Haftet die BaFin im Fall P&R?

Erste Anwaltskanzlei prüft Ansprüche

Das Versagen der BaFin im Fall P&R ist offenkundig. 400 Millionen Euro Anlegerkapital wurden in 2017 mit Verkaufsprospekten eingesammelt, die von der BaFin so nicht gestattet werden hätten dürfen. Diese Meinung vertritt nun auch der mit den LBB-Fonds der Landesbank Berlin bekannt gewordene Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp aus Berlin. Er prüft deshalb für einige Anleger bereits Haftungsklagen gegen die Aufsichtsbehörde.

Investmentcheck: Die BaFin als Aufsichtsbehörde zu verklagen hat bisher noch niemand gewagt. Was stimmt Sie positiv, damit Erfolg haben zu können?

Dr. Wolfgang Schirp. Der EuGH hat im Rahmen einer Entscheidung klargestellt, dass eine Beschränkung des Pflichtenkreises nationaler Aufsichtsbehörden dann in Ordnung ist, wenn die Entschädigung der Einleger gewährleistet ist. Genau das ist bei P&R ja aber nicht der Fall, da hier keine Einlagensicherung oder ähnliches greift. Damit verstößt der Ausschluss der Amtshaftung gegenüber Anlegern gegen Europarecht.

Dr. Wolfgang Schirp von der Kanzlei Schirp & Partner Rechtsanwälte mbB
Die BaFin trägt bei P&R eine Mitverantwortung
Bild: Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp

Denken wir Ihren Ansatz noch einen Schritt weiter. Wenn die BaFin für die Verluste von Anlegern gerade stehen müsste, wäre dann der Steuerzahler der Leidtragende?

Ganz klar nein! Im Fall der Fälle würde die BaFin den Schaden in ihre Umlage einstellen, die sie an die zu beaufsichtigenden Unternehmen weiterreicht. Diese Praxis ist vom Bundesverfassungsgericht als zulässig erachtet worden, um gerade nicht den Steuerzahler zu belasten.

Ohne Ihre Strategie hier öffentlich ausbreiten zu wollen. Können Sie trotzdem ein Beispiel anführen, warum die BaFin ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist?
Spätestens seit dem „Nachtrag Nr. 1“ zum Angebot 5001 hätte eine BaFin erkennen müssen, dass die Zahlungsflüsse nicht wie prospektiert stattfanden. Mangels Zahlung an die Schweizer P&R-Gesellschaft waren auch noch keine Container übereignet worden. Stattdessen gab es ein Verrechnungskonto mit einer deutschen P&R-Gesellschaft. Nur: Die Anleger haben die versprochenen Container nicht erhalten, obwohl dafür die Frist eigentlich nur 90 Tage betrug. Diese Abläufe hätten bei der Aufsicht klärende Nachfragen auslösen müssen, zu der sie nach dem Vermögensanlagengesetz ausdrücklich berechtigt ist.

Wenn Sie sich vor allem auf Europarecht berufen, dann wird das Verfahren sicherlich nicht einfach. Was bewegt Sie dazu, die BaFin stärker in der Pflicht zu sehen?
Eine Klage gegen die Aufsichtsbehörde löst meines Erachtens einen Schub in Richtung Anlegerschutz aus. Zwar ist der kollektive Anlegerschutz mit dem Kleinanlegerschutzgesetz als Auftrag an die BaFin übertragen worden, doch bisher scheint die Angst vor teuren Rechtsanwälten der Anbieter größer zu sein als die vor geschädigten Anlegern. Wenn nun eine ernsthafte Gefahr in Richtung Schadensersatz durch Anleger entsteht, würde wieder ein Gleichgewicht der Kräfte herrschen. Außerdem würde die Finanzbranche bei schwarzen Schafen nicht mehr wegsehen, wenn sie im Zweifel durch eine BaFin-Umlage zur Kasse gebeten wird.

Vielen Dank für das Gespräch.


Beitrag veröffentlicht

in

von