanlage-Insolvenzen. Das Landgericht Leipzig hat auf Antrag der Berliner Rechtsanwältin Dr. Susanne Schmidt-Morsbach von der Kanzlei Schirp eine Vorgehensweise kritisiert, bei der bestimmte Personen mit lukrativen Mandaten versorgt wurden. Beim UDI Energie Festzins IV muss nun der Insolvenzverwalter ausgetauscht werden, weil das Gericht Zweifel an seiner Unabhängigkeit sieht. Auch wenn gegen den Beschluss noch Rechtsmittel eingelegt werden können, dürfte er weit über diesen Fall hinaus abstrahlen.

Gedankenspiel. Unabhängig vom tatsächlichen Hergang bei UDI soll ein hypothetisches Gedankenspiel das Problem von „gelenkten“ Insolvenzverfahren verdeutlichen. Stellen wir uns also vor, ein Emittent von Vermögensanlagen kann von AnlegerInnen gewährte Nachrangdarlehen nicht zurückzahlen. Nun gilt es im drohenden Insolvenzverfahren einen unliebsamen Verwalter mit einer zu kritischen Brille gegenüber den verantwortlichen Personen zu vermeiden. Wenn sich der Anbieter nun einen Rechtsberater sucht, der einen geschickten Insolvenzantrag auf Eigenverwaltung verfasst, dann bietet das Optionen dafür. Denn ein vor-vorläufiger Gläubigerausschuss könnte sich einstimmig für einen bestimmten Sachwalter aussprechen und die Eigenverwaltung ausdrücklich befürworten. Das Ganze wird noch durch ein wirtschaftliches Gutachten von gut bekannten Experten als sinnvolle Sanierungslösung verpackt und lässt dem Richter am Insolvenzgericht fast keine andere Wahl, als den vorgeschlagenen Verwalter und die als Gläubigervertreter schon agierenden Ausschussmitglieder einzusetzen. Damit dann auch bei der später irgendwann vom Gericht anberaumten Gläubigerversammlungen die Stimmen von passiven AnlegerInnen nicht verfallen, werden für eine kostenlose Stimmrechtsvertretung bestimmte Anwälte empfohlen. Natürlich uneigennützig und ohne Nebenabsprachen. Es reicht ja, dass man sich kennt und das Erfolgsmodell noch öfter anwenden möchte.

Bild: Screenshot von der IG-UDI Homepage
Bild: Screenshot von der IG-UDI Homepage

UDI Umwelt Direkt Invest. Ende 2020 hat Stefan Keller die UDI-Gruppe an den Sanierer Rainer Langnickel übergeben. Anfang 2021 sind plötzlich zahlreiche UDI-Unternehmen nach Chemnitz umgezogen, ohne dass dort erkennbare Mitarbeiterstrukturen vorhanden waren. Einige Wochen später kam es zu ersten Insolvenzanträgen, die nicht am früheren Standort in Nürnberg, sondern vom Insolvenzgericht in Leipzig entschieden wurden. Manche bezeichnen solche Umzüge vor einer Pleite als Insolvenz-Tourismus. Unter seriösen Verwaltern ist dieses Vorgehen verpönt.

UDI Energie Festzins IV. Das Landgericht Leipzig hatte nun in einem Fall darüber zu entscheiden, ob die Unvoreingenommenheit des bestellten Insolvenzverwalters vorliegt. Dabei ging es um die 2012 platzierten Nachrangdarlehen der UDI Energie Festzins IV. Hier hat eine Düsseldorfer Kanzlei im Mai 2021 einen Insolvenzantrag auf Eigenverwaltung gestellt. Langnickel sollte Geschäftsführer bleiben, zur Einhaltung insolvenzrechtlicher Pflichten wurde ein Rechtsanwalt als Generalbevollmächtigter installiert. Offenbar im Vorfeld angesprochen wurden mehrere Personen, die zur Vorlage bei Gericht eine Erklärung abgaben, wonach sie für das Eigenverwaltungsverfahren unter Bestellung des vorläufigen Sachwalters Dr. Jürgen Wallner seien. Darunter war ein Münchner Anlegeranwalt, der später dann vom Insolvenzverwalter als kostenloser Vertreter für AnlegerInnen auf dem Berichttermin vorgeschlagen wurde. Im Verlauf hat sich sogar die Finanzaufsicht BaFin eingeschalten und die von dem Anlegeranwalt empfohlene Eigenverwaltung gerügt. Schließlich hat sie kurz nach den Insolvenzanträgen eine Einstellung und Abwicklung des unerlaubten Einlagengeschäfts angeordnet, was nicht zu den Sanierungsabsichten passt. Das war vorhersehbar, denn beim UDI Energie Festzins VI erging eine solche Anordnung bereits Anfang Mai und die Begründung war auf andere Fälle übertragbar.

