Wunder gibt es immer wieder

Investmentcheck-News KW 22/2022 – Editorial von Stefan Loipfinger

Liebe Leserinnen und Leser,
stellen Sie sich vor, Sie haben 2013 in Immobilien investiert, zum Teil ihr Portfolio schon verkauft und die Restveräußerung läuft nun. Wie viel haben Sie wohl verdient? Vermutlich antworten Sie, dass dies von der Art der Immobilien, den gewählten Standorten und dem getätigten Finanzierungshebel abhängt. Wir würden wohl trefflich über die vermutliche Höhe des Gewinns diskutieren. Wenn ich Ihnen nun aber sage, dass es sich um den BaFin-überwachten Anbieter Publity und dessen Perfomance-Fonds Nummer 6 handelt, dann reden wir über einen zu erwartenden Verlust. Gut, er wird nicht hoch ausfallen, aber wie dilettantisch war ein angeblich super vernetzter Profiinvestor, wenn er für Anleger in dieser sensationell tollen Marktphase statt 148 Prozent Rückzahlung nicht einmal die Einlage schafft? Oder war der Misserfolg vielleicht sogar vorprogrammiert, was die Rolle der BaFin stärker in den Vordergrund rücken würde. Ich behaupte, es war eine Blamage mit Ansage. Die Gebührenstruktur der Publity-Fonds war aus Anlegersicht eine Katastrophe. Beim Nachfolgerfonds Nummer 7 habe ich in meinem Buch „Achtung, Anlegerfallen!“ vorgerechnet, dass vor allen Kosten 30 Prozent Rendite erzielt werden müssen, damit nach allen Kosten sieben Prozent vor Steuern bei den AnlegerInnen ankommen. Das konnte ich nachrechnen, weil damals eine nachvollziehbare Prognoserechnung im Verkaufsprospekt war. Danach hat Publity und fast die ganze Branche mit Zustimmung der Finanzaufsicht solche Rechenwerke in den Prospekten abgeschafft.

Bevor ich nun zu sehr in Allgemeinplätze abgleite, will ich noch von einem kleinen Wunder berichten. Stefan Keller hat in seiner Zeit als UDI-Chef über Luxemburg die Schuldverschreibung „Munich Boarding M 41“ aufgelegt. Am 20. Mai wäre die Rückzahlung fällig gewesen. Nichts passierte, was ich so erwartete. Tage nach der Nichtrückzahlung hat er nun aber die AnlegerInnen angeschrieben und ihnen mitgeteilt, dass er am 15. Juni zahlen möchte. Wer den Newsletter schon länger liest, der versteht sehr gut, warum ich die vollständige Rückzahlung eines UDI-Produkts als Wunder bezeichne.

Bild: Screenshot von der SKAPA Invest Homepage
Bild: Screenshot von der SKAPA Invest Homepage

Ähnliches gilt für die Mitteilung von ThomasLloyd, wonach im zweiten Halbjahr die seit 2020 weitgehend ausgefallenen Ausschüttungen vollständig nachgeholt werden sollen. Es wäre ein Wunder, wenn ThomasLloyd mit den Investments tatsächlich so viel Geld verdiente, dass dies aus Erträgen möglich ist. Oder wird wieder vor allem Anlegerkapital zurückbezahlt und eine Verzinsung nur vorgegaukelt? Leider kann ich das nicht im Ansatz nachvollziehen, da die ThomasLloyd Cleantech Infrastructure Holding noch keinen Jahresabschluss 2020 im Bundesanzeiger veröffentlichte. Vielleicht sind zwei Wunder in einer Woche auch zu viel verlangt.

Bleiben Sie zuversichtlich.

Ihr
Stefan Loipfinger

P.S.: Nächste Woche am Mittwoch beginnen die Leonidas-Gesellschafterversammlungen. Am ersten Tag werde ich live im internen Bereich des Anlegerforums berichten. Jemand mit Galgenhumor meinte, ich sollte mir Popcorn mitnehmen. Es wird sehr spannend und es sei nicht sicher, ob es ein Drama oder einen Thriller mit Happy End gibt.


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