Spot an auf die Lichtmiete

Hausdurchsuchungen und Betrugsverdacht bei der Deutschen Lichtmiete

Die Deutsche Lichtmiete bezeichnet sich als Nummer Eins für Light as a Service in Europa. Das als innovativ und nachhaltig bezeichnete Geschäftsmodell wurde mehrfach ausgezeichnet. Doch jetzt hat die Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen des Verdachts von gemeinschaftlichem Betrug durch vier Verdächtige etwas genauer in die dunklen Ecken des Geschäftsmodells geblickt. Immerhin geht es um über 200 Millionen Euro von mehr als 5.000 AnlegerInnen. Dabei ist es eigentlich nichts Neues, dass die erheblichen Mietunterdeckungen aus der Vermietung von LED-Lampen durch tolle Zwischenhandelsgewinne beim Verkauf gespeist wurden.

Hausdurchsuchungen. Die Staatsanwaltschaft Oldenburg veröffentlichte zusammen mit der Zentralen Kriminalinspektion Oldenburg eine Presseerklärung zur „Vollstreckung von Durchsuchungsbeschlüssen wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen Betruges“. Gestern, am 8. Dezember wurden demnach Wohn- und Geschäftsräume der Beschuldigten durchsucht. Das dahinterstehende Ermittlungsverfahren richtet sich gegen vier Verantwortliche der Unternehmensgruppe: „Es besteht der Anfangsverdacht, die Beschuldigten hätten zu einem bislang nicht bekannten Zeitpunkt, möglicherweise während des Laufs der Direktinvestitionsprogramme, erkannt, dass das von ihnen betriebene Investorenmodell nicht tragfähig und ungeeignet war, um die Bezahlung der fälligen und künftig fälligen Forderungen der Anleger aus den Einnahmen der vermieteten technischen Einrichtungen zu generieren. Gleichwohl sollen sie von 2018 bis 2021 weiteres Kapital von Investoren durch die Platzierung von Inhaber-Schuldverschreibungen (Unternehmensanleihen) in einer Gesamthöhe von über 100 Millionen Euro eingeworben haben.“ In einer Stellungnahme hat Alexander Hahn, Vorstand der Deutsche Lichtmiete AG, erklärt: „Die Deutsche Lichtmiete kooperiert vollumfänglich mit den ermittelnden Behörden. Wir werden im Interesse unserer Mitarbeiter, Investoren und der weiteren Beteiligten aktiv dazu beitragen, die Vorwürfe schnellstmöglich aufzuklären.“ Mehr wollte das Unternehmen mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht dazu sagen.

Hausdurchuchungen und Betrugsverdacht bei der Deutschen Lichtmiete
Hausdurchuchungen und Betrugsverdacht bei der Deutschen Lichtmiete
Bild: Screenshot von der Homepage, erstellt am 9. Dezember 2021

Historie. Am 21. November 2008 ging Alexander Hahn zum Notar, um die Deutsche Lichtmiete GmbH zu gründen. 25.000 Euro Stammkapital brachte er mit, um in den Erwerb, den Handel und die Vermietung von Beleuchtungsanlagen einzusteigen. „Light as a service“ nannte er seine Idee später, mit der er einen nennenswerten Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten wollte. Um das Miet-Licht-Modell so richtig groß zu machen, brauchte er viel Geld. Das wollte er ab 2010 mit Namensgenussrechten einsammeln, was aber nicht erfolgreich gelang. Im Frühjahr 2012 versuchte er es dann mit zwei Fonds, den Deutsche Lichtmiete Werte 2012 Fonds 1 und den Deutsche Lichtmiete Werte 2012 Fonds 2. Auch das klappte nicht gut, weshalb die beiden Emittenten in 2014
„infolge Ausscheidens des einzigen Kommanditisten durch Anwachsung erloschen“ sind. Erst 2015 gelang der Durchbruch mit Direktinvestments.

Direktinvestments. Die ersten Millionen sprudelten mit einem Angebot ins Haus, das den sperrigen Namen Direktinvestment Deutsche Lichtmiete 2015 trug. Insgesamt 5,4 Millionen kamen von Januar bis August 2015 zusammen. Stolze 29,3 Millionen Euro waren es dann schon beim Direktinvestment LichtmieteEnergieEffizienz A+ Direkt-Investitions-Programm 2016. Immerhin 13,8 Millionen Euro kamen mit dem Programm 2017 zusammen und weitere 27,6 Millionen Euro mit dem Programm 2018. In Summe waren das bereits 76 Millionen Euro Anlegerkapital, die zu größeren Taten anspornten.

