Wer ist hier faul?

Wattner will zu erkennbaren Problemen keine Antworten liefern

200 Millionen Euro von mehr als 8.000 Anleger machten Wattner zum Emissionshaus mit den meisten deutschen Megawatt-Solarkraftwerken. Vieles läuft plangemäß, doch bei den erkennbaren Problemen will Vorstand Ulrich Uhlenhut keine Erklärungen abgeben. Auch sonst wirft seine Mail mehr Fragen auf als sie beantwortet. Interessenten für das aktuelle Angebot SunAsset 9 sollten sich gut überlegen, ob sie wirklich ausreichend an den Chancen aus Solarkraftwerken beteiligt sind.

Wattner. Mehr als 8.000 Anleger vertrauen seit 2008 auf den Anbieter von Solarinvestitionen in Deutschland. Sie haben rund 185 Millionen Euro in die Angebote eins bis acht investiert. Aktuell wird das Angebot mit der Nummer neun platziert. Im Verkaufsprospekt beschreibt sich der Anbieter als Marktführer: „Die Wattner Gruppe ist das einzige auf Projektierung, Errichtung und Betriebsführung von Energieanlagen spezialisierte ingenieursgeführte Emissionshaus mit den meisten deutschen Megawatt-Solarkraftwerken; das Portfolio umfasst inzwischen über 95 Solarkraftwerke in ganz Deutschland mit einer Gesamtleistung von ca. 353 MW.“ Der rechtliche Rahmen für Anleger änderte sich 2015, als Wattner von Kommanditeinlagen auf qualifizierte Nachrangdarlehen wechselte. Angeblich „entfällt für die Anleger das Risiko einer unternehmerischen Verlustbeteiligung“. So beschreibt es der Vorstand Ulrich Uhlenhut in der Leistungsbilanz 2019. Im von der Finanzaufsicht BaFin gestatteten Verkaufsprospekt für das aktuelle Angebot steht allerdings: „Das Risiko für den Anleger besteht darin, dass er seine Zinszahlungen nicht in prognostizierter Höhe, verspätet oder gar nicht erhält sowie sein gesamtes in die Vermögensanlagen investiertes Kapital verliert (Totalverlust).“

Die prognostizierten Renditen von Wattner-Produkten sind heute niedriger als anfänglich
Die prognostizierten Renditen von Wattner-Produkten sind heute niedriger als anfänglich
Quelle: Verkaufsprospekte, Leistungsbilanz

Wattner 1 und 2. Bis Mai 2009 investierten Privatanleger insgesamt fünf Millionen Euro in den SunAsset 1. Ihnen wurden für rund fünf Jahre Laufzeit Ausschüttungen in Höhe von 184 Prozent versprochen. Das entsprach einer Rendite von etwa 16 Prozent, die auch tatsächlich erzielt wurde. Eine ehrliche und den Risiken entsprechende Verzinsung. Bei dem Folgeangebot Nummer 2 lag die in Aussicht gestellte Verzinsung allerdings nur noch bei acht Prozent. Bei einer Laufzeit bis Ende 2018 investierten Anleger ein Volumen von 45,2 Millionen Euro. Sie wurden nicht enttäuscht und erhielten die prognostizierten Ausschüttungen.

Wattner 3 und 4. Beim SunAsset 3 mussten die Anleger 2019 über eine verzögerte Beendigung entscheiden. Bis dahin flossen die Ausschüttungen plangemäß. Wer sich gegen eine Verlängerung ausgesprochen hat, der bekam sein Geld Ende des vergangenen Jahres zurück. Die anderen Anleger erhalten jährlich reduzierte Auszahlungen von 5,5 Prozent. Auf diesem Niveau liegen auch die nicht plangemäßen Auszahlungen beim 2012 aufgelegten SunAsset 4. Statt der prospektierten acht bis zehn Prozent flossen fünf bis sechs Prozent. In absoluten Zahlen sollte ein Anleger in fünf Jahren 40 Prozent Gewinn erzielen, wobei am Ende mit 21 Prozent nur rund die Hälfte raus kam. Zu den Hintergründen für die Planabweichungen befragt antwortete Vorstand Uhlenhut wenig nachvollziehbar, er könne bestätigen, dass „es bei keiner unserer Vermögensanlagen negative Abweichungen gibt – auch nicht beim SunAsset 4“.

