Zahlreiche Insolvenzeröffnungen bei UDI

Erfolgreiche Gegenwehr für geplante Eigenverwaltung

UDI-Chef Rainer Langnickel hat ursprünglich versucht zahlreiche Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchzuführen. Er wäre so Geschäftsführer geblieben. Bei den nun aber angeordneten Regelverfahren hat der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jürgen Wallner das Sagen. Insolvenzforderungen sind bis zum 5. Beziehungsweise 12. Oktober beim Insolvenzverwalter anzumelden. Die Termine für die Gläubigerversammlungen sind auf den 5. beziehungsweise 12. November terminiert.

Insolvenzeröffnungen. Am 1. September hat das Amtsgericht Leipzig bei fünf UDI-Gesellschaften die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verkündet. Dabei handelt es sich um die UDI Energie Festzinsprodukte mit den Nummer II, IV, VII, VIII und IX. Bei den Emittenten mit den Nummern III, V und VI sind die Insolvenzeröffnungen heute bekannt gemacht worden. UDI selbst hat die Insolvenzeröffnung in einer Pressemitteilung mit der Überschrift „Sanierung der UDI Gruppe schreitet voran“ kommentiert. Man hätte „wichtige Sanierungsziele im vorläufigen Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung erreicht“. Langnickel selbst erklärt darin, er habe mit der Eröffnung der Insolvenzverfahren den Antrag auf Eigenverwaltung zurückgenommen. So könne er sich nun „dem Ziel widmen, bei weiteren UDI-Emittentinnen von Nachrangdarlehen eine wirtschaftlich für Anleger und Gläubiger vorteilhaftere außergerichtliche Sanierung anzubieten.“

Firmenschild vor der UDI-Zentrale in Nürnberg
Grüne Versprechen wurden bei UDI zu tiefroten Zahlen
Bild: Stefan Loipfinger

Forderungsanmeldung. Für die AnlegerInnen gilt nun als nächste Frist die Anmeldung Ihrer Forderungen vorzunehmen. Je nach Gesellschaft hat das Gericht hier den 5. Oktober beziehungsweise den 12. Oktober vorgegeben. Zugelassen zur Anmeldung sind Forderungen gemäß Paragraph 38 Insolvenzordnung. Als Zeichner von Nachrangdarlehen liegen allerdings eigentlich Forderungen gemäß Paragraph 39 Insolvenzordnung vor. Vermutlich eindeutig ist die Möglichkeit der Anmeldung für alle AnlegerInnen der Festzinsprodukte II bis VIII, da dort die BaFin Abwicklungsanordnungen erlassen hat. Damit sind diese sofort rückzahlbar geworden und damit erstrangig. Übrigens: Die jeweilige Frist für die Forderungsanmeldung ist nicht endgültig. Wer seine Forderung erst danach anmeldet, der muss meist eine Gebühr von 20 Euro für die Anmeldung bezahlen. Eventuell gilt für diese Forderung auch kein Stimmrecht auf der Gläubigerversammlung.

UDI Energie Festzins IX. Anders sieht es beim UDI Energie Festzins IX aus. Dort gibt es (noch) keine Abwicklungsanordnung der Finanzaufsicht. Die AnlegerInnen hängen folglich eigentlich noch im Nachrang. Offenbar glaubt UDI selbst nicht, dass die bei diesem Angebot im Vergleich zu den Vorgängerprodukten leicht veränderte Nachrangklausel gültig ist. Für Rechtsanwalt Marc Gericke von der Kanzlei Göddecke ein weitreichendes Eingeständnis, das auch die Rangstelle bei den Darlehen an die Festzins 10 und folgende massiv in Frage stellt: „Der Insolvenzantrag beim UDI Energie Festzins IX bestätigt die Einschätzung von UDI, wonach auch die ab diesem Angebot verwendete Nachrangklausel als unwirksam einzustufen ist.“ Die Rechtsanwältin Corinna Ruppel von CDR Legal verweist hinsichtlich der Wirksamkeit noch auf eine eigene UDI-Veröffentlichung. Diese könnten AnlegerInnen anführen, um Ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anzumelden. Denn UDI schreibt auf Ihrer Homepage zu den Insolvenzanträgen und den Abwicklungsanordnungen der BaFin: „Auch UDI Energie Festzins IX musste aufgrund einer fast gleichlautenden Nachrangklausel ebenso zur Insolvenz angemeldet werden.“

