Glänzende Täuschung

Anleger fürchten um ihr Gold

Deutsche Wertlager (DWL) klingt vertrauenserweckend und groß. Der Sitz im Oberbayerischen Kolbermoor passt da allerdings nicht dazu. Jetzt gibt es massive Probleme mit den auch als Sparplan verkauften Goldanlagen. Angeblich soll es einen Insolvenzantrag geben, den eine Mitarbeiterin am Telefon bestätigte. Anleger fürchten um ihr Geld, das sie in überteuerte Käufe des Edelmetalls steckten. Für die Strippenzieher ist das wohl weniger ein Problem. Mit anderen Firmen und einer neu gegründeten Gesellschaft dürfte es munter weiter gehen.

Beispielfall. Um das Anlageprodukt zu verstehen, wird nachfolgend ein reeller Fall beschrieben. Die Daten von Vera Müller sind leicht verfälscht, um die Quelle zu schützen. Der Name ist geändert: Im Herbst 2017 kaufte Müller knapp 200 Gramm Gold zum Preis von rund 55 Euro pro Gramm. Pro Gramm machte DWL einen Gewinn von knapp 20 Euro, da der Marktpreis bei rund 35 Euro lag. Gut ein Jahr später bot DWL den Rückkauf an. Damit Vera Müller kein Verlust entsteht, bekam sie Bonusgold zugesprochen. Beides zum Marktpreis vom immer noch 35 Euro bewertet, ergab dies für Vera Müller – zumindest auf dem Papier – einen Gewinn von elf Prozent in gut einem Jahr.
Aus Sicht der DWL hat diese anfänglich 3.500 Euro Gewinn gemacht (überhöhter Verkaufspreis im Vergleich zum Marktpreis), der später durch Bonusgold in Höhe von 4.500 Euro mehr als aufgezehrt wurde. Damit das ein Geschäft gewesen wäre, hätte der anfängliche Gewinn mit einer Rendite von rund 30 Prozent angelegt werden müssen. Irgendwelche Vertriebskosten, Betriebskosten nicht einmal eingerechnet.

Nicht nur innen eine Baustelle: Der Firmensitz im oberbayerischen Kolbermoor. (Bild: Stefan Loipfinger)
Nicht nur innen eine Baustelle: Der Firmensitz im oberbayerischen Kolbermoor.
Bild: Stefan Loipfinger

Praktische Abwicklung. Kunden der DWL kauften überteuertes Gold und bekamen es auf Wunsch ausgehändigt. Nach gut einem Jahr kam ein Rückkaufsangebot. Selbst wenn der Preis in der Zwischenzeit gefallen ist, lag das Angebot so hoch, dass ein Gewinn für den Kunden übrig blieb. Er musste dazu sein anfänglich erhaltenes Gold zurückgeben. Rechtsanwältin Corinna Ruppel aus Rosenheim rät klar davon ab: „Der Anleger sollte nicht mehr in Vorleistung gehen und kein Gold mehr an die DWL zwecks Rückkauf senden.“ Das taten aber offenbar einige Investoren, die nun ohne Gold auf Geld warten. Ruppel rät solchen Anlegern, dieses als Eigentümer wieder heraus zu verlangen: „Allerdings muss der Kunde eine Nummer, Seriennummer etc. benennen können, mit der er sein Gold genau bezeichnen kann.“

Historie. Die DWL Deutsche Wertlager GmbH wurde 2015 mit Sitz in Kolbermoor bei Rosenheim gegründet. Die Hälfte der Unternehmensanteile übernahm Heike Schneider (56), die bis Mitte 2018 gleichzeitig als Geschäftsführerin fungierte. Die andere Hälfte der 25.000 Euro Stammkapital teilten sich vier in der Türkei lebende Personen: Erdogan Asik (55), Dilek Asik (53), Erdem Asik (29) und Miray Kuz (31). Im Sommer 2018 kam es dann offenbar zu größeren Unstimmigkeiten. Das Amtsgericht Rosenheim eröffnete am 2. Juli ein vorläufiges Insolvenzverfahren. Einen Tag später fasste Erdogan Asik den Beschluss, Heike Schneider mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin abzuberufen. Dem stimmte Schneider kurz darauf zu. Ihr Wettbewerbsverbot wurde aufgehoben und sie bekam noch bis Ende Juli ihr Gehalt bezahlt. Neuer Geschäftsführer wurde Dietmar Bintz (60). Das Rosenheimer Insolvenzgericht hob am 13. Juli die kurz vorher angeordneten Sicherungsmaßnahmen auf. Die Geschäfte konnten weiter laufen.

