Fragwürdige Mietunterdeckungen bei P&R

Wie wichtig ist das Neugeschäft?

Seit Jahresanfang greift eine Prospektpflicht für Direktinvestments nach Vermögensanlagengesetz. Beim Marktführer P&R liefern die umfangreichen Informationen einige sehr interessante Erkenntnisse. So entstanden von 2014 bis 2016 pro Jahr im Durschnitt über 170 Millionen Euro Unterdeckung aus der Endvermietung der Container. Das wirft sofort die Frage auf, wie abhängig das P&R-Geschäftsmodell vom Neugeschäft ist. Kann ein Anlageberater oder Vermittler die vom Bundesgerichtshof regelmäßig geforderte Plausibilität des Anlagekonzepts überhaupt noch annehmen?

Geschäftsmodell. 40 Jahre lang hat P&R alle Verpflichtungen erfüllt. Sogar nur in Aussicht gestellte Rücknahmepreise für Container wurden unabhängig vom Markt immer bezahlt. Eigentlich ein gigantischer Erfolg. Andererseits wirft gerade die scheinbar von Marktentwicklungen losgelöste Geschäftspolitik die Frage auf, ob es sich wirklich um ein Investment in Container mit allen wirtschaftlichen Chancen und Risiken handelt.

Wieso weichen die Preise regelmäßig vom Markt ab?
Recherchen investmentcheck; Quelle: verschiedene Datenblätter zu Angeboten von P&R aus den jeweiligen Jahren; Berichte Triton und Textainer

Endvermietung. Leider nur als kumulierte Zahl werden in den Verkaufsprospekten der Angebote 5001 und 5002 die „Container-Mieteinnahmen/Restwertvergügung Dritte“ auf Ebene der P&R Equipment & Finance Corp. aufgezeigt. Über dieses im schweizerischen Zug ansässige Unternehmen wickeln die deutschen Emittenten von Direktinvestitionen Geschäfte ab. Aber selbst wenn die Einnahmen von durchschnittlich 239 Millionen Euro (2014 bis 2016) komplett den Mieteinnahmen zugeordnet werden, ergeben sich gigantische Mietunterdeckungen von 42 Prozent der an die Endanleger bezahlten Mieten. Denn laut den inhaltlich ansonsten dünnen Performance-Reports wurden in diesem Zeitraum im Schnitt gut 410 Millionen Euro Mieten überwiesen. Auf Anfrage bestreitet der Pressesprecher Hajo Maier dauerhafte Defizite, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen.

Alter. Nicht unwichtig für den Wert und die Vermietbarkeit von Frachtcontainern ist deren Alter. Leider enthält weder der Verkaufsprospekt für das Angebot 5001 noch der für das Angebot 5002 das Alter der dort angebotenen gebrauchten 40-Fuss-High-Cube-Container. Ein Auto ohne Angabe des Alters zu kaufen: Wer würde das tun? Aber unabhängig davon sollten Anleger mal einen Blick auf die Containereinkäufe der Schweizer P&R-Gesellschaft werfen. Während 2014 noch 212,5 Millionen Euro dafür ausgegeben wurden, ist diese Zahl über 146 Millionen in 2015 auf 64,5 Millionen Euro in 2016 eingebrochen. Gleichzeitig wurden aber beispielsweise im Vorjahr für 740 Millionen Euro Container an Anleger verkauft. Offenbar werden die zurückgegebenen Container aus früheren Investments erneut an Anleger verkauft. Müsste über einen solchen Interessenskonflikt nicht in den Verkaufsprospekten aufgeklärt werden?

Preise. Gutachten, die den Wert der Container bei den Angeboten 5001 und 5002 bestätigen, gibt es nicht. Konkrete Aussagen zu Marktpreisen fehlen ebenfalls in den Verkaufsprospekten. Deshalb muss sich ein Anleger mühsam selbst informieren, ob die Preise von 2.635 Euro (Angebot 5001) und 2.450 Euro (Angebot 5002) marktgerecht sind. In CEU (cost equivalent unit) ausgedrückt sind das rund 1.700 beziehungsweise 1.600 US-Dollar pro CEU. Die Textainer Group Holding hat in ihrer Investoren Präsentation von Mai 2017 ihre Einkaufspreise offengelegt. Sie betrugen 1.532 US-Dollar im Durchschnitt 2016 und 2.175 US-Dollar im März 2017. Wohlgemerkt für Neuware! Nimmt man übliche 50 Prozent als Wert für gebrauchte Container, wären das etwa 770 US-Dollar (2016) beziehungsweise 1.100 US-Dollar (März 2017). Zu den P&R-Preisen sind das gewaltige Abweichungen.

Zahlensalat. Die Intransparenz von P&R in wichtigen Fragen steigert sich noch bei den jahrelang veröffentlichten Reports über die Performance von P&R. Für Ende 2010 wurde beispielsweise berichtet, dass über 55.000 Investoren insgesamt gut 250.000 Verträge abgeschlossen hatten. Über 1,5 Millionen TEU wurden zu dem Zeitpunkt angeblich verwaltet, was rund sechs Prozent des Weltcontainerbestandes entsprach. Was zu denken geben sollte, ist die werblich genutzte Zahl von 1,5 Millionen verwalteten Containereinheiten, die sich über die Folgejahre nicht änderte. Allerdings hat sich die Zahl der Investoren bis Ende 2015 auf „über 62.000“ erhöht und die Zahl der Verträge auf „über 450.000“. Plausibel ist das nicht.

Bilanzen. Schon im Vorjahr kritisierte investmentcheck die Einschränkungen des Wirtschaftsprüfers bei verschiedenen Bestätigungsvermerken. Extrem spät wurden nun die Jahresabschlüsse 2015 veröffentlicht. Dort hat der Wirtschaftsprüfer Werner Wagner-Gruber den Einwand vermerkt: „Entgegen § 285 Nr. 3 HGB wurden keine Angaben zu nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften gemacht (Art, Zweck, Risiken, Vorteile) bzw. wurde entgegen § 285 Nr. 3a HGB der Gesamtbetrag der sonstigen finanziellen Verpflichtungen nicht angegeben.“ So steht es im Bericht der P&R Container Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH. Auch die P&R Container Leasing GmbH sowie die P&R Gebrauchtcontainer Vertriebs- und Verwaltungs-GmbH enthalten diese Einschränkungen des Bestätigungsvermerks. Näherungsweise kann die Jahresrechnung der P&R Equipment & Finance helfen. Dort sind die Verpflichtungen aus laufenden Verträgen gegenüber den drei genannten deutschen Unternehmen per Ende 2016 mit 991,7 Millionen Euro beziffert. Viel Geld bei einem Eigenkapital von 26,5 Millionen Euro.

Loipfinger’s Meinung. In fünf Jahren sind die Container der Angebote 5001 und 5002 rund zehn bis elf Jahre alt. Ein Großteil der Lebensdauer ist damit vorbei. Trotzdem werden den Anlegern Rückkaufswerte von gut 1.700 (5002: knapp 1.600) Euro in Aussicht gestellt. Optimistische Preise, weshalb Anleger sich fragen sollten, warum die Rückkaufspreise nicht garantiert sind. Den Großanlegern bei Private-Placement 6001 wird der Rückkaufspreis von 1.035 Euro für dann rund 12,5 Jahre alte 40-Fuß-Container vertraglich fest zugesagt. Mit 1,1 Euro/US-Dollar umgerechnet wären das 650 US-Dollar pro CEU, während bei den Publikumsangeboten 1.110 (5002: 1.030) US-Dollar pro CEU nur in Aussicht stehen.