Erste Immobilienfundings insolvent

Zinsland-Anleger bangen um 1,25 Millionen Euro

Die Berater von PwC melden ganz aktuell weiter gestiegene Immobilienpreise: „Noch spielt die Musik im deutschen Markt“, lautet die Überschrift zu einer entsprechenden Veröffentlichung. Schwarmfinanzierungen mit Immobilien brummen entsprechend. Exporo wird mit Geld überschüttet. Ein Projekt mit 565.000 Euro Fundingkapital wurde in 18 Minuten platziert. Ein anderes mit 2,5 Millionen in drei Stunden. Doch mit dem Insolvenzantrag für eine Immobilienentwicklung ziehen erste Gewitterwolken auf. „Luvebelle“ lautete der Marketingname für ein Projekt mit 52 Micro-Apartments. Zinsland war die Crowdplattform, die das Geld für den ersten Pleitefall einsammelte.

Funding 1. Im Mai 2016 wurden über Zinsland von 274 Anlegern insgesamt 500.000 Euro für ein Architektur- und Ingenieurbüro in München eingesammelt. Die Conrem-Ingenieure GmbH mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Michael Groh plante damit „52 hochwertig ausgestattete Micro-Apartments“ in Berlin-Tempelhof. Das Gesamtinvestitionsvolumen für die 1.470 Quadratmeter Wohnfläche war mit 7,49 Millionen Euro angegeben. Bei geplanten 8,35 Millionen Euro Erlösen aus dem Verkauf aller Wohnungen hätten durchschnittlich 5.700 Euro pro Quadratmeter erlöst werden müssen. Grundsätzlich geplant war eine Rückzahlung der Darlehen an die Anleger inklusive sieben Prozent Zinsen pro Jahr am 28. Oktober 2017.

7 Prozent Zinsen für 18 Monate Laufzeit klang besser, als es war.
Quelle: Homepage Zinsland.de
7 Prozent Zinsen für 18 Monate Laufzeit klang besser, als es war.
Quelle: Homepage Zinsland.de

Finanzierungsstruktur. Die Mittelherkunft für das Gesamtprojekt war im Vergleich zu vielen anderen Scharmfinanzierungen von Immobilien sehr konservativ. Nur 64 Prozent der Gesamtinvestition von 7,49 Millionen Euro kamen über ein vorrangig zu bedienendes Darlehen. Bei weiteren sieben Prozent Nachrangkapital von den Anlegern standen immerhin 2,2 Millionen Euro (29 Prozent) Eigenkapital zur Verfügung. Trotz dieses Sicherheitspuffers ordnete das Amtsgericht München am 8. September 2017 die vorläufige Insolvenzverwaltung an (Aktenzeichen 1501 IN 2409/17).

Funding 2. Im September 2016 meldete die AviaRent Capital Management, das Objekt komplett für ihren Fonds MikroQuartier I zum Preis von rund acht Millionen Euro gekauft zu haben. Bei 7,5 Millionen Euro Projektvolumen freuten sich vermutlich die Anleger, da damit die Vermarktungsrisiken weg waren. Carl von Stechow, Chef der Plattform Zinsland, ging deshalb auf die Möglichkeit ein, einen Club-Deal über weiter 750.000 Euro dranzuhängen. Zwölf Investoren finanzierten Ende Juni 2017 den Betrag, mit dem zum Teil Eigenkapital abgelöst wurde. Deren Verzinsung hätte mit neun Prozent sogar noch besser ausfallen sollen. Das Geld erhielt allerdings ein Tochterunternehmen des Crowd-Emittenen, die ARPLAN Projektgesellschaft Alpha 1 GmbH.

Veränderung. Der hohe Risikopuffer von 2,2 Millionen Euro Eigenkapital (29 Prozent) dürfte die Anleger des ersten Fundings sehr positiv gestimmt haben. Dieser wurde aber anscheinend so nicht realisiert. Die Mittelherkunft, die den Club-Deal-Investoren im Juni 2017 präsentiert wurde, zeigt noch ein Eigenkapital von 500.000 Euro (6,6 Prozent). Zinsland erklärt die Veränderung in der Finanzierungsstruktur durch den zwischenzeitlich erfolgten Weiterverkauf der Immobilie: „Die Reduzierung des EK- Anteils (auch durch zusätzliche Mezzanine-Darlehen) ist aufgrund des dann deutlich geringeren Risikoprofils durch den bereits erfolgten Kauf des Projektes branchenüblich und deshalb für uns nachvollziehbar gewesen.“ Aus Anlegersicht durchaus bedenklich, wenn die veränderte Konstellation doch noch zu einer Insolvenz führen kann.

Hintergründe. Verständliche Erklärungen für das drohende Desaster konnte Zinsland leider nicht liefern. In einem Pressestatement ist von Bauverzögerungen die Rede. Da die Kaufpreiszahlungen vom Baufortschritt abhängen, sei „die Liquiditätssituation derzeit nicht gesichert“. Wie das sein kann, da die beauftragten Baufirmen ja auch nach geleisteter Arbeit bezahlt werden, bleibt offen. Offenbar sind die Experten der schon mehrfach ausgezeichneten Crowd-Plattform selbst ratlos. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass der Projektinitiator den Insolvenzantrag zurück nimmt.

Weitere Insolvenz. Ebenfalls massive Fragen wirft ein weiterer Insolvenzantrag auf. Neben Anträgen für die Conrem-Ingenieure GmbH und die Arplan Projektgesellschaft Alpha 1 GmbH (1501 IN 2406/17) vom 8. September 2017 wurde das Amtsgericht München drei Tage später erneut bemüht. Am 11. September 2017 entschieden die Richter über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die ARGE Projektentwicklung GmbH & Co. KG (1501 IN 2404/17). Angeblich hat diese Firma nichts mit dem Crowd-Projekt Luvebelle zu tun. Wenn die Probleme bei Luvebelle allerdings wirklich mit dem Projekt selbst zusammenhängen, stellt sich die Frage, warum eine weitere Firma von Heinz Michael Groh fast zeitgleich Insolvenzantrag stellt. Da ist noch einiges zu klären, was angesichts von drei verschiedenen vorläufigen Insolvenzverwaltern zusätzlich kompliziert werden dürfte.

Loipfinger’s Meinung. Heute werden Immobilienfundings von Anlegern völlig unkritisch gezeichnet. Dabei sind diese häufig hoch spekulativ, da nicht selten 80 bis 85 Prozent des Kapitals über Bankdarlehen fließen. Diese werden inklusive Zinsen vorrangig bedient. Der Puffer nach hinten in Form von Eigenkapital ist mit zwei bis fünf Prozent immer wieder sehr dünn. Bereits kleinste Wertminderungen bei der Immobilie schlagen folglich sofort auf das Crowdkapital der Anleger durch. Angesichts dieser Risiken relativieren sich Verzinsungschancen von vier bis sieben Prozent sehr schnell.

test.de vom 18. September 2017: Crowdfunding: Erster Insolvenzantrag bei Immobilienprojekt


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