Leipziger Luftnummern

Fragwürdige Sachkapitalerhöhungen rund um die Publity-Gruppe

Thomas Olek ist ein Selfmade-Milliardär. Seine ersten Finanzprodukte investierten mit dem Geld von Privatanlegern in Non-Performing Loans, dann folgten geschlossene Immobilienfonds und seit ein paar Jahren macht er das große Geschäft mit Aktiengesellschaften. Gerne steigt er für einen Euro pro Aktie ein und dann beginnt das Lifting für die Braut. Sobald die Immobiliengesellschaft hübsch genug ist, schickt er sie auf das Börsenparket. Bei dem üblicherweise geringen Streubesitz können mit eigenen Aktienzukäufen die Kurse leicht befeuert werden, um dann durch Sachkapitalerhöhungen die Anteile freier Investoren wieder zu verwässern.

Vorgeschichte. Bei vier börsennotierten Immobilienunternehmen hat Thomas Olek schon eine zentrale Rolle gespielt. Dazu zählt die Publity AG (aktuelle Marktkapitalisierung 0,5 Milliarden Euro), die er nach einer negativen Fortführungsprognose in 2003 übernahm. Davor arbeitete er für die sächsische Landesbank in Leipzig als Berater. Der Sitz von Publity war lange Zeit auch in Leipzig, bevor 2018 ein Teil des Unternehmens in das deutsche Finanzzentrum Frankfurt wechselte. Seit etwa drei Jahren gibt es dann noch die Preos Real Estate AG (1,7 Milliarden Euro) und die Gore German Office Real Estate AG (0,3 Milliarden Euro). Da alles mit Technologie derzeit gut an den Börsen ankommt, wurde Preos vor einigen Tagen in Preos Global Office Real Estate & Technology AG umbenannt. Bei der Consus Real Estate AG (1,0 Milliarden Euro) als vierte Unternehmung ist Olek seit 2017 raus. Die Verbindung zu ihm und Publity wurde damals sehr abrupt gekappt. Kritiker werfen ihm im Umgang mit Anlegern schon länger fragwürdige Methoden vor. Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp zählt zu dieser Gruppe: „Bei den Fonds mit Non-Performing Loans hat vor allem Olek über Servicinggebühren in Millionenhöhe verdient, während die Anleger zum Teil sogar Geld verloren. Auch bei den später aufgelegten Immobilienfonds wird von der tollen Marktentwicklung aufgrund viel zu hoher Kostenstrukturen wenig bei den Investoren ankommen.“

Fragwürdige Kursentwicklung bei Publity, Preos und Gore
Fragwürdige Kursentwicklung bei Publity, Preos und Gore Eigenes Chart mit Kursdaten von finanzen.net

Sachkapitalerhöhung 1. In 2019 brachte die Publity AG insgesamt 94,9 Prozent der Anteile an ihrer Tochter Publity Investor GmbH in die Preos Real Estate AG ein. Dafür erhielt die Publity AG 47.450.000 neue Aktien der Preos, was zu diesem Zeitpunkt fast einer Verdreifachung des gezeichneten Kapitals entsprach (vorher waren es 24,2 Millionen Aktien). Bei Bekanntgabe des Deals im Juli 2019 waren die Preos Aktien rund sieben Euro wert. Das entsprach vorher einer Marktkapitalisierung von 170 Millionen und nachher von 500 Millionen Euro. Die Differenz bildete den eingebrachten Wert ab, den Preos in der Ad-hoc-Meldung sogar auf 400 Millionen Euro bezifferte. Ein unglaublicher Betrag für die Publity Investor GmbH im Juli 2019, obwohl die AG als Mutter deren Stammkapital erst Ende 2018, also wenige Monate vorher von 150.000 auf 20 Millionen Euro erhöhte. In dem Bericht über die Prüfung der Kapitalerhöhung mit Sacheinlage der Wirtschaftsprüfer von Warth & Klein Grant Thornton vom 3. September 2020 steht wohl auch deshalb nichts von einem Wert von 400 Millionen Euro. Dort wird ein Reinvermögen von 50,8 Millionen Euro vorgerechnet. Die zu übertragenden 94,9 Prozent sollen deshalb per 30. Juni 2019 einen Gegenwert von 48,2 Millionen Euro abgebildet haben.

