„UDI verdient die rote Karte“

Interview mit der Anlegeranwältin Eva-Maria Ueberrück

Eva-Maria Ueberrück ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie arbeitet in der Münchner Kanzlei Mattil & Kollegen und beschäftigt sich schon länger mit dem Fall UDI. Für Mandanten in unterschiedlichen UDI-Produkten studierte sie verschiedenste Verkaufsunterlagen sowie Anlegerinformationen. Sie ist überzeugt, dass diese in wesentlichen Teilen fehlerhaft sind. Auch den Umgang mit Anlegerkapital stellt sie stark in Frage. Frisches Geld floss teilweise in Problemprojekte, statt in die im Prospekt beschriebenen vielversprechenden Anlagen.

Investmentcheck: Sie beschäftigen sich jetzt schon seit mehr als einem Jahr mit diversen UDI-Geldanlagen. Wie ist Ihr Eindruck über diesen Anbieter und dessen Produkte?
Ueberrück: Nach umfassender Prüfung verschiedener Produktunterlagen wie Prospekte, Zeichnungsunterlagen, Flyer etc. entsteht der Eindruck eines unseriös agierenden Anbieters. Dargestellt wird in den Unterlagen nach unserer rechtlichen Einschätzung nur das unbedingt Nötige, um die entsprechende BaFin-Gestattung zu erhalten. Rechtliche „Grauzonen“ und „Grenzbereiche“ werden bis ins Letzte ausgenutzt. Aktuell gibt es nun sogar eine in Luxemburg gebilligte Anleihe. Dort sind die Regularien mit denjenigen in Deutschland nicht vergleichbar. Das passt ins Bild …

Fachanwältin Eva-Maria Ueberrück von der Kanzlei Mattil aus München
Fachanwältin Eva-Maria Ueberrück von der Kanzlei Mattil aus München
Quelle: eigenes Bild

UDI hat bei einer Reihe von Angeboten so genannte 11a-Mitteilungen veröffentlicht, in denen ein möglicher Ausfall von Zinsen und Tilgung bekannt gegeben wurde. Wie sehen Sie den Umstand, dass die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage dazu geantwortet hat, dass dies offenbar nur die Folge von Anhörungen der BaFin war?
Auch dieser Umstand ist unserer Meinung nach bezeichnend. Tatsächlich ist die Pflicht zur Veröffentlichung einer sogenannten 11a-Mitteilung für den Emittenten zwingend und hat vom Emittenten selbst, unaufgefordert und unverzüglich auszugehen. Die BaFin ist dagegen nach der Intention des Gesetzgebers nur Empfängerin der entsprechenden Mitteilungen, nicht aber Initiator. Auch dieser Vorfall passt aber ins Bild. Vielleicht sollte die BaFin derartige Vorfälle zum Anlass nehmen, dem Anbieter die rote Karte zu zeigen.

Einer der Bereiche, zu dem Sie vermutlich Geschädigte vertreten, sind die te Solar Sprint-Produkte, die über UDI vertrieben wurden. Welche rechtlichen Anknüpfungspunkte für geschädigte Anleger sehen Sie hier?
Wir sehen nach umfassender Prüfung sämtlicher Produktunterlagen gute Anknüpfungspunkte für eine Haftung verschiedener Anspruchsgegner. Problematisch sind unserer rechtlichen Einschätzung nach insbesondere die Widerrufsbelehrung, die Nachrangdarlehensklausel sowie verschiedene Prospektdarstellungen. Beispielsweise betrifft dies Angaben zur Tragfähigkeit des Geschäftsmodells, zu den wesentlichen Vertragspartnern und den Risiken.

