Tausend Kapilendo-Anleger verlieren Geld

tectomove ist 9 Monate nach dem Crowdfunding schon Pleite

Im Herbst 2018 war die Welt noch in Ordnung. Kapilendo sammelte innerhalb von wenigen Stunden 400.000 Euro für die tectomove GmbH in Form von Kreditforderungen ein. Weitere 600.000 Euro kamen innerhalb von zwei Wochen durch Nachrangdarlehen hinzu. Verkauft wurden die Geldanlagen im September 2018 unter dem Slogan „Individuelle Automationstechnik für die Industrie 4.0“. Doch statt einer langjährigen Expertise und zusätzlichen Synergieeffekten durch die Muttergesellschaft müssen die Anleger schon nach wenigen Monaten um ihr Geld fürchten: Im Juni 2019 hat das Amtsgericht Stuttgart ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Funding. Kapilendo als Crowd-Plattform stellte für die zukünftigen Kreditforderungen eine Verzinsung von sieben Prozent in Aussicht. Als Abwickler für den Unternehmenskredit fungierte die Fidor Bank AG. Die Laufzeit für die gesuchten 400.000 Euro sollte drei Jahre betragen. Tectomove wollte mit dem Geld die Serienfertigung eines Anlagenkonzepts für die Sondermaschinen voranbringen. Bei den Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt wollte die Emittentin sogar neun Prozent Festzins bezahlen. Auch hier betrug die Laufzeit drei Jahre. Die Fundingsumme war auf 600.000 Euro begrenzt. Dieses Geld war für den Ausbau des Vertriebes in Deutschland, China und den USA gedacht. Über den Emittenten berichtete Kapilendo viel Gutes. Eine langjährige Expertise und das Know-how der Mitarbeiter wurden gelobt. Eine Diversifikation der Geldanlage durch zwei Finanzierungsarten sollte gegeben sein. Die Unabhängigkeit von Schwankungen einzelner Wirtschaftszweige sah Kapilendo durch Kunden aus verschiedenen Branchen gegeben. Und nicht zu vergessen die Synergieeffekte als 100-prozentige Tochter der unittem GmbH.

Mit diesem Video wurden Anleger von den Chancen der Investition überzeugt.
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Quelle: Screenshot von der Kapilendo-Homepage

Insolvenz. Am 7. Juni 2019 hat das Amtsgericht Stuttgart zur Verhinderung nachteiliger Veränderungen in der Vermögenslage der tectomove GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet (Aktenzeichen 11 IN 247/19). Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Dr. Dietmar Haffa aus Stuttgart bestellt. Vertreten wird die tectomove aktuell noch von Geschäftsführer Michael Ellermann. Der während des Fundings noch als zweiter Geschäftsführer bestellte Andreas Rümmelin ist seit Januar 2019 als solcher abberufen.

Stellungnahme. Auf Nachfrage erklärte Kapilendo, dass ihnen zu den Ursachen des Insolvenzantrages noch nichts bekannt sei: „Aufgrund der Aktualität liegen uns keine Hintergründe für die Insolvenzantragstellung vor.“ Zu den Auswirkungen auf die Anlegergelder kann Kapilendo ebenfalls noch nichts sagen: „Dies ist derzeit nicht absehbar und hängt vom Abschluss des Insolvenzverfahrens ab. Im Fall der KF-Finanzierung hängt diese zudem auch vom Erfolg der eingeleiteten Maßnahmen gegen den Bürgen ab.“ Michael Ellermann von tectomove hat auf eine Nachfrage nicht geantwortet.

Loipfinger’s Meinung. Eine Pleite nach wenigen Monaten ist schon ungewöhnlich. Was hat Kapilendo im Herbst 2018 eigentlich geprüft, um ihren Anlegern diese Investments empfehlen zu können? Offenbar ist Kapilendo von dem Insolvenzantrag auch überrascht worden. Verpflichtet die Crowd-Plattform ihre Emittenten nicht zur Übersendung regelmäßiger betriebswirtschaftlicher Auswertungen, wie es für jede Bank selbstverständlich ist? Aus Investorensicht ist das alles sehr bedenklich. Richtig hart werden vernünftige Kriterien offenbar nicht umgesetzt. Bei dem aktuellen Funding für Perücken24.de steht beispielsweise zum letzten Jahresabschluss im VIB, dass dies der im Bundesanzeiger offen gelegte Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2016 ist. Und das bei einem VIB vom 23. Mai 2019.

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