325 Millionen Euro in der P&R-Kasse

Insolvenzverwalter sieht bisher keine Corona-Auswirkungen

Die Unsicherheit bei den geschädigten P&R-Anlegern scheint groß zu sein. Der Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé reagiert und stellt nun öffentlich klar: „Uns erreichen verständlicherweise eine Vielzahl von Anfragen der Anleger, die sich Sorgen machen, ob die Containerverwertung durch die Krise beeinträchtigt wird. Wir haben dieses Thema im ersten Quartal 2020 intensiv begleitet und konnten so sicherstellen, dass die Containerverwertung nicht beeinträchtigt wurde. Insbesondere gab es bislang keine negativen Auswirkungen auf die Nachfrageseite.“ Im Gegenteil: Durch die teilweise komplett heruntergefahrene Produktion von Containern in China hat sich laut Jaffé die Angebotsseite sogar verknappt.

Aussichten. Jaffé bleibt weiterhin optimistisch für die Insolvenzmasse. Er berichtet, dass die Mieten bislang planmäßig eingezogen werden konnten: „Es gab bislang keine Ausfälle und keine Verzögerungen.“ Allerdings betonte er, dass dies eine Momentaufnahme sei: „Ob dies so bleibt, kann natürlich niemand garantieren. An unserem Ziel, aus dem Containerportfolio Erlöse von über 1 Milliarde Euro für die Gläubiger zu erwirtschaften, hat sich nichts geändert.“ Er habe schon frühzeitig Vorkehrungen getroffen, dass das Abwicklungsteam und die Kanzlei auch in der Corona-Krise funktionsfähig bleiben. Und als Krönung der guten Nachrichten hat er noch eine konkrete Zahl nachgelegt: „Bis Ende März 2020 wurden aus der planmäßigen Verwertung der vorhandenen Container rund 325 Millionen Euro realisiert.“

Der P&R-Insolvenzverwalter beruhigt die geschädigten Anleger wegen der aktuelllen Corona-Krise
Der P&R-Insolvenzverwalter beruhigt die geschädigten Anleger wegen der aktuelllen Corona-Krise. Quelle: Pressemitteilung vom 8. April 2020

Forderungsfeststellungen. In den bisherigen Prüfungsterminen hat Jaffé bereits rund 80.000 Forderungen geprüft und festgestellt. Der Insolvenzverwalter ist sehr zufrieden mit dieser Zahl. Noch offene Erbfälle oder Spezialfälle werden weiterhin mit Hochdruck bearbeitet. Bis zum Sommer möchte Jaffé mit seinem Abwicklungsteam die letzten Vergleichsvereinbarungen ausgearbeitet und an die betroffenen Anleger verschickt haben. Als nächster Prüfungstermin mit dem Amtsgericht München ist der 18. Juni festgelegt worden. Dort will er erneut mehrere tausend Forderungen feststellen lassen. Betroffene Anleger können über das Gläubigerinformationssystem den Feststellungsstand zu ihren Forderungen überprüfen. Ein gesondertes Bestätigungsschreiben wird nicht verschickt. Nur bei abgelehnten Forderungen wird ein Gläubiger per Brief vom Insolvenzgericht informiert.

Abschlagszahlung. Der Hochdruck bei der Feststellung bleibt auch deshalb erhalten, weil Jaffé an der angekündigten ersten Auszahlung bis Ende 2020 festhält: „Die Insolvenzverwalter streben weiterhin an, die ersten Abschlagsverteilungen in den verschiedenen Insolvenzverfahren noch im laufenden Jahr auf den Weg zu bringen, auch wenn hierfür noch umfangreiche Vorbereitungsarbeiten notwendig sind. Dies gilt etwa in Bezug auf die Verteilung der Gelder zwischen den Insolvenzverfahren, es müssen aber auch formale Punkte wie die Bankverbindungen der rund 54.000 Gläubiger noch einmal überprüft werden.“ Dabei betont der Insolvenzverwalter auch, dass bisher noch unschlüssige Anleger ohne unterzeichnete Vergleichsvereinbarung nicht an einer Abschlagsverteilung teilnehmen. „Dies setzt weiterhin den Abschluss einer Vergleichsvereinbarung voraus, denn nur auf der Basis der darin enthaltenen Erklärungen kann eine Forderungsfeststellung erfolgen.“

Anfechtungen. Wie schon mehrfach berichtet, hat Jaffé rund 40 Investoren ausgewählt, die ein Schreiben über die Anfechtung von vor der Insolvenz erhaltene Zahlungen erhalten haben. Bei einem Teil davon sollen nun auch erste Klagen bei Gerichten eingereicht worden sein. Auf Nachfrage bestätigte der Pressesprecher des Insolvenzverwalters, dass bei den eingereichten Fällen sehr auf eine repräsentative Auswahl geachtet wurde. Die genaue Anzahl der eingereichten Klagen ist Investmentcheck nicht bekannt.

Steuern. Immer noch unklar ist die steuerliche Behandlung der P&R-Investments. Die Finanzverwaltung hat sich leider noch zu keiner einheitlichen Handhabe durchgerungen. Angeblich soll derzeit unter der Federführung von Nordrhein-Westfalen eine bundesweit gültige Vorgabe erarbeitet werden. Es wäre zu früh, über ein Ergebnis zu spekulieren. Bezeichnend könnte aber schon sein, dass Bayern als Standort der insolventen P&R-Unternehmen nicht federführend agiert.

Haftungsprozesse. In den Medien war die letzten Tage viel über eine drohende Verurteilung einer Münchner Bank in einem Schadensersatzprozess zu lesen. Der Richter muss der Bank in der mündlichen Verhandlung sehr deutlich zu einem Vergleich geraten haben. Ob die Bank darauf eingeht, ist nicht bekannt. Auch in anderen Fällen soll es vermehrt Urteile zu Gunsten geschädigter Anleger geben. Allerdings gibt es umgekehrt auch schon eine Reihe von Urteilen, die zu Lasten der klagenden Investoren ausgingen. Deshalb betonen viele Anwälte immer die genaue Abwägung des Einzelfalls. Alexander Pfisterer-Junkert von der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner vertritt zahlreiche Finanzdienstleister in solchen Schadensersatzprozessen. Er möchte klarstellen, dass das häufig von Anlegeranwälten ins Feld geführte Argument der Versicherung bei P&R nicht grundsätzlich zutrifft. Erst mit Gültigkeit des Vermögensanlagengesetzes ab 2017 war eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung vorgeschrieben. Vorher gab es policenabhängig häufig keinen Versicherungsschutz.

Loipfinger’s Meinung. Jaffé dürfte viele Anleger mit der Zahl von 325 Millionen Euro bei den bisherigen Verwertungserlösen überraschen. Bei gut drei Milliarden Euro Forderungsanmeldungen entspricht das rund zehn Prozent. Wie viel er davon eventuell Ende dieses Jahres ausschüttet, ist allerdings unklar. Wichtig ist, dass es aus einer plangemäßen Verwertung kommt. Er hat also nicht den Bestand überproportional abgeschmolzen. Seine Prognose von Gesamterlösen in Höhe von einer Milliarde Euro hält er ebenfalls aufrecht. Zumindest bisher ist Corona für die geschädigten P&R-Anleger kein Problem.

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