Wattner 5 und 6. Mit dem SunAsset 5 änderte Wattner die rechtlichen Rahmenbedingungen für Anleger. Statt einer mit Kontroll-, Informations- und Mitspracherechten ausgestatteten Fondsbeteiligung gab es ab 2015 Darlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt. Die als Ausgleich für die erheblichen Risiken versprochene Verzinsung sank auf magere drei Prozent pro Jahr, was nur wenige Investoren überzeugte. Mit 2,2 Millionen Euro eingesammeltem Anlegerkapital lag das Interesse nur bei einem Bruchteil der vorherigen Platzierungsergebnisse. Die nachrangig zugesagten Zinszahlungen erfolgten bisher plangemäß. So scheint es auch beim SunAsset 6 zu sein, wobei für das an institutionelle Anleger platzierte Angebot nur wenige Detailzahlen bekannt sind. Die Zinsen mit 3,29 Prozent überzeugten nur wenige Profianleger, wie die Bilanzsumme von knapp 13 Millionen Euro per Ende 2018 nahelegt.

Wattner 7 und 8. Leicht verbesserte Zinsversprechen gaben Uhlenhut und sein Vorstandskollege Guido Ingwer wieder ab dem SunAsset 7. Aus 10.000 Euro Nachrangkapital sollen in 20 Jahren 18.739 Euro werden. Auf einem ähnlichen Niveau ist die Verzinsung auch beim SunAsset 8, der mit 13 Jahren allerdings etwas kürzer läuft. Bisher wird bei beiden Angeboten plangemäß ausgezahlt. Allerdings reagierte Uhlenhut etwas ungehalten auf die Frage, warum die Jahresabschlüsse 2018 erst sehr spät im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden. Denn bei diesen beiden Angeboten gelten die im Vermögensanlagengesetz definierten Transparenzvorschriften mit einer Einreichungsfrist der Jahresabschlüsse von sechs Monaten nach Geschäftsjahresende. Uhlenhut antwortete unkonkret, sie würden alle Fristen einhalten und die Darstellung der Jahresabschlüsse müsse niemandem Sorgen bereiten.

Wattner 9. Eine Ungleichbehandlung von Anlegern hat Wattner bei dem aktuellen Angebot eingebaut. Wer „nur“ die Mindestzeichnungssumme von 5.000 Euro aufbringt, der bekommt bis 2030 jährlich vier Prozent Verzinsung, während größere Anleger ab 25.000 Euro mit 4,5 Prozent etwas mehr erhalten. Ob diese Verzinsung den erheblichen Risiken eines Blind-Pools gerecht wird, darf durchaus bezweifelt werden. Anleger sollten sehr gut überlegen, ob die Chancen fair verteilt sind. Den bis zu 50 Millionen Euro Nachrangkapital der Anleger stehen prospektgemäß 0,5 Millionen Euro Kommanditkapital der Gründungskommanditistin Wattner Energie und Management GmbH & Co. KG gegenüber. Die Komplementärin Wattner 9 Verwaltungs GmbH ist eine 2019 neu gegründete 25.000 Euro GmbH. Läuft also etwas schief bei den Solarinvestments, schlägt das schnell auf die Anleger durch. Vom positiven Fall profitieren die Investoren aber nur in Form ihrer Verzinsung. Den wirklichen Gewinn darüber streicht Wattner ein. Ein Fondskonzept würde die Anleger viel fairer an den Chancen beteiligen.

