Drakonische Strafen für Transparenzverstöße

6/2023: Wöchentlicher Kommentar Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
vor zwei Wochen war der rote Faden dieses Newsletters das Thema Boykott. Verschiedene Anbieter wollten durch einen stillen Boykottaufruf das Sachwerte-Kolloquium sabotieren. Das misslang völlig, wie die Reaktionen nach meinem Newsletterbeitrag zeigten. Zuletzt mussten nun Andy Wanschka, Markus Gotzi und ich darüber diskutieren, ab welcher Teilnehmerzahl wir keine Anmeldungen mehr annehmen. Bei 100 ist spätestens Schluss. Derzeit liegen 75 Anmeldungen vor (zum Programm).

Und wenn wir schon bei durchbrochenen Boykotten sind: Diese Woche musste One Square Advisors mit ihrer Novalumen eine bittere Schlappe hinnehmen. Wolfgang Schirp von der gleichnamigen Kanzlei aus Berlin hat beim Oberlandesgericht Oldenburg die schon fast boykottähnliche Haltung gegenüber DirektinvestorInnen durchbrochen, die die Einnahmen aus ihren bei der Deutschen Lichtmiete gekauften Lampen einfordern. Ich würde es als Ohrfeige für Frank Günther bezeichnen, wenn das Gericht nicht nur in einem Einzelfall von einer „rechtswidrigen Beeinträchtigung“ spricht, sondern eine „objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen“ sieht. Einfach ausgedrückt: Günther darf unter Androhung harter Strafen kein fremdes Eigentum mehr verkaufen. Traurig genug, dass es für so eine Selbstverständlichkeit zwei Instanzen brauchte. Und noch trauriger finde ich, dass der Insolvenzverwalter Rüdiger Weiß quasi alternativlose Verhandlungspositionen schafft, in dem er bei der Verweigerung von Zustimmungen den Nichteintritt in die Mietverträge erklärt. Dann muss der Endmieter die Lampen abmontieren und die DirektinvestorInnen müssen diese gebrauchten Leuchten abholen.

2016/2017 wurden magere 3,6 Millionen bei Ansparanlegern platziert
2016/2017 wurden magere 3,6 Millionen bei Ansparanlegern platziert
Quelle: Collage aus dem Verkaufsprospekt

Bleibt noch eine News, zu der mich Ihre Erfahrungen interessieren: Letzte Woche berichtete ich über Insolvenzanträge bei zwei Steiner-Fonds. Natürlich wollte ich wissen, was bei diesen MAP 4 Ansparfonds ohne Fremdkapital der Grund für die Pleiten ist. Mittlerweile habe ich von zwei Quellen erfahren, dass es Bußgeldbescheide vom Bundesamt für Justiz waren. Halten Sie sich fest: Für jede der drei Schwester-Emittentinnen wurde wegen einer verschleppten Veröffentlichung der 2020er-Jahresabschlüsse angeblich eine Rechnung über 250.000 Euro verschickt. Bei zwei der drei Minigesellschaften mit jeweils nur gut einer Million Euro gezeichnetem Kapital war dafür nicht genug Geld in der Kasse. Für die ebenfalls längst überfälligen Bilanzen zum Jahr 2021 stehen mutmaßlich angedrohte Strafen von jeweils 750.000 Euro im Raum. Irgendwie kann und will ich das nicht glauben. Zum Zweck des Schutzes von AnlegerInnen wurden wichtige Transparenzvorschriften eingeführt. Im Vermögensanlagengesetz sind gemäß Paragraph 30 Absatz 2 bei Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften Bußgelder von bis zu 50.000 Euro vorgesehen. In der Praxis werden nun viel höhere Strafzahlungen festgelegt, die aber AnlegerInnen bezahlen müssen. Dabei müssten doch die verantwortlichen Geschäftsführer zur rechtzeitigen Veröffentlichung der Ergebnisse motiviert werden (bei Steiner meine ich nicht den erst seit wenigen Monaten eingesetzten neuen Chef, der mittlerweile auch die Zahlen für 2020 veröffentlichte).

Bleiben Sie standhaft.

Ihr
Stefan Loipfinger

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