Gläubigerversammlung. Am 5. November wird es turbulent im Amtsgericht Leipzig zugehen. Um 9 Uhr findet die Gläubigerversammlung zum Festzins II statt. Viel Zeit plant das Gericht dafür nicht, da im Sitzungssaal 100 schon um 10.30 Uhr die Festzins V an der Reihe ist. Um 12 Uhr die Festzins VIII und um 13.30 Uhr die Festzins VI. Eine Woche später geht es im gleichen Turnus weiter. Am 12. November startet das Gericht mit dem Festzins IV, gefolgt vom Festzins VII (10.30 Uhr), dem Festzins II (12.00 Uhr) und zum Schluss dem Festzins IX um 13.30 Uhr. Insgesamt erscheint diese enge Terminierung sehr fragwürdig, wenn die anreisenden AnlegerInnen ernsthaft informiert und die Abstimmungen mit entsprechender Aussprache abgehalten werden sollen.

Verwaltungsgerichtshof. Hinsichtlich der Abwicklungsanordnungen durch die Finanzaufsicht berichtete Investmentcheck bereits über die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt, mit der dieses die Abwicklungsanordnung der BaFin bestätigte. Zwischenzeitlich hat nun auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof über das Berufungsverfahren entschieden und ebenfalls der Finanzaufsicht vollumfänglich Recht gegeben: „Die Antragsgegnerin [Anmerkung: die BaFin] hat zutreffend darauf abgestellt, dass diese Hinweise geeignet sind, bei dem Adressaten die unzutreffende Schlussfolgerung zu wecken, das die Nachrangigkeit allenfalls zu einer vorübergehenden Zahlungsverweigerung („so lange“, wie auch in § 9 Abs. 1 des Darlehensvertrages formuliert) führen würde und die Forderung in ihrem wirtschaftlichen Bestand ungefährdet ist.“ Sogar auf die in Verkaufsprospekten typische positive Prognose wird belastend hingewiesen. UDI hätte einem „unerfahrenen Anleger suggeriert, dass während der Darlehenslaufzeit mit einer Überschuldung der Darlehensnehmerin nicht zu rechnen sei“. Den Hinweis auf die Salvatorische Klausel, wonach eine unwirksame Bestimmung mit dem Gewollten zu ersetzen sei, weist das Gericht ebenfalls zurück: „Es ist nicht ersichtlich, dass sich der durchschnittliche Vertragspartner des Darlehensvertrages – die darlehenstypischen Begriffe ‚Darlehensvertrag‘, ‚Darlehen‘, ‚Darlehensgeber‘, ‚Darlehensnehmerin‘ werden von der Antragstellerin darin auch verwendet – unternehmerisch mit einer eigenkapitalähnlichen Haftungsfunktion, also gänzlich darlehensuntypisch beteiligen will.“

Pilotfall. Der bei Gericht verhandelte Fall betraf die UDI Energie Festzins VI. Zu diesen 2013 an AnlegerInnen verkauften Nachrangdarlehen hat die BaFin am 21. Dezember 2020 Auskünfte und Erklärungen sowie die Vorlagen von Unterlagen gefordert. Am 18. Januar hat UDI über eine Anwaltskanzlei geantwortet. Dies war offenbar wenig überzeugend, weshalb die Finanzaufsicht am 18. Februar die sofortige Einstellung des Einlagengeschäfts und die Rückzahlung der Anlegergelder anordnete. Rund acht Wochen später folgte dann der Insolvenzantrag auf Eigenverwaltung. Viel zu spät, wie Rechtsanwältin Dr. Susanne Schmidt-Morsbach von der Kanzlei Schirp findet. Aber nicht nur dieses Verhalten hat sie dazu veranlasst, klar gegen die von UDI angestrebte Eigenverwaltung vorzugehen. Sie ist deshalb sehr froh darüber, dass UDI ihre entsprechenden Anträge veränderte und sich jetzt für Regelinsolvenzverfahren ausspricht. Der vorläufige Insolvenzverwalter sollte nun auch mögliche Ansprüche gegen frühere Geschäftsführer prüfen, denn die desolate Situation der Anlageprodukte ist längst nicht nur eine Folge von schlechten Marktentwicklungen. Schmidt-Morsbach strengt derzeit zahlreiche Klagen gegen verschiedene Beteiligte an, die sie zur Kostenminimierung als Streitgenossenschaft (subjektive Klagehäufung) vorantreibt.

