Vermögensanlagen stärker auf dem Prüfstand

BaFin bellt laut! Aber beißt sie auch?

Kennen Sie das Referat „Operative Missstandsaufsicht, Produktintervention“ bei der Finanzaufsicht BaFin? Ilja Gafarov und Miriam Geßler arbeiten dort und haben sich im aktuellen BaFin-Journal zu Wort gemeldet. Es geht um Vermögensanlagen und die längst überfällige Anwendung von Gesetzen. Blind-Pools, Direktinvestments und gestufte Nachrangdarlehen habe man verstärkt im Blick. Große Worte, denen bisher noch keine erkennbaren Taten gegenüberstehen.

Auskunftsanspruch. Mit dem Kleinanlegerschutzgesetz wurde 2015 nicht nur der Verbraucherschutz als Aufgabe für die BaFin festgelegt. Natürlich gibt es nun auch Regeln im Detail, damit dieser Auftrag erfüllt werden kann. Dazu ist für den Bereich der Vermögensanlagen der Paragraph 19 von Bedeutung. Er gibt der Bundesanstalt das Recht, von einem Emittenten oder Anbieter Auskünfte, die Vorlage von Unterlagen und die Überlassung von Kopien zu fordern. Das kann sie zum Beispiel tun, um zu prüfen, ob der Verkaufsprospekt alle Angaben enthält und ob er kohärent sowie verständlich ist. Explizit nennt das Vermögensanlagengesetz Auskunftsansprüche zur Prüfung eventueller Produktinterventionen.

Die BaFin prüft Verbote von Vermögensanlagen wegen Zweifeln am Anlegerschutz
Die BaFin prüft Verbote von Vermögensanlagen wegen Zweifeln am Anlegerschutz
Bild: BaFin-Gebäude in Frankfurt, Stefan Loipfinger

Verbote. Wenn ein Anbieter gegen bestimmte Regeln verstößt, kann die BaFin nach Paragraph 18 Vermögensanlagengesetz ein Angebot untersagen. Bezüglich der konkreten Befugnisse über eher formelle Themen hinaus wird auf die Paragraphen 10 sowie 15 Wertpapierhandelsgesetz verwiesen. Von dort geht es weiter zu Artikel 42 der europäischen Verordnung Nummer 600/2014. Und dort sind als Gründe für ein Verbot unter anderem erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz genannt.

BaFin-Journal. Wer sich näher mit Vermögensanlagen beschäftigt, sollte unbedingt den Beitrag „Begrenzte Sicht für Anleger“ im aktuellen BaFin-Journal lesen. Die Tendenz des Beitrages kommt in der Unterüberschrift gut zum Ausdruck: „Besondere Risiken bestehen aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht bei Blindpools, Direktinvestments und mehrfachem Nachrang“. Gerade hier würde von der BaFin verstärkt geprüft und gegebenenfalls Produktinterventionsverfahren eingeleitet: „Oft führt bereits die Anhörung bzw. die Ankündigung einer Produktinterventionsmaßnahme dazu, dass das Angebot beendet und der Vertrieb der betreffenden Vermögensanlage durch den Anbieter eingestellt oder gar nicht erst aufgenommen wird.“ Wie oft das bereits passiert ist, geht aus dem Beitrag nicht hervor. Sobald es aber zu einem förmlichen Erlass einer Produktinterventionsmaßnahme kommt, wird darüber öffentlich berichtet.

Loipfinger’s Meinung. Wer den Artikel von Ilja Gafarov und Miriam Geßler liest, könnte von einem scharfen Vorgehen gegenüber zweifelhaften Anbietern ausgehen. Nur leider habe ich keine einzige Veröffentlichung zu einer Produktintervention bei einer Vermögensanlage gefunden. Zwischen dem Wunschdenken eines Referats „Operative Missstandsaufsicht“ und der Realität tut sich offenbar eine gigantische Kluft auf. Wieso sonst passierte bei P&R ab 2015 nichts? UDI ist ebenfalls ein Fall, den ich ganz weit oben auf der To-Check-Liste sehen würde. Und insgesamt ist diese Liste sehr lang!
Bald nun vier Jahre ohne eine Produktintervention zeugen nicht gerade von einer ernstzunehmenden Aufsichtstätigkeit. Und das liegt ganz bestimmt nicht an einer durchgehend hohen Produktqualität. Rund 250 Vermögensanlagen (ohne Scharmfinanzierungen) wurden seit Mitte 2015 neu aufgelegt. Ein Teil davon ist höchst unseriös! Aber alle sind es natürlich auch nicht! Deshalb hätte ich gerne mal eine Antwort auf die Frage: Womit begründet die BaFin eigentlich den in ihrem Journal ausgesprochenen Generalverdacht für Blind-Pools, Direktinvestments und mehrfachen Nachrang, wenn noch nie eine formelle Produktintervention notwendig war?


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