Etappensieg für P&R-Anleger

Landgericht Karlsruhe weist Anfechtungsansprüche zurück

Günther Schneider*) hat dieses Wochenende gefeiert. Die von Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé eingereichte Klage auf Rückzahlung von über 30.000 Euro wurde vom Landgericht Karlsruhe abgewiesen (Bericht zur mündlichen Verhandlung). Dies bestätigte die Pressesprecherin Dr. Hanna Szymanski auf Nachfrage und ergänzte noch, dass das Gericht die Kosten dem Kläger auferlegte. Klar ist allerdings auch, dass die Entscheidung nicht endgültig ist. Jaffé will am Ende zur Klärung vieler Rechtsfragen eine Entscheidung vom höchsten deutschen Gericht, dem nur 800 Meter vom Landgericht entfernten Bundesgerichtshof. Wann dieser Fall und die sieben bei anderen Gerichten anhängigen Pilotklagen allerdings dort ankommen, ist noch völlig unklar. Theoretisch wäre eine Sprungrevision unter Auslassung des Oberlandesgerichts möglich. Dem müssen aber beide Parteien unter Verzicht auf weitere Rechtsmittel zustimmen.

Entscheidungsgründe. Gleich einleitend stellte das Gericht fest, dass die Darlegungs- und Beweispflicht für eine unentgeltliche Leistung beim Insolvenzverwalter liegt und er diese nicht erfüllte: „Die Unentgeltlichkeit der streitgegenständlichen Leistungen ist nach diesen Maßstäben, obwohl der Beklagte durch die getroffenen Vereinbarungen kein Eigentum an 9 Seefrachtcontainern erworben hat nicht nachgewiesen. Dies betrifft sowohl die Garantiemietzahlungen als auch den Rückkaufpreis.“ Damit hat die Richterin auch gleich festgestellt, dass der fehlende Eigentumserwerb für sie kein Grund ist Anfechtungen zuzulassen. Sie Schlussfolgerte daraus gewisse Ähnlichkeiten zu anderen Kapitalanlagen, bei denen Anfechtungsfragen besser geklärt sind: „Die Zahlung des Garantiemietzinses ist vorliegend zudem mit einer (ebenfalls als entgeltlich zu bewertenden, vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2017, Az. IX ZR 189/16 – zitiert nach juris) gewinnunabhängigen Verzinsung einer Kommanditeinlage oder auch einer fest verzinslichen Darlehensgabe vergleichbar.“

Schon fast wie im Hinterzimmer wurde beim Landgericht Karlsruhe über mögliche Anfechtungsansprüche in Milliardenhöhe gegen P&R-Anleger verhandelt.
Mündliche Verhandlung am 19. Juni 2020 beim Landgericht Karlsruhe über Anfechtungsansprüche gegen einen P&R-Anleger
Bild: Stefan Loipfinger

Reaktion. Der Beklagte Schneider wurde in dem Verfahren durch Rechtsanwalt Alexander Pfisterer-Junkert von der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner vertreten. Er sieht in dem Urteil eine Bestätigung der eigenen Rechtsaufassung und eine erste wichtige Entscheidung für Schneider und alle anderen P&R-Anleger: „Wir sind sehr erfreut darüber, dass das Gericht unserer Argumentation sowohl in Puncto Mieten als auch der Rückkaufspreise gefolgt ist. Bei letzterem scheint ja das Landgericht Stuttgart anders zu tendieren, was wir selbstverständlich abweichend bewerten. Denn auch wenn der Rückkauf in seiner Höhe bei der anfänglichen Investition nicht definiert war, so ist eine preisliche Fixierung zumindest am Ende der Laufzeit vertraglich vereinbart worden. Damit ist auch diese Zahlung als entgeltlich und damit nicht anfechtbar einzustufen.“ Pfisterer-Junkert begegnet damit dem Argument des Insolvenzverwalters, wonach der Rückkauf der Container von P&R bei den meisten Modellen nur zeitlich, aber nicht betraglich festgelegt war. Für ihn reicht es aus, dass P&R erst vor dem Rückkaufsdatum einen Rückkaufsvertrag mit dem Preis zur Unterschrift an die Anleger verschickte. Denn damit gab es zum Zeitpunkt der Rückzahlung selbst eine vertragliche Zahlungsverpflichtung vergleichbar den von Anfang an zeitlich und betraglich fixierten Mieten.

Unschärfen. Die Urteilsbegründung klingt logisch aufgebaut und einleuchtend. Allerdings enthält sie nach Meinung von Investmentcheck zwei Unschärfen. Zum einen wird es als unrelevant angesehen, ob die Container mit ihrer Nummer eindeutig dem Anleger zugeordnet wurden, da „die Insolvenzschuldnerin jedenfalls über mindestens 9 Seefrachtcontainer des Typs HC1233GL in ihrem Portfolio verfügte.“ Das ist nicht korrekt. Die Insolvenzschuldnerin besitzt tatsächlich keinen einzigen Container, da diese alle in der Schweiz von der P&R Equipment & Finance verwaltet werden. Zum anderen schreibt die Richterin von einer Kaufpreisfestlegung im Angebotsblatt: „Die Insolvenzschuldnerin verpflichtete sich bereits in dem Kauf- und Verwaltungsvertrag unter Punkt 4. zur Abgabe eines Rückkaufangebots, wobei der Rückkaufpreis zwar nicht im Kauf- und Verwaltungsvertrag, wohl aber in dem in Bezug genommenen Angebot Nr. 1075 festgelegt war.“ Tatsächlich hat P&R in den zweiseitigen Blättern bezüglich der Miete von einer „Garantiemiete“ geschrieben, während zum Rückkauf stand: „Rückkaufswert pro Container: 2.065 EUR am Ende des 5. Jahres“ Würde man das als vertragsergänzende Preisfestlegung interpretieren, könnte es für andere Anleger schwierig werden, bei denen im Angebotsblatt die Überschrift „Kalkulierter Restwert“ lautet.

Loipfinger’s Meinung. Aus Sicht des Beobachters ist dieses Urteil richtig. Anfechtungen bringen zwar am Ende sowohl Gewinner, als auch Verlierer hervor. Gewinner wären spät hinzugekommene Neuinvestoren oder Anleger, die ihr Engagement bei P&R ausweiteten. Sie profitieren über eine höhere Quote. Zu den Verlierern zählen umgekehrt die Containerkäufer, die ihre Bestände abbauten, da sie mehr in den Insolvenztopf einzahlen müssten als sie später zurückerhalten. Unabhängig von dieser Theorie der Sozialisierung der Verluste auf einen größeren Anlegerkreis wäre das System nicht gerecht. Zum Beispiel durch das Argument der Entreicherung können manche Anleger eine Rückzahlung verhindern und andere nicht. Üblicherweise enden Anfechtungsserienverfahren mit vielen Vergleichen, die mehr mit dem Geschacher auf einem Basar als mit einem fairen Procedere zu tun haben. Die erheblichen Kosten für Insolvenzverwalter, Anwälte und Gerichte nicht zu vergessen, wodurch nicht alles aus der Anfechtungsmasse am Ende auch an die Gläubiger verteilt wird.

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*) Name von der Redaktion geändert