Fragwürdige Experten für Finanzen und Energie

Investmentcheck-News KW 46/2022 – Editorial von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
frustrierend, was derzeit alles auf meinem Tisch landet. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Johannes Bender vertritt eine ganze Reihe geschädigter AnlegerInnen bei der EuroConcept: Kleiner zweistelliger Millionenbetrag, Insolvenzen, Geld weg – tägliches doing. Trauriger Nebenaspekt ist die Plattform finanzen.de, die angeblich geeignete Finanzberater vermittelt. Tatsächlich geht es aber um den Verkauf von Leads. EuroConcept kaufte gerne ein und die Kunden glaubten bei einem seriösen Finanzberater gelandet zu sein. Ein perfides Geschäftsmodell einer damals zur Allianz und heute zu Clark gehörenden Plattform, die einen schon damals mehrfach wegen Betrügereien Verurteilten zum empfehlenswerten Finanzexperten machte.

Bei Luana geht es um Energieexperten. Diese haben ihren AnlegerInnen des Fonds Deutschland 3 mitgeteilt, dass die Mehrheit sich für einen Verkauf der Blockheizkraftwerke an eine Luana-Tochter ausgesprochen haben. Kleiner zweistelliger Millionenbetrag, intransparente Beschlussvorlage, erhebliche Kapitalverluste – tägliches doing. Die versteckte „Drohung“, dass ein Insolvenzverwalter alle bisher bezahlten Ausschüttungen zurückfordern könnte, hat wohl gewirkt. Im Anlegerforum investmentcheck.community denken AnlegerInnen darüber nach, rechtliche Schritte einzuleiten.

Bild: Screenshot Homepage Luana AG
Bild: Screenshot Homepage Luana AG

Nur das mit dem Recht bekommen ist so eine Sache. Ich war diese Woche in München bei Gericht. Es sollte ein Zeuge einvernommen werden, der bei P&R im Marketing tätig war. Die Anwälte des Wirtschaftsprüfers hatten offenbar große Angst davor, dass dieser über die enorme Bedeutung der Wirtschaftsprüfertestate im Vertrieb aufklärt. Juristisch gesprochen ging es um die Kausalität der Testate für die Kaufentscheidung einzelner AnlegerInnen. Doch zu einer Aufklärung kam es nicht, weil die Anwälte des Wirtschaftsprüfers damit „drohten“, dem Zeugen den Streit zu verkünden. Sogar eine Strafanzeige wurde in den Raum gestellt, weil der Mitarbeiter auf Anweisung der Geschäftsführung auch bei der Verfassung der Lageberichte in den Jahresabschlüssen mitwirkte. Wenn nur irgendetwas, was er sagen würde dazu beitrage, dass diese als falsch zu bezeichnen wären, dann wäre auch er mitverantwortlich. Die Belehrung eskalierte regelrecht, die Richterin wurde irgendwann sogar laut und schrie förmlich, dass man hier nicht im Gerichtssaal von Barbara Salesch sei (eine Gerichtsshow) und der Zeuge verweigerte zum Schluss seine Aussage. Mein Eindruck: Die Richterin hatte Null Interesse an der Wahrheit, sondern wollte nur mögliche Verfahrensfehler vermeiden und den Beweisantrag der Klägerseite nicht einfach so vom Tisch wischen.

Bleiben Sie standhaft

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Save the Date: Am 28. Februar 2023 findet das Sachwerte-Kolloquium 2023 statt. Dieses ist als akkreditierte Weiterbildungsmaßnahme von der Europäischen Akademie für Finanzplanung EAFP ausgewiesen. Für Frühbucher gibt es einen Rabatt auf den Teilnahmepreis: Anmeldeformular

P.P.S.: Quasi nach Redaktionsschluss erreichte mich noch die Nachricht, dass der Insolvenzverwalter Rüdiger Weiß bei der Deutschen Lichtmiete AG dem Gericht Masseunzulänglichkeit anzeigte. Ich kann mir nur wünschen, dass hoffentlich irgendwann auch gerichtlich geklärt wird, welche Schuld der Insolvenzverwalter an dem Chaos trägt, das dort offenbar mittlerweile vorherrscht.

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