Unterschätzte Transparenzpflichten

BaFin bemängelt Einhaltung von Vorschriften

Das neueste BaFin-Journal von März 2017 hat es in sich. Ab Seite 25 beschreibt die Aufsichtsbehörde die Erfahrungen mit dem Kleinanlegerschutzgesetz und stellt einige Missverständnisse klar. Zwischen den Zeilen und teilweise sogar offen angesprochen wird bemängelt, dass viele Anbieter von Vermögensanlagen ihren Pflichten nicht ausreichend nachkommen. Gleich in der Einleitung warnt die BaFin regelrecht: „Alte wie neue Anbieter sollten sich hier ihren Pflichten bewusst werden“. Vor allem die Anforderungen nach Billigung der Verkaufsprospekte werden oftmals nicht eingehalten: „Die ersten Erfahrungen zeigen, dass manche Anbieter diesen Pflichten bisher nur unzureichend oder erst nach Aufforderung seitens der BaFin nachkommen.“

Schwarmfinanzierungen. Weit über 300 Vermögensanlagen-Informationsblätter (VIBs) von mehr als 40 verschiedenen Crowd-Plattformen wurden seit Juli 2015 bei der BaFin eingereicht. Ein Verkaufsprospekt muss hier nicht erstellt werden, wenn die Vorschriften nach Paragraph 2a VermAnlG eingehalten werden. Das betrifft die laut Gesetz zulässigen Rechtsformen und vor allem den „Verkaufspreis sämtlicher von einem Anbieter angebotenen Vermögensanlagen desselben Emittenten“, die den Betrag von 2,5 Millionen Euro nicht übersteigen dürfen. Größere Probleme gibt es offenbar mit Crowd-Plattformen, die ihren Sitz nicht in Deutschland haben. Da es keine „europäischen Passporting-Regelungen“ für die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler (Paragraph 34f GewO) gibt, gilt deren eventuell vorhandene Erlaubnis im Ausland nicht. Sie dürfen ihre Angebote folglich nicht in Deutschland vertreiben.

Die BaFin konkretisiert die Vorschriften gemäß Vermögesanlagengesetz
Die BaFin als Aufsichtsbehörde beanstandet die häufige Nichteinhaltung des Vermögensanlagengesetzes
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Fortführungs-Prospekte. Die Gültigkeit von Verkaufsprospekten ist seit Juli 2015 auf ein Jahr begrenzt. Wer länger Geld einsammelt, muss einen Fortführungs-Prospekt bei der BaFin einreichen und gestatten lassen. Darin sind alle Zahlen und Fakten zu aktualisieren. Sogar Anleger, die sich bereits beteiligt haben, können von einer Nennungspflicht erfasst werden: „Gesellschafter, die sich während des laufenden Öffentlichen Angebots neu an der Gesellschaft beteiligt haben, sind ebenfalls zu erfassen.“ Wer seine Beteiligung also nicht über einen Treuhänder hält, kann seinen Namen plötzlich im neuen Verkaufsprospekt lesen.

Prospekt-Nachträge. Nicht neu, aber konkreter sind die Auslegungen bezüglich notwendiger Nachträge bei Verkaufsprospekten geworden. Gründe für die Erstellung eines Nachtrages sind insbesondere „jeder neu offengelegte Jahresabschluss und Lagebericht des Emittenten sowie jeder Umstand, der sich mindestens im laufenden Geschäftsjahr erheblich auf die Geschäftsaussichten des Emittenten auswirkt und der geeignet ist, dessen Fähigkeit zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Anleger erheblich zu beeinträchtigen.“ Und jetzt kommt es: Die BaFin hat endlich festgelegt, dass der Ankauf von Objekten nach Billigung des Verkaufsprospektes ein Nachtragsgrund ist: „Während der Dauer des öffentlichen Angebots bestehen ebenfalls Nachtragspflichten, etwa bei Konkretisierung des Anlageobjekts.“ Offenbar ist der Aufsichtsbehörde endlich ein von Investmentcheck schon lange kritisierter Trend zu Blind-Pools aufgestoßen. Denn immer häufiger haben Anbieter den Verkaufsprospekt einfach ohne Objekte verfasst und erst nach dessen Billigung eingekauft. Zu Lasten der Informationsqualität für Anleger wurde der Gestattungsprozess vereinfacht. Das missfällt nun der BaFin offenbar, weshalb sie sogar ein konkretes Statement dazu abgab: „Blind Pools: Bedenklich aus Sicht des Anlegerschutzes“.

Pflichten nach Billigung. Bisher am wenigsten erfüllt werden die Pflichten eines Anbieters, nachdem er mit dem Geldeinsammeln begonnen hat. Zum Beispiel muss bis zur vollständigen Tilgung der Vermögensanlage innerhalb von sechs Monaten ein Jahresabschluss samt Lagebericht veröffentlicht werden. Die Betonung liegt hierbei auf veröffentlicht (also nicht nur hinterlegt, wie es für Kleinstunternehmen möglich ist), auf Lagebericht (laut HGB würde dies nur für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften gelten) und auf der Frist von sechs Monaten. Weiterhin müssen Anbieter von Vermögensanlagen den Verkaufsprospekt samt Nachträgen auf ihrer Internetseite ohne Beschränkung zugänglich machen. Ein geschlossener Mitgliederbereich gilt hier nicht. Zusätzlich endet die Pflicht nicht, sobald das Angebot ausplatziert ist. Die BaFin hat vielmehr klargestellt, dass die Dokumente bis zur vollständigen Rückzahlung der Vermögensanlage zugänglich sein müssen. Sehr viele Anbieter verstoßen gegen diese Anforderungen, was empfindliche Bußgelder nach sich ziehen könnte.

Loipfinger’s Meinung. Investmentcheck vertritt die Meinung, wer das Geld von Investoren verwalten will, der sollte absolute Transparenz als selbstverständlich ansehen. Leider ist dem häufig nicht so. Durch gesetzliche Änderungen wird dieses Ziel allerdings von der Bundesregierung immer konkreter vorgegeben und von der Aufsichtsbehörde entsprechend überprüft. Die Meldungen zu verhängten Bußgeldern nehmen enorm zu. Unternehmen, die mit dem Geld von Anlegern arbeiten wollen, sollten sich das vorher gut überlegen. Nur wenn sie eine hohe Transparenzbereitschaft mitbringen, sind sie kapitalmarktgeeignet.


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