Biogasanlage Kreiensen. Eines der Beispiele für fragwürdige Entscheidungen der früheren Geschäftsführer ist die UDI Biogas Kreiensen GmbH & Co. KG, bei der kürzlich auch ein Insolvenzantrag gestellt wurde (Aktenzeichen: 401 IE 1591/21). Ob dafür aber wirklich Leipzig zuständig ist, wird derzeit überprüft, wie das Amtsgericht auf Anfrage von Investmentcheck erklärte. Das Dilemma bei Kreiensen wurde über Jahre von UDI kaschiert, da Löcher regelmäßig mit frischen Anlegergeld gestopft wurden (Toxische Bioinvestments). Deshalb gibt es heute drei Anlegergruppen mit völlig unterschiedlichen Interessen. Da wäre die UDI Biogas 2011, die sich mit 1,18 Millionen Euro als Kommanditist beteiligte. Als das Geld verbraucht war, kam ein paar Jahre später frisches Kapital von Nachrangdarlehen hinzu. Zum Schluss hat UDI dann noch Geld der UDI Energie Festzins 12 benützt, um die erstrangigen Darlehen der NordLB abzulösen. Rund drei Millionen Euro Restschuld kaufte die Anlagegesellschaft für angeblich gut 250.000 Euro. Dabei soll die Biogasanlage Kreiensen momentan sehr gut laufen und sogar Schulden bei Substratlieferanten abbauen. Wer von den drei Anlegergruppen am Ende aber noch Geld sehen wird, ist unklar. Streit ist im Grunde vorprogrammiert.

Kuhhandel. Streit könnte es auch noch geben, weil UDI nach den Aufforderungen auf Forderungsverzichte (BaFin kippt Nachrangklausel) nun immer wieder nachgebesserte Angebote verschickt. Verschiedene AnlegerInnen teilten Investmentcheck mit, dass ihnen zwischenzeitlich eine ganze Reihe von Kaufangeboten durch UDI vorliegen. Wie bei einem „Kuhhandel“ würde regelrecht gefeilscht und UDI hat schon mehrfach nachgebessert. Wer also das erste Angebot angenommen hat, dürfte sich zwischenzeitlich ärgern. Auch der anfängliche Käufer U 20 Prevent GmbH ist durch verschiedene Projektgesellschaften ausgewechselt worden. Laut Investmentcheck vorliegenden Schreiben kauft die Darlehen der UDI Energie Festzins 10 beispielsweise die UDI Solarprojekt Dresden-Kaditz GmbH & Co. KG für 18 Prozent. Den gleichen Betrag bietet die Bioenergie Raitzen GmbH für die Darlehen der UDI Energie Festzins 11. Zahlbar sind diese Beträge allerdings auch nur in Raten über sechs Jahre, was im Grunde weniger als den ursprünglich vereinbarten Zinsen entspricht. Eva-Maria Ueberrück von der Kanzlei Mattil, deren Chef Peter Mattil auch in zahlreichen vorläufigen Gläubigerausschüssen bei den UDI-Insolvenzen sitzt, sieht diese Angebote ebenfalls sehr kritisch. Sie nennt die geringen Vergleichssummen ebenso als Grund dafür wie die ratierliche Zahlung über viele Jahre durch Projektgesellschaften, deren Wirtschaftskraft höchst fraglich ist. Für Georg Hetz und Stefan Keller dürfte an den neuesten Angeboten interessant sein, dass UDI sich nun eventuelle Ansprüche gegen diese früheren Geschäftsführer nicht mehr abtreten lässt.

Loipfinger’s Meinung. Die Finanzaufsicht BaFin hat auf Anfrage keine Auskunft darüber gegeben, ob sie aktuell weitere Abwicklungsanordnungen bei UDI prüft. Der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jürgen Wallner muss nun beweisen, dass er wirklich alles unternehmen will, um die Masse für die AnlegerInnen zu steigern. Dazu gehört auch, die Vergangenheit aufzuarbeiten und eventuelle Haftungsansprüche ernsthaft zu prüfen. Spätestens auf den Gläubigerversammlungen muss er dazu etwas sagen. Die Terminierung der Versammlungen vom Amtsgereicht Leipzig im 90-Minuten-Rhythmus ist angesichts der Komplexität der Fälle, des notwendigen Informations- und Aussprachebedarfs und der zahlreichen Abstimmungen sehr fragwürdig.

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