Bewertungsfrage 1. Laut Halbjahresbericht 2019 der Publity AG wurde erst Ende 2018 damit begonnen, über die Publity Investor GmbH und deren Tochtergesellschaften Immobilien zu erwerben. Mitte 2019 bestand das Immobilienportfolio aus vier Objekten. Vorher stand die Entwicklung von Fondskonzepten im Vordergrund, was Publity aber nicht mehr tun wollte. Schon 2018 schrieb Johannes Kraus als Geschäftsführer der Publity Investor GmbH potenzielle Aktionäre an, dass die Publity-Gruppe keine Alternative Investmentfonds (AIF) mehr in der gewohnten Form auflegen wird: „Gestern war AIF, die Zukunft liegt in Aktie“ [sic]. Der Jahresüberschuss in 2018 betrug magere 48.000 Euro (Vorjahr -164.000 Euro). Das ist nicht gerade ein Indiz für einen Wert von 400 Millionen Euro. Außerdem war die gesamte Publity AG als Konzernmutter Mitte 2019 gerade mal 374 Millionen Euro an der Börse wert. Ist es glaubwürdig, dass ein Teil mehr wert ist als das Ganze?

Sachkapitalerhöhung 2. Durch diese Aktion gehörten der Publity AG nun rund Zweidrittel der Preos AG. Den Großteil der „alten“ Preos-Aktien besaßen die beiden Gesellschaften TO-Holding GmbH und TO-Holding 2 GmbH von Thomas Olek(siehe auch IC-Bericht vom 4. Dezember 2018). Diese stammten überwiegend aus dem Urbestand an Aktien, die Olek durch die Formumwandlung der Preos Real Estate GmbH im März 2018 in eine AG erhielt. Aus 22 Millionen Euro GmbH-Stammeinlage wurden 22 Millionen Aktien. Gut ein Jahr später war die Preos nun schon 500 Millionen Euro wert und Olek tauschte seine Preos-Aktien in Publity-Aktien. Zu Grunde gelegt wurde dabei ein Wert von 127 Millionen Euro für seine 19 Millionen Preos-Aktien. Dafür bekam er 4,5 Millionen Publity-Aktien, was einer Kapitalerhöhung um 44 Prozent entsprach (von vorher 10,3 auf danach 14,8 Millionen Aktien).

Bewertungsfrage 2.Im Ergebnis wieder ein gutes Geschäft für Olek, denn über die 4,5 Millionen neuen Publity-Aktien (entspricht 30,5 Prozent vom gezeichneten Kapital nach Sacheinlage) sicherte er sich indirekt ein Vermögen von 20,3 Millionen Preos-Aktien (66,5 Millionen Preos-Aktien oder 92,8 Prozent gehörten ja nun der Publity AG). Olek hat also aus 19 Millionen Preos-Aktien durch den Tausch in Publity einen indirekten Bestand von über 20 Millionen Preos-Aktien aufgebaut. Den zusätzlichen Wert aus dem operativen Publity-Geschäft bekam er oben drauf.

Sachkapitalerhöhung 3. Bewertungsfragen gibt es auch in Zusammenhang mit der Gore German Office Real Estate AG, bei der Olek ebenfalls eine zentrale Rolle einnahm (IC-Bericht vom 2. August 2018). Bei der Gore wurde im Sommer dieses Jahres beschlossen, dass die 15 Millionen Aktien durch eine Kapitalerhöhung um 22,5 auf 37,5 Millionen Aktien aufgestockt werden sollen. Hintergrund ist wiederum eine Sachkapitalerhöhung durch Einbringung von 89,9 Prozent der Preos Immobilien GmbH in die Gore. Für 1 Euro Stammkapital der GmbH flossen 1.000 Gore-Aktien an die Preos AG. Die Gore AG war im Juli gut neun Euro pro Aktie wert, was damals einer Marktkapitalisierung von 140 Millionen Euro entsprach. Nach der Kapitalerhöhung stieg die Marktkapitalisierung auf 340 Millionen Euro. Die Einbringung der Preos Immobilien GmbH soll also einen Gegenwert von 200 Millionen Euro ausmachen.

