Stimmengemauschel bei UDI

Rainer Langnickel will Gläubigerversammlungen dominieren

Der neue UDI-Chef Rainer Langnickel versucht geschädigte UDI-AnlegerInnen mit fragwürdigen Argumenten zur Übertragung ihrer Stimmrechte auf den Gläubigerversammlungen zu bewegen. Anja Kröninger, die Sprecherin der UDI-Interessensgemeinschaft ist über dieses Vorgehen absolut entsetzt. Investmentcheck hat deshalb den Rechtsanwalt Marc Gericke von der Kanzlei Göddecke dazu befragt. Er rät ebenfalls zur Vorsicht.

Investmentcheck: Herr Gericke, vermutlich werden Sie auch am 5. und 12. November in Leipzig sein, um dort für Ihre geschädigten UDI-AnlegerInnen die Stimmrechte auf den Gläubigerversammlungen auszuüben. Dort werden Sie nun auch einen Rechtsanwalt Dr. Christoph Freiherr von Hutten treffen, für den der UDI-Chef Rainer Langnickel nun aktiv Stimmrechte einsammelt. Bevor wir darauf im Detail eingehen: Wie war Ihr erstes Gefühl, als Sie von den Vollmachtsanforderungen durch die U20 Prevent gehört haben?
Gericke: Als erstes dachte ich: „Um Gottes Willen, bloß nicht!“ Ohne die Zusammenhänge zu kennen, sollte man als Anleger diese Vollmacht auf keinen Fall unterzeichnen.

Rechtsanwalt Marc Gericke von der Kanzlei Göddecke
Fachanwalt Marc Gericke ist entsetzt von der UDI-Aktion zum Einsammeln von Gläubigerstimmten
Bild: Hartmut Göddecke

Beginnen wir mal mit den Hintergründen dazu: Im Frühjahr hat Herr Langnickel den UDI-AnlegerInnen einen „Schuldenschnitt“ verkauft, auf den sich rund 40 Prozent eingelassen haben. In Wirklichkeit war dieser Schuldenschnitt nur ein Verkauf der Forderungen an eine neu gegründete Langnickel-Gesellschaft. Wenn man unterstellt, dass diese Forderungsverkäufe gültig wären, dann hätte die U20 Prevent doch schon die Stimmrechte. Warum müssen die AnlegerInnen nun überhaupt zusätzlich Vollmachten erteilen?
Der Insolvenzverwalter hat die AnlegerInnen mit abgetretenen Forderungen nun ebenfalls zur Forderungsanmeldung aufgefordert. Aus dieser Gläubigerstellung folgt grundsätzlich auch ein Stimmrecht auf der für AnlegerInnen so wichtigen Gläubigerversammlung. Die Frage, ob die Forderungsabtretungen aber wirksam sind oder nicht, wird vermutlich in den nächsten Jahren gerichtlich zu klären sein. Die U 20 Prevent versucht sich auf diese Weise Einfluss in der Gläubigerversammlung zu verschaffen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass in einer solchen Gläubigerversammlung auch wieder die Insolvenz in Eigenverwaltung beschlossen werden könnte, ist klar, dass die U 20 Prevent ein massives Eigeninteresse am Verlauf der Gläubigerversammlung hat. Das deckt sich nach meiner Auffassung aber nicht mit den Interessen der AnlegerInnen.

Der Insolvenzverwalter Dr. Jürgen Wallner hat in seinen Gutachten anlässlich der Insolvenzeröffnungen geschrieben, dass die UDI-AnlegerInnen sich mit der Unterzeichnung der Vereinbarung schlechter stellten als diejenigen, die Langnickel nicht vertrauten. Sehen Sie das auch so?
Hier gehen die Meinungen auseinander. Wir haben diese Auffassung bereits im Frühjahr dieses Jahres vertreten und auch die BaFin hat ja ausdrücklich vor der Unterzeichnung ohne anwaltlichen Rat gewarnt. Ich habe auch versucht, die Argumentation, die Anleger stehen mit der Abtretung besser, als ohne, nachzuvollziehen und habe auch nach Belegen und Zahlen gefragt. Bekommen haben wir nichts.
Fakt ist, dass die Anleger, die die Abtretungsvereinbarung unterzeichnet haben, dann in jedem Falle schlechtere Karten im Insolvenzverfahren haben, wenn diese wirksam und nicht nichtig ist. Die Tatsache, dass der Insolvenzverwalter diese Auffassung nun in seinem Gutachten ebenfalls teilt, zeigt wie Recht wir hatten.