Auch bei den UDI-Energie-Festzins-Anlagen gibt es zunehmend Schwierigkeiten. Welche Möglichkeiten haben dort die Anleger, die um ihre investierten Gelder fürchten?
Die UDI-Energie-Festzins-Anlagen sind nicht zuletzt seit der Warnung der Stiftung Warentest in ihrem Magazin Finanztest von Januar 2019 zunehmend im Feuer. Konkret wurde das Produkt UDI Energie Festzins 14 auf die Warnliste gesetzt. Wir sehen bei der Energie-Festzins-Reihe neben den bereits dargestellten Mängeln in den Unterlagen weitere massive Prospektmängel und Verstöße gegen die Prospektvorgaben. Nehmen Sie beispielsweise das 2017 aufgelegte Angebot 12. Wie können dort die Investitionskriterien eingehalten worden sein, wenn schon wenige Wochen nach den Investitionen außerordentliche Abschreibungen in Millionenhöhe anfielen? Die daraus resultierenden Schadensersatzansprüche auf Rückabwicklung des Investments machen wir gerne für betroffene Anleger geltend, damit diese die Möglichkeit erhalten, den ihnen entstandenen Schaden ersetzt zu bekommen.

Da Sie zahlreiche Mandanten vertreten, haben Sie sicherlich schon mehrfach Briefe mit diesen Vorwürfen an UDI geschrieben. Wie reagiert Stefan Keller als UDI-Chef auf Post von einer Anlegeranwältin?
Das trifft zu. Stefan Keller persönlich reagiert allerdings gar nicht, sondern beauftragt gleich Anwälte. Nach längerer Hinhaltetaktik durch mehrfache Fristverlängerungen wird jedem Anspruch eine klare Absage erteilt. Keller spielt erkennbar auf Zeit. Es entsteht der Eindruck, dass sich UDI nur unter Zwang bewegt. Vermutlich rechnet UDI auch damit, dass sich der eine oder andere Anleger durch die Kosten einer Klage abschrecken lässt. Wenn dem so ist, dann ist sein Konzept bisher aufgegangen.

Einige der UDI-Gesellschaften verfügen über Kündigungsmöglichkeiten für die Anlegerdarlehen. Würden Sie den Anlegern empfehlen, diese zu nutzen?
Das ist empfehlenswert, ja. Letztlich entsteht hierdurch aber nur ein Rückzahlungsanspruch gegen die Darlehensgeberin, also die Emittentin. Deren Liquidität kann fraglich sein. Die von uns empfohlene Variante des Schadensersatzes wegen Aufklärungsmängeln hat den Vorteil, dass sich der Anspruch gegen mehrere Personen und Gesellschaften richtet. Das ist insbesondere wichtig, wenn einer der Gegner insolvent werden würde. Zudem können im Einzelfall auch Ansprüche gegen Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsräte oder andere Beteiligte geprüft und umgesetzt werden.

Was empfehlen Sie UDI-Anlegern, die eine Rechtsschutzversicherung mit Deckung für Kapitalanlagerecht haben?
In diesem Fall sollte möglichst rasch ein auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierter Anwalt aufgesucht werden, der die Deckungszusage der Versicherung einholt und das weitere Vorgehen für den Anleger prüft und umsetzt. Der Spruch, wer zuerst kommt, mahlt zuerst, gilt nicht zuletzt auch hier. Gegebenenfalls drohende Insolvenzen könnten Ansprüche wirtschaftlich nahezu wertlos machen. Außerdem laufen Verjährungsfristen.

Würden Sie das auch einem Anleger empfehlen, der das Kostenrisiko selbst tragen muss?
Auch in diesem Fall empfehle ich zumindest die Kontaktaufnahme zu einem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwalt. Dieser kann die prozessualen und die kostenmäßigen Risiken darstellen, die Frage einer möglichen Verjährung prüfen und eine fundierte Empfehlung im Einzelfall aussprechen. Zudem kann der Anleger über diesen Anwalt den Gang bereits anhängiger Verfahren erfahren und hiervon auf verschiedene Weise profitieren. Gegebenenfalls ergibt sich bei erfolgreichen Klageverfahren anderer Anleger auch für den nicht rechtsschutzversicherten Anleger ein kostengünstigerer Weg, den ihm entstandenen Schaden ersetzt zu erhalten oder zumindest zu reduzieren.

Liebe Frau Ueberrück, wir bedanken uns für das Gespräch.

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