Leonidas III. Das fragwürdige Zusammenspiel bestimmter Personen wurde nach den ersten UDI-Fällen auch bei von Leonidas verkauften Nachrangdarlehen wiederholt. Die Düsseldorfer Kanzlei half beim Insolvenzantrag auf Eigenverwaltung, eine Management- und Beratungsgesellschaft erstellte ein Sanierungskonzept und ein Anwalt aus der Münchner Anlegerkanzlei sprach sich zusammen mit anderen Personen eines vor-vorläufigen Gläubigerausschusses für die Eigenverwaltung unter Einschaltung eines Sachwalters der Kanzlei WallnerWeiß aus. In einem Rundschreiben der Emittentin wurde die Anlegerkanzlei aus München empfohlen. Nachdem ein Anleger später sehr aktiv wurde und erfolgreich Vollmachten von seinen Mitgläubigern einsammelte, wurde auf Kosten der Masse eine sehr teure Kanzlei damit beauftragt, wegen einem möglichen Datenschutzverstoß zu ermitteln. Dabei wäre es viel wichtiger gewesen, sich um das nicht vorhandene Asset zu kümmern. Denn mit den Anlegergeldern hätte eigentlich eine Beteiligung an einer anderen Leonidas-Gesellschaft begründet werden sollen, was aber offenbar nie umgesetzt wurde.

Deutsche Lichtmiete. Ein Wiedersehen einiger Beteiligter bei UDI und Leonidas gab es auch bei der Deutschen Lichtmiete. Der Antrag auf Anordnung einer vorläufigen Eigenverwaltung wurde flankiert von Schreiben eines vor-vorläufigen Gläubigerausschusses. Darunter auch wieder ein Anwalt der Münchner Anlegerkanzlei, der sich für die vorläufige Eigenverwaltung und die Bestellung eines Insolvenzverwalters der Kanzlei WallnerWeiß aussprach. Im Rahmen der für nächste Woche anberaumten Gläubigerversammlungen ging vor ein paar Wochen zufällig eine Empfehlung für die kostenlose Vertretung durch verschiedene Anwälte raus. Mit auf der Empfehlungsliste des Insolvenzverwalters findet sich auch der Anlegeranwalt aus München.

UDI. Nach dem ersten Schwung an Insolvenzen in 2021 kam es zwischenzeitlich zu weiteren Verfahrenseinleitungen. Bei der te Solar Sprint II hat beispielsweise wieder die Düsseldorfer Kanzlei den Antrag formuliert und gleich mehrere Schreiben von Anlegeranwälten beigefügt, die sich erneut für eine unsinnige Eigenverwaltung einsetzten. Natürlich waren sich der Münchner Anlegeranwalt und seine nun mit in das System aufgenommenen Kollegen aus Regensburg und Bremen einig, Herrn Wallner als Sachwalter vorzuschlagen. Ganz zufällig im Vorfeld der Gläubigerversammlungen verschickte nun die UDI GmbH für verschiedene Anlegeranwälte Stimmrechtsvollmachten: „Ihre Stimme zählt! Daher Stimmrechtsvollmachten geben.“ UDI hat also tausende von Euro Kosten übernommen, um Anlegeranwälten Vollmachten zu besorgen, deren Aufgabe es sein könnte, UDI auf Schadensersatz zu verklagen.

Loipfinger’s Meinung. Viele der betroffenen AnlegerInnen finden in meinem Anlegerforum Investmentcheck.Community deutliche Worte. Ich war selbst bei Gläubigerversammlungen von UDI in Leipzig vor Ort und habe miterlebt, wie die Anträge von aktiven UDI-AnlegerInnen durch die Stimmen von zwei Anwälten abgeschmettert wurden. Diese Stimmen hatten sie vor allem durch die Werbeaktion des Insolvenzverwalters, der auch in seinem Amt mit den Stimmen der beiden Anwälte bestätigt wurde. Letztendlich mag es egal sein, wer die Gebühren als Insolvenzverwalter kassiert. Aber wie das Landgericht Leipzig zu Recht schreibt, ist die Unabhängigkeit eines Verwalters wegen seiner überragenden Bedeutung unerlässlich. Schon berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit oder Unparteilichkeit machen ihn untragbar. Die Kammer ordnete also seine Entlassung an und übertrug die Bestellung eines neuen Insolvenzverwalters auf das Amtsgericht zurück. Gegen den Beschluss können noch Rechtsmittel eingelegt werden.

Service. Wenn Sie über UDI mit anderen AnlegerInnen diskutieren wollen, dann können Sie sich gerne im Forum Investmentcheck.Community eintragen. Die Registrierung ist kostenlos und kann Ihnen weitere Erkenntnisse für Ihre Anlageentscheidungen liefern. Um mit einer von AnlegerInnen gegründeten Interessensgemeinschaft Kontakt aufzunehmen, informieren Sie sich auf deren Homepage IG-UDI.de. Die gesammelte UDI-Berichterstattung bei Investmentcheck ist hier abrufbar. Sofern Sie regelmäßig an Informationen von Investmentcheck interessiert sind, können Sie sich hier für den kostenlosen Newsletter anmelden. Sie erhalten dann wöchentlich eine entsprechende Mail.

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