BaFin untersagt Vertrieb

Erstes Verbot nach eineinhalb Jahren

Seit dem 1. Januar 2017 müssen alle Angebote, „die eine Verzinsung und Rückzahlung oder einen vermögenswerten Barausgleich im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld gewähren oder in Aussicht stellen“, einen Verkaufsprospekt bei der BaFin vorlegen. Erst nach Gestattung der Verkaufsunterlagen darf zwölf Monate lang Geld bei Anlegern eingesammelt werden. Manche Anbieter schert das nicht, was aufgrund der bisherigen Untätigkeit der Aufsichtsbehörde immer gut ging. Jetzt hat es aber den ersten Anbieter erwischt. Die BaFin hat der Agri Terra KG den Vertrieb ihrer „OrangenRENTE“ untersagt.

Verbot. Nachdem das Vermögensanlagengesetz nun schon seit fast eineinhalb Jahren für Direktinvestments ein 3-seitiges Vermögensanlagen-Informationsblatt und einen Verkaufsprospekt vorschreibt, hat die BaFin nun dem ersten Anbieter den Vertrieb untersagt, da er sich nicht an diese Vorgabe hält. Dabei handelt es ich um die Agri Terra KG, die Geld mit der zweifelhaften Bezeichnung „Landerwerb in Paraguay mit OrangenRENTE“ sammelte. Die Veröffentlichung des Verbotes erfolgte erst sechs Wochen nach der Mitteilung an den Anbieter am 3. Mai 2018.

Eine Rente, die diesen Namen nicht verdient!
Eine Rente, die diesen Namen nicht verdient!
Quelle: Homepage Agri Terra KG

Homepage. Auf der Homepage der Agri Terra KG findet sich aktuell der Hinweis, dass derzeit in Deutschland keine Vermögensanlage angeboten wird: „Derzeit wird für den Vertrieb in Deutschland der für diese Vermögensanlage erforderliche Verkaufsprospekt gemäß VermAnlG / VermVerkProspV erstellt.“ Informationen bekommt nur noch der, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder Wohnsitz mit außerhalb Deutschlands angibt.

Pressemitteilung. Spannend wird der Fall, wenn man die vor einer Woche noch veröffentlichte Presseinformation einbezieht. Am 12. Juni hat Agriterra über anhaltendes Wachstum „dank erfolgreichem Investitionskonzept“ berichtet: „Die Orangenernte als Kombination aus Landeigentum in Paraguay und Bewirtschaftungsvertrag ist längst ein Erfolgsmodell.“ Und obwohl die BaFin am 3. Mai das Vertriebsverbot ausgesprochen hat, wurde vollmundig verkündet: „Mit der Orangenernte von Agri Terra setzen deutsche Investoren auf langfristig stabile Renditeaussichten, die ein regelmäßiges passives Einkommen ermöglichen. Die Investition in bewirtschaftete Landparzellen einer großen Orangenbaumplantage, auch Orangenrente genannt, erweist sich als nachhaltig und erfolgreich – nicht nur für Investoren, sondern auch für die Agri Terra KG.“

Dauerwerbung. Nicht nur mit der Pressemitteilung wurde ohne Verkaufsprospekt Anlegerkapital geworben. Agri Terra-Geschäftsführer Carsten Pfau erklärte im März 2018 in einem Interview mit wallstreet-online: „Wenn ich mit Sicherheit wenig oder gar keine Rendite mit Investitionen in Deutschland und Europa erziele -egal, ob ich dabei auf Sparbuch-Zinsen, Mietrenditen oder Dividenden schaue- dann bin ich auch schnell bereit, moderat höhere Risiken einzugehen, wenn ich dabei dann aber solide, zweistellige Renditen erwarten darf.“ Die Finanzumschau berichtete im Januar über Ernteerträge von jährlich 2.000 bis 6.000 US-Dollar bei einem Investment von 16.500 US-Dollar. Auf dem Portal wirtschaft.com wurde vorgerechnet, dass selbst unter konservativen Annahmen 150.000 Euro Ertrag über 25 Jahre zu erwarten sind.

Sachwert-Magazin. Die Werbekassen zweifelhafter Anbieter sind meist prall gefüllt. Agri Terra hat sich beispielsweise als „Bester Anbieter Öko-Investment“ auszeichnen lassen. Das Sachwert Magazin von Julien D. Backhaus hat das unerlaubte Produkt Anfang 2017 aufgrund einer „durchgeführten Datenerhebung“ belobigt. Natürlich ist kein Zusammenhang zwischen den regelmäßigen Anzeigen im Heft und der Auszeichnung herstellbar. Aber ein Produkt ohne vorgeschriebenen Verkaufsprospekt zeugt nicht gerade von einer unabhängigen und/oder qualifizierten Auswahl bei der Bewertung.

BaFin-Untätigkeit. Ein anderes Beispiel für die Untätigkeit der Aufsichtsbehörde bei Anbietern von Direktinvestments wurde von investmentcheck.de bereits im Dezember 2017 veröffentlicht. “Warum tut die BaFin nichts dagegen?“, lautete damals die Überschrift. Trotz Anzeige bei der BaFin ist bis heute nichts passiert und der Anbieter UAB Family Trees verkauft weiter unter dem Slogan „Bäume fürs Leben“.

Loipfinger’s Meinung. Im Zweifel für den Anbieter. So lautet offenbar die Interpretation von Gesetzen der BaFin. Der seit 2015 vom Gesetzgeber festgeschriebene Auftrag des “kollektiven Verbraucherschutzes“ interessiert nicht. Und bei Agri Terra hat die BaFin nun sogar selbst festgestellt, dass ein Verkaufsprospekt notwendig ist. Doch warum hat es eineinhalb Jahre gedauert, bis die Aufsichtsbehörde diese Erkenntnis in die Tat umsetzte? Ich bin gespannt, ob es sich hier um eine Eintagsfliege handelt oder ob nun öfter unseriösen Anbietern der Vertrieb ohne Verkaufsprospekt untersagt wird. Es wird Zeit, dass die BaFin den Verbraucherschutz endlich systematisch anpackt!

Ausführliches Interview mit Carsten Pfau zum Vertriebsverbot der BaFin (pdf mit 565 KB)


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