Kommen wir zu dem aktuell von der U20 Prevent verschickten Schreiben. Dort führt Rainer Langnickel aus, die Stimmen der sein Angebot annehmenden AnlegerInnen wären verloren, wenn sie dem Anwalt von ihm keine Vollmacht erteilen würden. Das begründet er wiederum damit, dass der Insolvenzverwalter die direkt von den AnlegerInnen angemeldeten Forderungen bestreiten würde und sie deshalb kein Stimmrecht hätten. Wie kann denn ein angeblich bei den AnlegerInnen selbst nicht vorhandenes Stimmrecht auf einen Anwalt übertragen werden?
Genau dieser Widerspruch aus dem aktuellen U20 Prevent-Schreiben erschließt sich mir auch nicht. Meines Erachtens ist es nicht möglich, durch eine Vollmachtserteilung aus einem nicht oder nur teilweise bestehenden Stimmrecht ein volles Stimmrecht zu machen. Das wäre eine klassische Umgehung.
Ich formuliere es mal so: Welche Interessen der von der U 20 Prevent benannte Anwalt wirklich verfolgt, liegt vollkommen im Dunkeln. Die Argumentation, dass die Stimmrechte sonst „nicht vertreten“ wären, ist auch falsch. Das entscheidet in der letzten Instanz der Rechtspfleger oder der Insolvenzrichter. Möglicherwiese will man seitens der U 20 Prevent diese Entscheidung vermeiden.
Es erschließt sich mir auch nicht, warum AnlegerInnen einem Anwalt, den sie nicht kennen, bevollmächtigen sollen. Sie wissen doch überhaupt nicht, in welche Richtung er abstimmt und ob er wirklich ihre Interessen vertritt. Vielleicht sollten die Anleger den vorgeschlagen Anwalt einfach mal anrufen und ihn danach fragen, was er vorhat. Also zumindest wir sagen unseren Mandanten vorher, wofür wir stimmen und vor allem warum.

Weiterhin führt Langnickel aus, dass die AnlegerInnen durch Unterzeichnung der Forderungsabtretungen verpflichtet wären eine Übertragung der Stimmrechte per Vollmacht vorzunehmen. Dürfen denn AnlegerInnen, die der Insolvenzverwalter offiziell zum Anmelden Ihrer Forderung aufgefordert hat, nicht selbst auf die Gläubigerversammlungen gehen oder einen Anwalt ihres Vertrauens beauftragen?

Die Position der AnlegerInnen, die ihre Forderungen abgetreten haben, ist zumindest so stabil, dass der Insolvenzverwalter sie zur Anmeldung aufgefordert hat. Ob die Forderung dann letztlich – von wem auch immer – bestritten werden, ist eine ganz andere Frage. Niemand kann den AnlegerInnen verbieten, nach seiner beziehungsweise ihrer Auffassung bestehende und auch offensichtlich vom Insolvenzverwalter so gesehene Rechte in der Gläubigerversammlung durchzusetzen. Wenn die U 20 Prevent jetzt Probleme mit den Stimmrechten bekommt, dann hätte man einfach bessere und vor allem wirksame Vereinbarungen mit den Anlegern treffen müssen. AnlegerInnen sollten daher selbst die Stimmrechte wahrnehmen oder von jemandem wahrnehmen lassen, der vorher sagt, wofür er stimmt.

Rainer Langnickel ist als Geschäftsführer verschiedener Projektgesellschaften, bei denen das Anlegerkapital durch überwiegend erfolglose Investments vernichtet wurde, der größte Schuldner bei den insolventen Emittentengesellschaften. Jetzt will er als Gläubiger auf den anstehenden Versammlungen offenbar auch noch Entscheidungen beeinflussen. Ist das nicht ein Interessenskonflikt?
Diesen Konflikt sehe ich durchaus und genau deshalb sollten die AnlegerInnen die Vollmacht auch nicht so einfach erteilen. Hier kommen aber nach unserer Auffassung verschiedene Aspekte zusammen, aus denen man durchaus eine Interessenkollision ableiten könnte. Auch das wird letztlich unter Umständen das Insolvenzgericht entscheiden.

Was würden Sie den AnlegerInnen empfehlen, die nun mit diesem Schreiben der U20 Prevent aufgefordert werden, eine Vollmacht an den Rechtsanwalt Dr. Christoph Freiherr von Hutten zu erteilen?
Information ist letztlich alles. AnlegerInnen sollten den Kollegen anrufen und ihn fragen, wie er zu den einzelnen Abstimmungspunkten in der Gläubigerversammlung steht, wie er stimmen wird und vor allem warum. Wenn man dann keine befriedigenden Antworten bekommt, sollte man sich ernsthaft fragen, wessen Interessen er tatsächlich vertritt und im Zweifel die Vollmacht nicht erteilen oder ganz klare Anweisungen geben, wie der Anwalt stimmen soll. Von einem „Blindflug“ rate ich bei dieser Konstellation dringend ab.

Wenn jemand eine Vollmacht erteilt, dann ist es natürlich interessant, welche Kosten den AnlegerInnen dadurch entstehen?
Wir arbeiten mit Gebührenpauschalen, die den Aufwand abdecken. Bei Anwälten, die die Vertretung kostenlos anbieten sollte man immer hinterfragen, wer den Anwalt bezahlt und warum. Es gilt hier das alte Sprichwort, wer die Musik bezahlt, bestimmt die Melodie. Wenn der von der U 20 Prevent vorgeschlagene Anwalt nicht von den Anlegern bezahlt wird, wer bestimmt dann dessen Melodie?

Herr Gericke, ich bedanke mich für dieses Gespräch und wünsche Ihnen und den vielen geschädigten AnlegerInnen, dass das fragwürdigte Vorgehen von UDI am Ende erfolglos bleibt.

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