Strukturelle Defizite des Vermögensanlagengesetzes

Investmentcheck-News KW 49/2022 – Editorial von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
manche meinten schon scherzhaft, ob ich mit dem Gutachten zur „Bewertung aktueller Investments auf dem Grauen Kapitalmarkt“ eine Doktorarbeit abliefern wollte. 331 Seiten und 676 Fußnoten würden stark dafürsprechen. Plagiatsvorwürfe müsste ich wohl auch nicht befürchten, da es nicht viele Möglichkeiten zum „Abschreiben“ gab. Aber nein, es gibt keinen Doktorvater und keine Doktormutter. Ich wollte einfach nur die zehn größten Anbieter von Vermögensanlagen (Zeitraum 2015 bis 2020) auf Herz und Nieren testen. Daraus abgeleitet habe ich dann die strukturellen Defizite des Vermögensanlagengesetzes im Hinblick auf den Schutz von AnlegerInnen. 34 Versionen in zehn Jahren Vermögensanlagengesetz reichen längst nicht aus, um die diesbezüglich immer wieder formulierten Ziele der Politik zu erreichen.

Auftraggeber des Gutachtens war der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., gefördert durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Hintergrund ist der von der Ampel-Regierung vor einem Jahr geschlossene Koalitionsvertrag, in dem ein Auftrag für die Finanzaufsicht formuliert wurde: „Wir werden die BaFin beauftragen, Regulierungslücken im Grauen Kapitalmarkt zu identifizieren.“ Stoff dafür gibt das Gutachten mehr als genügend. Ein dutzend Erkenntnisse habe ich extrahiert und der vzbv hat daraus als Forderung an den Gesetzgeber ein Verbot des aktiven Vertriebes abgeleitet. Nur noch selbstbestimmte und aufgeklärte AnlegerInnen sollen Zugang zu solchen Produkten haben.

Zwölf Erkenntnisse zum Grauen Kapitalmarkt
Zwölf Erkenntnisse zum Grauen Kapitalmarkt
Bild: Erstellt von investmentcheck.de

Angesichts der Förderung durch das Verbraucherministerium wurde das gesamte Gutachten veröffentlicht (zum Gutachten). Manchen wird also nicht nur die politische Forderung des vzbv nicht gefallen. Auch meine Feststellungen zu den zehn Anbietern kann Jeder im Detail nachlesen. Ich bin gespannt, ob einer der Anbieter versucht, rechtlich dagegen vorzugehen. Aber mit dem vzbv und dem Verbraucherministerium im Rücken fühle ich mich gut aufgestellt. Vermutlich würde ein professioneller PR-Berater hier eher zum Dialog als zum Frontalangriff raten.

Einen frohen 3. Advent wünscht Ihnen

Ihr
Stefan Loipfinger

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