Boykottaufrufe gegen das Sachwerte-Kolloquium

3/2023: Wöchentlicher Kommentar von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
seit im Dezember letzten Jahres mein für die Verbraucherzentralen erstelltes Gutachten [mehr] zu den Systemproblemen von Vermögensanlagen veröffentlicht wurde, nehmen manche meine Anrufe nicht mehr an oder rufen sogar zum Boykott auf. So wird zum Beispiel das auf den 28. Februar 2023 terminierte Sachwerte-Kolloquium massiv torpediert. Bei manchen Referenten tauchten plötzlich Terminkollisionen auf, angemeldete Teilnehmer sagen wieder ab. Andererseits sind schon jetzt mit fast 50 Personen mehr Anmeldungen da als sonst um diese Zeit. Andy Wanschka, Markus Gotzi und ich freuen uns schon darauf, mit dem seriösen Teil der Branche über neue Entwicklungen zu diskutieren.

Ein Thema wird natürlich sein, wie der Schutz von AnlegerInnen verbessert werden kann. Nehmen wir die aktuellen Vorgänge bei Leonidas als Beispiel dafür, wie wichtig das ist: Weil die AnlegerInnen mit der Arbeit der HTB nicht zufrieden sind, haben sie Abstimmungen über eine zweite Komplementärin bei den Fonds durchgeführt. Über 80 und teilweise sogar über 90 Prozent waren dafür. HTB streubt sich nun, dieses eindeutige Votum umzusetzen. Sie verweigert als Komplementärin die Zustimmung, was für mich ein Boykott eines klaren Auftrages darstellt. AnlegerInnen und auch FinanzvermittlerInnen sollten umgekehrt deshalb einmal darüber nachdenken, ob sie die Zweitmarktfonds von HTB boykottieren.

Mehr Anmeldungen trotz Boykottaufruf
Bild: Sachwerte-Kolloquium Homepage
Mehr Anmeldungen trotz Boykottaufruf

Auch bei einigen Crowd-Plattform sind Boykottüberlegungen angebracht. Bei dagobertinvest haben AnlegerInnen nun massenhaft Abmahnungen von einem österreichischen Anwalt erhalten. Hintergrund ist die Vollmachterteilung für einen „Dagobert-Anwalt“, damit dieser bei einem säumigen Schuldner aktiv wird. Das klingt erst einmal gut, hat nur leider insofern Konsequenzen, weil die Gegenseite eine Unterlassungserklärung und 572 Euro von AnlegerInnen fordert. Im Forum Investmentcheck.community sind zahlreiche Betroffene entsetzt, dass sie über offenbar in ihrem Namen erfolgte Aktivitäten nicht unterrichtet wurden und nun auch von dagobert keine konkreten Informationen zu den Vorgängen erhalten. Bei Anfragen heißt es nur, man möchte die Vorgänge „effizient gestalten“ und beantwortet deshalb keine „speziellen rechtlichen Fragen“. Die Liste der mir bekannten AnlegerInnen, die „Nie-mehr-dagobertinvest“ rufen, ist wieder länger geworden.

Kopf hoch.

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Bei dem letzte Woche hier erwähnten Funding „Atelier-Wohnungen an der Burg II von Engel & Völkers Digital Invest habe ich zwischenzeitlich die Info, dass sowohl Zahlungsunfähigkeit als auch Überschuldung vorlag. Da bei einer Überschuldung die qualifiziert nachrangigen Darlehen der CrowdinvestorInnen nicht einbezogen werden, lassen diese nun Schadensersatzansprüche prüfen. Denn aus der Masse sind angesichts der hohen Überschuldung wohl keine Rückzahlungen zu erwarten.

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