Netzwerk. Spannend wird der Fall DWL bei einer umfangreicheren Recherche in den Handelsregistern. Asik und Schneider haben oder hatten ihre Finger nicht nur bei der DWL im Spiel. 2011 gründete Heike Schneider die Goldbarters GmbH mit Sitz in Herrsching bei Starnberg. Später wurde der Sitz nach Kaufering verlegt. Die türkischen Freunde sind mit insgesamt 50 Prozent eingestiegen. Im Juli 2018 kam es auch hier zur Abberufung von Schneider als Geschäftsführerin. Hier übernahm der laut eigenen Angaben in Istanbul lebende Erdogan Asik die Geschäfte. Vor einigen Wochen wurde eine neue Gesellschafterliste beim Handelsregister hinterlegt, wonach Heike Schneider und Erdogan Asik nun jeweils 50 Prozent der Anteile vertreten.

Weitere Firmen. Damit nicht genug. Mit Sitz in Kaufering wurde 2015 eine bAV Golden Life GmbH zum Zweck des Vertriebs von Edelmetallen als Anlagegold und dem Handel von Edelmetallen aller Art eingetragen. Heike Schneider fungierte als Geschäftsführerin. In 2017 kam es allerdings schon zur Liquidation. Ebenfalls in Kaufering gibt es seit 2016 die ASK Edelmetall GmbH mit Geschäftsführer Erdogan Asik. Im November 2017 hat er als alleiniger Gesellschafter beschlossen, Erdem Saik und Miray Kuz, beide ebenfalls in Istanbul lebend, als Geschäftsführer zu bestellen. Am 17. Mai wurde nun im Handelsregister deren Abberufung veröffentlicht. Beide legten ihre Ämter am 3. April 2019 mit sofortiger Wirkung nieder.

Neugründung. Erdogan Asik ist weiter umtriebig und hat bereits eine neue Firma gegründet. Am 8. Februar 2019 beurkundete Notar Michael Volmer in Starnberg die Ein-Mann-GmbH Aunorm. Als Unternehmensgegenstand ist der Erwerb, die Veredelung und Veräußerung sowie in erster Linie generell der physische Handel mit Edelmetallen, insbesondere Gold definiert. Erdogan Asik hat sich auch selbst zum Geschäftsführer der Aunorm GmbH bestellt. Sitz des Unternehmens ist die Max-Plank-Straße 13 in Landsberg am Lech. Offenbar wird weiter Auslastung für die in Istanbul ansässige Goldraffinerie ISGold gesucht. Dieses 2011 gegründete und in der Türkei angesiedelte Unternehmen wird von Erdogan Asik als Vorstandsvorsitzenden geführt. Stellvertretende Vorstandsvorsitzende sind Erdem Asik und Miray Asik Kuz. Dilek Asik wird auf der Firmenhomepage als Finanzdirektor geführt.

Community. Da in diesem Fall ein hoher Bedarf zum Austausch besteht, steht ab sofort unter investmentcheck.community ein internes Forum zur Verfügung. Dieses ist nur für eingeloggte Nutzer sichtbar, so dass ein offener Austausch möglich ist.

Loipfinger’s Meinung. Ein Karriereplan der Firma Goldbarters aus 2015 zeigt eine Provisionsstaffel über sieben Stufen. Vom Repräsentanten bis zum Orgaleiter kann sich jeder Verkäufer bei der Abschlussprovision auf bis zu 9 (!) Monatsbeiträge hocharbeiten. Ein klassisches Strukturmodell, dem bei Goldsparplänen eigentlich die Möglichkeit fehlt, diese wirklich zu erwirtschaften. Zentrale Frage müsste folglich sein, wie diese Firmen die hohen Provisionen und die den Kunden versprochenen Rückkaufsgewinne tatsächlich verdienen wollen? Wenn das nicht schlüssig erklärt werden kann, bleibt nur die Frage nach einem Schneeballsystem übrig. Eigentlich ein Fall für die Finanzaufsicht BaFin, die angeblich bei Goldbarters mal aktiv gewesen sein soll.

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