Wertpapiere. Was am Ende die Beweggründe dafür waren, warum die Lichtmiete von Direktinvestments auf Anleihen als Finanzierungskonstrukt wechselte, ist nicht bekannt. Es könnte aber mit der etwas höheren Zuordenbarkeit von Einnahmen und Ausgaben bei Direktinvestments zusammenhängen. Wie auch immer, gestattete die Finanzaufsicht im Februar 2018 den ersten Wertpapierprospekt für die Deutsche Lichtmiete EnergieEffizienzAnleihe 2022. Gesucht und gefunden wurden zehn Millionen Euro. Das klappte so gut, dass im gleichen Jahr eine Anleihe mit Laufzeit 2023 folgte. Deren Volumen lag bei 30 Millionen Euro. 2019 gab es dann eine weitere Emission der Deutschen Lichtmiete AG mit 50 Millionen Euro und die im Januar dieses Jahres aufgelegte Inhaberschuldverschreibung sollte mit 30 Millionen Euro Volumen eine Verzinsung von 5,25 Prozent bis 2027 bringen. Das reduzierte Volumen in diesem Jahr reichte allerdings nicht, so dass im Juli bereits fast alles verkauft war und das Volumen auf 50 Millionen Euro aufgestockt wurde: „Unsere Anleihe ist ausplatziert“, schreibt die Lichtmiete zwischenzeitlich auf ihre Homepage und bietet an, dass man sich schon für das Nachfolgeprodukt vormerken lassen könnte. Insgesamt stehen damit 140 Millionen Euro Anleihenkapital im Feuer.

Visionen. Wie groß die Unternehmensgruppe wirklich dachte, zeigte sie an anderen Aktionen. Im Juni 2018 beschlossen die Aktionäre eine Sachkapitalerhöhung bei der Deutschen Lichtmiete AG durch Einbringung verschiedener Lichtmiete-Gesellschaften (Dunkle Ecken im Geschäftsmodell). Allein die Produktionsgesellschaft sollte laut einem fragwürdigen Bewertungsgutachten über 100 Millionen Euro Wert sein. Bilanziell sah das alles toll aus in der AG und die Bilanzsumme ist bis Ende 2020 auf 172 Millionen Euro angewachsen. Im Sommer dieses Jahres startete schließlich ein Family & Frieds-Programm für die inhabergeführte und mehrfach prämierte Renditeperle: „Dieses vorbörsliche Angebot ist streng limitiert und nur für Kunden & Freunde zugänglich. Ökologisch, innovativ, konservativ und sehr rentabel! Geplanter Börsengang Ende 2022.“ Eine Presseanfrage an die Lichtmiete, ob es dafür einen genehmigten Wertpapierprospekt gäbe und zu welchen Bedingungen die Aktien platziert werden, blieb leider unbeantwortet.

Weitere Informationen finden Sie auf
https://investmentcheck.community
Diskutieren Sie mit anderen AnlegerInnen und ExpertInnen 
über die aktuelle Situation bei der Deutschen Lichtmiete.

Loipfinger’s Meinung. Es gibt das Gerücht, ein Betriebsprüfer hätte die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts von einem Schneeballsystem involviert. Ein anderes Gerücht besagt, dass sogar institutionelle Investoren mit Millionenbeträgen engagiert wären. Wenn das stimmt, dann muss ich mich schon fragen, wie das sein kann. Lässt man sich keine vollständigen Jahresabschlüsse zeigen? Klar hat man diese mir gegenüber nicht herausgegeben. Erst als ich ein paar Finanzzahlen durch einen Zufall auf den Tisch bekam, konnte ich sehr schnell erkennen, was auch der Betriebsprüfer – falls das Gerücht stimmen sollte – gesehen hat. Ich habe es dann vor über einem Jahr öffentlich gemacht (Dunkle Ecken im Geschäftsmodell). Und trotzdem hat die Finanzaufsicht dieses Jahr eine neue Anleiheemission genehmigt und der Vertrieb davon 50 Millionen Euro platziert.

Service. Wenn Sie über den Skandal um die Deutsche Lichtmiete mit mir oder mit anderen AnlegerInnen diskutieren wollen, dann können Sie sich gerne im Forum Investmentcheck.Community eintragen. Die Registrierung ist kostenlos und kann Ihnen weitere Erkenntnisse für Ihre Entscheidungen liefern. Sofern Sie regelmäßig an Informationen von investmentcheck.de interessiert sind, können Sie sich hier für den kostenlosen Newsletter eintragen. Sie erhalten dann wöchentlich eine entsprechende Mail.

Hinweis. Nach Redaktionsschluss ging eine Stellungnahme der Deutschen Lichtmiete zu den Hausdurchsuchungen bei Investmentcheck ein. Der Beitrag wurde diesbezüglich drei Stunden nach seiner Erstveröffentlichung aktualisiert, um die Aussagen des Unternehmens selbst ebenfalls zu kommunizieren.

Beitrag teilen


Beitrag veröffentlicht

in

von