Bewertungsfrage 3. Die Preos Immobilien GmbH hat inklusive ihrer Tochtergesellschaften 2019 einen operativen Gewinn (EBIT) von 230.000 Euro erzeugt. Im ersten Halbjahr 2020 soll auf handelsrechtlicher Basis sogar ein Verlust von bis zu 100.000 Euro entstanden sein. So steht es im Bericht über die Prüfung der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage der Wirtschaftsprüfer von Ebner Stolz. Sie prüften, ob der Wert der Preos Immobilien GmbH den „registerrechtlich zu bestätigenden geringsten Ausgabebetrag“ überschreitet. Da der zu bestätigende Wert mit 22,5 Millionen Euro nur dem Nominalkapital entsprach, fiel das Ergebnis mit einem Nettovermögen von 39,3 entsprechend positiv aus. Doch mit den 200 Millionen Euro angeblichen Gesamtwert hat das nichts zu tun. Die Differenz wird zwar als Agio der Kapitalrücklage in der Bilanz zugewiesen, was die Wirtschaftsprüfer aber außer Acht ließen: „Im vorliegenden Fall sieht der Beschluss der Hauptversammlung der GORE eine Zuführung in das schuldrechtliche Agio nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB vor. Dieses Agio ist nicht Gegensand der Sacheinlageprüfung.“

Ergebnisherkunft. Angesichts der bereits geschilderten Bewertungsfragen sollten Aktionäre vielleicht auch die Herkunft der angeblich tollen Jahresergebnisse hinterfragen. So konnte die Publity AG in 2019 ein sagenhaftes Konzernergebnis nach Steuern von 64,2 Millionen Euro ausweisen. Allerdings ist dafür vor allem ein „Ergebnis aus der Bewertung von als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien“ von 122,2 Millionen Euro verantwortlich. Im ersten Halbjahr 2020 zeigte sich ein Konzernergebnis von 34,7 Millionen Euro, das vor allem durch 77,9 Millionen Euro an Bewertungsveränderungen entstand. Bei Preos steht im Konzernabschluss für 2019 ein Ergebnis nach Steuern von 66,3 Millionen Euro, wobei darin Wertsteigerungen der Immobilien in Höhe von 101,7 Millionen Euro enthalten sind. Im ersten Halbjahr 2020 floss in das Konzernergebnis von 30,9 Millionen Euro ein Bewertungsertrag von 68,3 Millionen Euro ein.

Corona. Publity konnte laut Thomas Olek trotz Corona das „dynamische Wachstum fortsetzen“. Frederik Mehlitz, Chef der Preos führte im aktuellen Halbjahresbericht aus, dass sich deren Geschäftsmodell während der Pandemie „einmal mehr bewährt“ hat. Die Nachfrage von Investoren nach erstklassigen Büroimmobilien sei „ungebrochen hoch“. In den Schreiben an die Anleger des Publity-Fonds 6 klang das im Mai 2020 nach einem gescheiterten Verkauf ihrer Immobilien allerdings anders: „Die Corona-Krise hat sich naturgemäß auf den Verkaufsprozess ausgewirkt. […] Allerdings haben viele Investoren ihre Ankaufsprozesse zunächst zurückgestellt. Auf jeden Fall laufen die Transaktionen jetzt wesentlich langsamer als vor der Corana-Krise. Wir sind jedoch zuversichtlich, das Portfolio zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen kurzfristig zu veräußern“.

Loipfinger’s Meinung. In Deutschland läuft einiges schief. Wenn Gerichte bei Sachkapitalerhöhungen den Wert durch einen von dem betroffenen Unternehmen vorgeschlagenen Wirtschaftsprüfer bestätigen lassen, dann überraschen solche Ergebnisse nicht wirklich. Wenn außerdem nur der Nominalwert der Kapitalerhöhung übertroffen werden muss und ein nachher in der Kapitalrücklage des Eigenkapitals auftauchender Mehrwert der reinen Phantasie entspringen darf, dann wird das Procedere letztendlich zur Farce. Warum sucht sich ein Richter nicht selbst einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer aus und lässt den beurteilen, ob die Sacheinlage wirklich dem wirtschaftlichen Gesamtwert der Kapitalerhöhung entspricht? Nur so wäre zu verhindern, dass im Ergebnis keine heiße Luft in der Bilanz steht.

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