UDI bittet Anleger um Geduld

Statt sich vorwiegend um Altprobleme zu kümmern will Stefan Keller neue Geschäftsbereiche erschließen

Der neue UDI-Chef Stefan Keller reagiert auf öffentliche Kritik mit einem zwölfseitigen Interview. Die Fragen stellen ein Medientrainer und sein neuer PR-Berater Klaus Kocks. Folglich bleibt es an vielen Stellen oberflächlich. Interessant ist es trotzdem, da Keller eine Namensänderung ankündigt. Er will die Platzierungszahlen vervielfachen, zukünftig Wertpapiere emittieren und stark in die Immobilienprojektentwicklung expandieren. Keller nennt beispielhaft Pflegeimmobilien und Budgethotels. Gleichzeitig bittet er bestehende Anleger um Geduld. Von einer „Durststrecke“ und von drei bis vier Jahren ist die Rede. Und von vielen Themen, „die es zu lösen gilt“.

Vergangenheitskritik. Als neuer Chef kann Keller relativ offen Versäumnisse der Vergangenheit einräumen. Das tut er an ganz vielen Stellen, in dem er beschreibt, was er zukünftig besser machen möchte. Ein zentrales Reporting will er installieren, um Fehlentwicklungen umgehend zu erkennen. Eine Konzernstruktur soll es in zwei Jahren geben, um im Sinne eines Risk-Managements frühzeitig erkennen zu können, welcher Bereich läuft und welcher nicht. Zukünftig sollen Produkte angeboten werden, die „konservativ und sauber kalkuliert sind“ und bei denen „ein ganz klarer Business Case dahinter ist“. Für die bereits engagierten Anleger dürfte sich die Frage stellen, ob das alles bisher nicht der Fall war? Auch Keller selbst scheint von mancher Erkenntnis überrascht. Bezüglich seines Einstiegs als neuer UDI-Gesellschafter spricht er von einem Timing, das „vielleicht suboptimal“ war. Hinterher wäre man eben immer schlauer.

Vermutlich müssen bald ganz viele Firmenschilder ausgetauscht werden.
Vermutlich müssen bald ganz viele Firmenschilder ausgetauscht werden.
Bild: Firmenschild in der Nürnberger Zentrale, Stefan Loipfinger

Quersubventionierung. Grundsätzlich ist für Keller ist die Quersubventionierung schlecht laufender Unternehmensbereiche „an sich nichts Schlimmes“. Allerdings begrenzt er das ganz klar auf Gewinne in anderen Bereichen: „Das ist jedoch nur mit Nettoerlösen möglich, man kann und darf da keine Anlegergelder verwenden, weil die Biogasanlage die Rendite und die Rückzahlung an die Anleger in dem Moment nicht hergibt“. Leider sind die Fragensteller auch an dieser Stelle zu unternehmensfreundlich und fragen nicht nach, warum das in der Vergangenheit zumindest passierte?

Chancenklau. Keller verteidigt in dem Interview die Unternehmensstrategie, wonach es für „jedes einzelne Investment, jede Solaranlage, jede Biogasanlage, jede Immobilie eine separate Projektgesellschaft gibt“. Er nennt Sicherheitsgründe in Form von Abschottungen. Was er und die Interviewer aber nicht offen aussprechen, ist der damit verbundene Chancenklau. Denn Verluste tragen natürlich die Anleger voll mit, während die Gewinne von gut laufenden Projekten bei UDI bleiben. Im Idealfall zahlt die Projektgesellschaft Zins und Tilgung für die Anlegergelder, während Gewinne darüber hinaus die Gesellschafter einstecken.

Zinsvergleich. Besonders zweifelhaft ist das Interview an der Stelle, an der eine reduzierte Zinszahlung von sechs auf drei Prozent als tolle Verzinsung dargestellt wird, weil die Deutsche Bank einem der Interviewer nur 0,5 Prozent geboten habe. Weniger eine Frage, sondern mehr ein unternehmensfreundliches Statement ist die Aussage der Interviewer: „So, wir reden hier bei Ihnen doch über eine ganz andere Verzinsung bzw. Rentabilitätslandschaft.“ Unerwähnt bleibt die völlig andere Risikosituation, die jeden Vergleich einer einlagengesicherten Bankverzinsung mit einem Nachrangdarlehen verbietet. Und ebenfalls unerwähnt bleibt das viel größere Problem, dass in diesen Fällen massive Abschreibungen die Rückzahlung des Kapitals in Frage stellen. Beispielsweise zahlte UDI Energie Festzins V zuletzt 2,45 statt 5,5 Prozent Zins, was nach der Sicht der Interviewer immer noch eine gute Verzinsung darstellt. Aber per Ende 2017 steht dem Anlegerkapital von 7,3 Millionen Euro ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von 4,3 Millionen Euro gegenüber. Ohne ein Wunder ist also die vollständige Rückzahlung gefährdet.

Größenwahn. Während Keller die bestehenden Anleger wegen einer Durststrecke um 36 bis 48 Monate Geduld bittet, will er deutliche Expansionen realisieren: „Wir haben das klare Ziel, dass wir mittelfristig pro Jahr hundert Millionen Kapital generieren und daraus entsprechende Projekte realisieren. Das bedeutet nach der heutigen Marktsituation, dass man zusammen mit den Bankfinanzierungen irgendwo jährliche Investitionen von dreihundert bis vierhundert Millionen Volumen umsetzt, und dann bist du halt in drei Jahren bei einer Milliarde.“ Realisieren will Keller das Wachstum stark im Immobilienbereich. Er stellt Pflegeheime als vernünftiges Investment dar. Auch Budgethotels werden nach seiner Meinung gebraucht. Sogar den Namen UDI für UmweltDirektInvest will er ändern, weil ihm dieser „zu kurz gesprungen ist“.

Loipfinger’s Meinung. Seit Anfang Februar hat UDI mit Klaus Kocks einen Medienprofi engagiert, der als ehemaliger VW-Vorstand vermutlich nicht günstig ist. Das Ergebnis ist bisher enttäuschend. Eine Presseanfrage aus dem Januar und eine weitere aus dem Februar sind immer noch unbeantwortet, obwohl Kocks mehrfach Antworten in Aussicht gestellt hat. Zuletzt schrieb er, er säße „den ‚Fachleuten‘ auf der Brust“. Er scheint ein Leichtgewicht zu sein, denn passiert ist bisher nichts. Stattdessen nun das fragwürdige Interview, das anscheinend auch an Anleger verschickt wurde. Wer zwischen den Zeilen liest, dürfte kein gutes Gefühl dabei haben, wenn ein Unternehmen in der Krise mit Gewalt in neue Bereiche vorstößt, statt sich mit aller Kraft den vielen Problemen aus der Vergangenheit zu stellen.

Bisherige UDI-Berichterstattung (chronologisch):
Einzelfälle oder UDI-typisch? (28. Februar 2019)
Da läuft einiges aus dem Ruder (23. Januar 2019)
Problemhäufung bei UDI (19. November 2018)


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