Negatives Eigenkapital. Eine wichtige Rolle innerhalb der Wattner-Gruppe übt die Wattner Projektentwicklungsgesellschaft mbH aus. Im Verkaufsprospekt des aktuellen Angebots Nummer 9 steht dazu: „Die Wattner Projektentwicklungsgesellschaft mbH ist für die Investitionen zuständig. Insbesondere übernimmt sie in diesem Zusammenhang die Entwicklung und Planung der Solarkraftwerke, deren Errichtung und Anschaffung sowie deren Betriebsführung und Ertragsüberwachung.“ Damit ist dieses Unternehmen nach Meinung von Investmentcheck sehr wichtig für den langfristigen Erfolg der Anlegerinvestments. Doch leider zeigt die Bilanz 2018 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Gegenüber dem Vorjahr hat sich dieser um 650.000 Euro erhöht, weshalb Uhlenhut etwas zu den Hintergründen dieser Überschuldung sagen sollte. Wenig aussagekräftig antwortete der Wattner-Vorstand: „Die Darstellung unserer Jahresabschlüsse muss niemandem Sorgen bereiten. Zumal Sie ja ganz sicherlich ohnehin recherchiert haben, dass die Wattner Projektentwicklungsgesellschaft in keiner Weise etwas mit der Performance oder der Nutzung der Erträge der laufenden Solarkraftwerke in unseren Vermögensanlagen zu tun hat.“

Uhlenhut’s Meinung. Auf die Anfrage von Investmentcheck reagierte der Wattner-Vorstand fast schon beleidigend. Damit sich jeder selbst einen Eindruck verschaffen kann, wird hier gerne der erste Absatz aus der Mail zitiert: „Hallo Herr Loipfinger. Sie wissen doch, dass ich Ihnen keine Detailfragen mehr beantworte. Ihr Umgang mit der Darstellung von Fakten im Jahr 2018/2019 war dafür einfach zu desaströs und die Entschuldigung/Ausrede diesbezüglich unverschämt scheinheilig, für jemanden, der sich aufspielt, andere bewerten zu wollen. Bitte vergessen Sie auf keinen Fall, genau diese Begründung für meine ablehnenden Antworten mit zu veröffentlichen.“
Zur Einordnung der Hintergründe: Investmentcheck verschickt an Wattner wie an andere Produktanbieter bei neuen Emissionen Fragen zu den jeweiligen Anlagemodellen. Dabei handelt es sich dem Konstrukt entsprechend ausgewählte Standardfragenkataloge, wie sie auch einen Anleger interessieren könnten. Die Fragen und Antworten werden wie eine Art FAQ jeweils veröffentlicht, damit Interessierte diese in ihre Meinungsbildung einbeziehen können. Was Uhlenhut nicht gefällt ist die Tatsache, dass bestimmte Antworten durchaus in den umfangreichen Verkaufsunterlagen zu finden sind. Er erwartet offenbar, dass Investmentcheck dies entsprechend auswertet: „Aber das steht ja alles in unseren Prospekten, die Sie immer so aufmerksam lesen, bevor Sie zu 100% pauschaliert und eben überhaupt nicht zu den Vermögensanlagen passend Ihre ‚Presseanfragen‘ zu neuen Produkten verschicken und dann tatsächlich erwarten, dass wir Ihre Arbeit machen und Ihre Datenlücken füllen. Ein Schelm, wer Faulheit dabei denkt.“

Loipfinger’s Meinung. Investmentcheck ist ein frei zugängliches und kostenlos nutzbares Informationsportal. Das Ziel ist, die Transparenz auf dem grauen Kapitalmarkt zu erhöhen und für die Meinungsbildung interessierter Anleger zusätzliche Informationen zu liefern. Das mag manchen gefallen und manchen eben nicht. Was Uhlenhut offenbar verkennt ist die Tatsache, dass werbende Vermittler für die Produktpräsentation im Internet bei Abschlüssen von der acht-prozentigen Vermittlungsprovision profitieren. Investmentcheck ist allerdings ein persönlicher Blog eines Journalisten, der keine Kapitalvermittlungen durchführt. Investmentcheck hat überdurchschnittlich interessierte Leserinnen und Leser, die sich eine eigene Meinung bilden wollen. Warum Uhlenhut beim Versenden von produkttypischen Standardfragen gleich Faulheit unterstellt, muss er selbst wissen. Ganz anders sieht es bei der Presseanfrage im Vorfeld dieser Berichterstattung aus. Die hierzu gestellten Fragen waren nicht standardisiert, sondern beruhten auf individuellen Recherchen, die eigentlich keine so schlimmen Ergebnisse hervorbrachten. Trotzdem hat er auch hier nicht geantwortet.

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