Solvium’sche Black-Box und UDI’sche Hintergedanken

Investmentcheck-News KW 25/2022 – Editorial von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
als meine LeserInnen kennen Sie alle den Anlageskandal um den Containeranbieter P&R. Aber kennen Sie auch Solvium? Dieser deutlich kleinere Anbieter hat gut 400 Millionen Euro Anlegerkapital gesammelt und rühmt sich einer tadellosen Leistungsbilanz. Dabei wird geflissentlich übersehen, dass es eine deutliche Nähe zum Kapitalvernichter ConRendit gibt. Vermutlich nicht bewusst dürfte den Solvium-Investoren außerdem sein, wie weit bei einigen Angeboten die tatsächliche bilanzielle Überschuldung die Planwerte übersteigt. Oder wer weiß schon, dass die Emittentengesellschaften statt Container zu kaufen auch Geld an andere Solvium-Unternehmen verleihen. In einer sehr umfangreichen Expertise habe ich noch viele weitere Problemfelder zusammengetragen.

Als ich Solvium mit einigen Fragen konfrontierte, kam eine ziemlich emotionale Antwort zurück. Meine Fragen offenbarten einen Grad an Ahnungslosigkeit, der nur erklärbar wäre, wenn ich keinen Prospekt der Vergangenheit gelesen hätte. Stimmt nicht, kann ich nur zurückrufen. Ich habe alte und auch den neuen Prospekt sehr genau gelesen. Aber offenbar bin ich wirklich zu doof, um zu verstehen, was der Gesetzgeber letztes Jahr mit dem Anlegerschutzstärkungsgesetz erreichen wollte. Als Sachverständiger im Finanzausschuss habe ich zwar den Willen des Gesetzgebers hautnah erlebt, aber offenbar völlig missverstanden, was ein Blind-Pool im Sinne des neuen Verbots sein soll. Solvium findet, dass es reicht zu definieren, wie viel Prozent des Anlegerkapitals in welche Containertypen mit welchem Alter fließt. Der Kaufpreis und die Miete wären nicht wichtig, damit ein Investitionsgut „konkret bestimmt ist“. Ich kann ja mal hier in die Runde Fragen, wer meinen 10 Jahre alten VW kaufen möchte. Den Kaufpreis trage ich dann in den Vertrag nachträglich ein. Der ist doch nicht wichtig, oder?

Briefkasten in der früheren Firmenzentrale in Hamburg
Briefkasten in der früheren Firmenzentrale in Hamburg
Bild: Stefan Loipfinger

Vielleicht sollte ich für mein Auto einen Aushang bei der BaFin am Schwarzen Brett machen. Denn offenbar sieht das auch die Finanzaufsicht so und hat den Solvium Logistik Opportunitäten Nr. 4 nicht unter die gemäß Paragraph 5b Vermögensanlagengesetz verbotenen Blind-Pool-Angebote gepackt.

Und wenn ich hier schon so offen über meine „Begriffsstutzigkeit“ schreibe, möchte ich noch ein Erlebnis zu UDI teilen. Bei drei Emittenten hat die UDI GmbH nun Anlegeranwälte empfohlen. Was ich nicht verstehe: Warum sollte UDI, als für nun schon fast unzählige Insolvenzen verantwortlicher Anbieter, Anlegeranwälte empfehlen? Damit diese viele Mandaten bekommen, die später UDI verklagen? Wie naiv müsste ich wohl sein, wenn ich bei der Aktion keine anlegerschädigenden Hintergedanken vermute. Die IG-UDI hat meines Erachtens zu Recht angekündigt, die Fälle an die Rechtsanwaltskammer zu melden. Die Unsitten beim Mandantenfang nehmen immer fragwürdigere Formen an. Oder übersehe ich hier etwas? Vielleicht sollte ich Solvium fragen, ob sie nicht ihren Kunden mein Anlegerforum Investmentcheck.Community empfehlen wollen.

Handeln Sie überlegt.

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Finanztest hat in der aktuellen Ausgabe auch eine sehr lesenswerte Geschichte zu Solvium veröffentlicht: Riskante Kiste


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