Ein unterschätzter Skandal

Tausende AnlegerInnen bei BC Connect geschädigt

Über 10.000 AnlegerInnen haben einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag bei der sächsischen BC Connect investiert. Ein Großteil des Geldes dürfte verloren sein, weshalb auch die Staatsanwaltschaft Chemnitz gegen vier Beschuldigte wegen des Verdachts auf Betrug und Geldwäsche ermittelt. Die BaFin ist ebenfalls bereits aktiv und hat eine Warnung wegen vermutlich erlaubnispflichtiger Geschäfte ohne Erlaubnis ausgesprochen. Jetzt muss der als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt Frank-Rüdiger Scheffler die Scherben aufkehren.

Geschäftsmodell. Die Investmentstory der BC Connect GmbH klingt märchenhaft: „Mit ihrer Hilfe kaufen wir Bulk-Verträge mit erheblichem Mengenrabatt von den Mobilfunkanbietern, schnüren aus den Großpaketen kleinere, maßgeschneiderte Vertragseinheiten, die wir dann an Firmen, Behörden und Institutionen weiterverkaufen.“ In einem Schulungsvideo wird das konkreter vorgestellt: Damit die Deutsche Telekom Marktanteile bei Handyverträgen hinzugewinnt, würde sie angeblich Handyverträge der BC Connect mit 10 Euro pro Monat bezuschussen. Bei einem 2-Jahresvertrag wären das 240 Euro Provision. Zur Vorfinanzierung dieses Anspruchs wurde AnlegerInnen angeboten ab 1.000 Euro Geld zu investieren, das dann 90 Tage später mit 63 Prozent Gewinn zurückbezahlt wird. Aus 1.000 Euro sollten also in drei Monaten 1.630 Euro werden. Weitere drei Monate später wären es rechnerisch schon 2.650 und nach einem Jahr dann über 7.000 Euro. Rechtlich verpackt hat die BC Connect das Ganze als Nachrangdarlehen, das die AnlegerInnen dem Unternehmen zur Verfügung stellten. Über 10.000 AnlegerInnen hat das überzeugt, wie die Staatsanwaltschaft Chemnitz auf Nachfrage von Investmentcheck bestätigte.

Name-Dropping gehörte offenbar zum skrupellosen Geschäft der BC Connect
Rund 50 Millionen Euro Anlegerkapital wurden mit fragwürdigen Gewinnversprechen gesammelt und dürften weitgehend verloren sein.
Bild: Screenshot aus einem internen Schulungsvideo

Staatsanwaltschaft. Gegen insgesamt vier Personen ermittelt die Staatsanwaltschaft Chemnitz wegen des Verdachts auf Betrug beziehungsweise Geldwäsche. Dazu fanden bereits vor ein paar Wochen Durchsuchungen „in den Wohnräumen der vier Beschuldigten, den Geschäftsräumen der bc connect (Ebmath), der Ainova Just Fit GmbH (Wilkau-Haßlau) und der Trinom Bau Invest (Bielefeld und Dresden) statt“. Das bestätigte die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz. Weiterhin wurde ein Beschuldigter aufgrund eines Haftbefehls in Untersuchungshaft genommen. Zwischenzeitlich ist der Haftbefehl allerdings gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt worden. Hinsichtlich des Schadens geht die Staatsanwaltschaft von mehr als 10.000 betroffenen AnlegerInnen aus, die einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag investierten. Ein Totalverlust der Einlagen ist zum Glück nicht zu befürchten, da im Rahmen der Hausdurchsuchungen Kontoguthaben und viel Bargeld in Höhe von insgesamt 9,75 Millionen Euro beschlagnahmt beziehungsweise arrestiert wurden. Zwei der Beschuldigten haben auf eine Anfrage von Investmentcheck reagiert und ihre Unschuld beteuert. In einem Fall sehe man sich selbst als Geschädigter, hat aber trotz gewährter Fristverlängerung dafür keine Unterlagen beigebracht.

BaFin. Im Oktober dieses Jahres hat die Finanzaufsicht eine Warnmeldung veröffentlicht, wonach sie wegen des Betreibens erlaubnispflichtiger Geschäfte ermittelt: „Die von der bc connect GmbH angebotenen Verträge rechtfertigen die Annahme, dass das Unternehmen in Deutschland unerlaubt Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt.“ Weder für das eine noch für das andere liege eine entsprechende Erlaubnis vor: „Die BaFin stellt gemäß § 37 Absatz 4 Kreditwesengesetz (KWG) klar, dass die bc connect GmbH, Eichigt, keine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder Erbringen von Finanzdienstleistungen besitzt. Das Unternehmen wird nicht von der BaFin beaufsichtigt.“

Insolvenzantrag. Fast zeitgleich mit der BaFin-Warnung hat das Amtsgericht Chemnitz ein Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Frank-Rüdiger Scheffler von der Kanzlei Tiefenbacher zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt (Aktenzeichen 314 IN 1922/21). Eine offizielle Stellungnahme der Kanzlei war auf Anfrage nicht zu erhalten.

Rechtsmeinung. Bei der organischen Internetsuche zur BC Connect taucht Rechtsanwältin Corinna Ruppel von der Kanzlei CDR-Legal weit vorne auf. Sie hat in den letzten Wochen weit mehr als 100 Anlegeranfragen beantwortet. Von wenigen Tausend bis zu einer Million Euro war alles vertreten. Eine der zentralen Fragen für die Betroffenen ist die Nachrangklausel, die Forderungsanmeldungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhindern könnte: „Aus meiner Sicht ist die Nachrangklausel aber unwirksam. Dies angenommen, würden Anleger gleichberechtigt mit anderen Gläubigern an der Verteilung der Masse partizipieren. Bleibt abzuwarten, wie sich der Insolvenzverwalter zur Gültigkeit der Nachrangklausel stellt.” Darüber hinaus sieht sie wegen dem offensichtlichen Schneeballsystem die Gefahr von möglichen Rückzahlungen erhaltener Auszahlungen: „Anleger müssen eventuell die innerhalb von vier Jahren vor Insolvenzeröffnung erhaltenen Zahlungen aus dem Schneeballsystem wieder an das insolvente Unternehmen zurückzahlen. Aufgrund der kurzfristigen Verträge bei der bc Connect könnten hiervon viele Anleger betroffen sein. Die Abwehr von Anfechtungsansprüche ist limitiert und beschränkt sich meistens nur auf den Einwand der Entreicherung.”

Loipfinger’s Meinung. Es mag für jeden vernünftig denkenden Menschen völlig verrückt klingen, wenn 63 Prozent Gewinn in 90 Tagen angeboten werden. Aber offenbar haben trotzdem mehr als 10.000 AnlegerInnen der BC Connect vertraut und ihr zum Teil riesige Beträge überwiesen. Erstaunlich ist auch, wie explosionsartig das Wachstum vonstattenging, da das Volumen in Form von Nachrangdarlehen überwiegend in 2021 akquiriert wurde. Die den Kunden zur Unterschrift präsentierte Nachrangklausel ist selbst für einen Nichtjuristen leicht in Frage zu stellen, weshalb die BaFin hoffentlich noch eine Abwicklungsanordnung erlässt oder der Insolvenzverwalter die Forderungen zur Tabelle zulässt. Mit Frank-Rüdiger Scheffler ist zwar ein erfahrener, aber nicht für Transparenz bekannter Verwalter vorläufig bestellt. Sehr spannend dürfte angesichts des wohl vorliegenden Schneeballsystems auch werden, wie er mit Insolvenzanfechtungen umgeht. Wie bei solchen Systemen nicht unüblich sind vermutlich Millionenbeträge zurückgeflossen, um eine vermeintliche Seriosität des Geschäftsmodells vorzutäuschen. Und ganz am Rande wäre auch noch die Frage spannend, wie man tausenden KleinanlegerInnen Nachrangdarlehen ohne Verkaufsprospekt aufschwatzen darf. Dazu hat die Finanzaufsicht – zumindest bisher – nichts gesagt.

Service. Wenn Sie über BC Connect mit anderen AnlegerInnen diskutieren wollen, dann können Sie sich gerne im Forum Investmentcheck.Community eintragen. Die Registrierung ist kostenlos und kann Ihnen weitere Erkenntnisse für Ihre Anlageentscheidungen liefern. Sofern Sie regelmäßig an Informationen von investmentcheck.de interessiert sind, können Sie sich hier für den kostenlosen Newsletter eintragen. Sie erhalten dann wöchentlich eine entsprechende Mail.

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