BaFin gewinnt im Eilverfahren

Verbrauchermeldung zu Aurimentum bleibt erst einmal online

Die R&R Consulting GmbH mit ihrer Goldplattform Aurimentum hat ein Eilverfahren gegen die Finanzaufsicht verloren. Sie will aber Rechtsmittel im Hauptsacheverfahren einlegen. Hintergrund ist eine Meldung zum Verbraucherschutz, wonach Anhaltspunkte für einen fehlenden Verkaufsprospekt vorliegen (IC berichtete). Aber das ist nicht das Einzige, das AnlegerInnen aufhorchen lassen sollte.

Gerichtsurteile. In erster Instanz entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt zu Gunsten der BaFin. Weil es sich bei solchen Bekanntmachungen um einen „Realakt“ und keinen „Verwaltungsakt“ handelt, sei eine Anhörung im Vorfeld nicht notwendig. Bei dem streitgegenständlichen „Goldkauf mit Treuebonus“ teilte das Gericht die BaFin-Einschätzung, dass es sich um eine prospektpflichtige Vermögensanlage gehandelt haben könnte. Auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschied in zweiter Instanz zu Gunsten der Finanzaufsicht. Das Argument, der Treuebonus sei keine Zinszahlung, sondern ein Rabatt, damit der Vertrieb nach 24 Monaten erneut die Gelegenheit habe, mit dem Kunden zu sprechen, überzeugte nicht. Ein Anfang 2021 an rund 4.000 Kunden verschicktes Schreiben, wonach ein gewährtes Widerrufsrecht nur in den ersten vier Wochen des Vertrages gelte, brachte nichts. Am Ende der Urteilsbegründung haben die Richter sogar noch eine treffende Empfehlung für R&R Consulting: „Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Bekanntmachung treffe sie existenziell, hat sie es selbst in der Hand, einen Verkaufsprospekt zu veröffentlichen.“ Das will R&R aber offenbar nicht tun und lieber in einem Hauptsacheverfahren gegen die BaFin-Meldung vorgehen, denn die „Veröffentlichung eines Prospektes sei sehr aufwendig“.

Aurimentum verkauft Gold 30 Prozent über Marktpreis
Aurimentum verkauft Gold 30 Prozent über Marktwert
Bild: Stefan Loipfinger

Widerrufsrecht. Zentrale Frage bei der Beurteilung einer Prospektpflicht ist das von R&R Consulting gewährte Widerrufsrecht. In einem Schreiben an die Interessenten des Aurimentum Goldkaufs mit Treuebonus vom 4. März 2019 wurde erklärt, dass „die Frist des Rückgaberechts 4 Wochen ab dem Tag der 2. Goldlieferung beträgt“. Das hat R&R Ende 2019 gegenüber Investmentcheck bestätigt. Gefragt war, wie man die Risiken im Goldpreis absichern würde, wenn damit faktisch ein preisunabhängiges Rückgaberecht für zwei Jahre gewährt würde. Die kurze Antwort war: „Unsere Mandantschaft gewährt dem Kunden ein preisunabhängiges Rückgaberecht gem. § 356 BGB.“ Also kein Widerspruch zur Frage, die explizit den Zeitraum zwei Jahre thematisierte. Und heute? In dem bereits erwähnten Schreiben von Anfang dieses Jahres wird nur von einem anfänglichen Rückgaberecht gesprochen: „Wenn Sie meinen sollten, Ihnen sei ein Rückgaberecht auch noch nach 24 Monaten versprochen worden, so bitten wir Sie, sich bei uns zu melden, damit wir ggf. eine individuelle Lösung finden. Wir gehen weiter fest davon aus, dass das Rückgaberecht nur nach der ersten Goldlieferung bestand.“

Fehlende Jahresabschlüsse. Im Jahre 2021 informiert die R&R Consulting GmbH im Bundesanzeiger gerade mal mit dem Jahresabschluss 2015. Der war bereits 2019 völlig veraltet, weshalb Investmentcheck nach den Gründen fragte. Im September 2019 ließ R&R über eine Anwaltskanzlei mitteilen, dass die Bilanzen „in den kommenden Wochen alle ordnungsgemäß hinterlegt und auch veröffentlicht werden“ (Goldener Schein verblasst). Nachdem das nicht passierte, hat Investmentcheck im November 2019 erneut gefragt. Es wurde mitgeteilt, die „Jahresabschlüsse werden in Kürze vorliegen und ausgeglichene Bilanzen aufweisen“. Wieder ein leeres Versprechen. Auf eine weitere Anfrage im Sommer 2020 kam überhaupt keine Antwort (Bilanzen wie Katzengold). Am 17. März 2021 hieß es dann, dass das Steuerbüro in Aussicht gestellt hätte, in der kommenden Woche die fertiggestellten Jahresabschlüsse an R&R zu übersenden. Und jetzt? Ohne konkrete Frist ließ R&R über eine Anwaltskanzlei ausrichten: „Die fehlenden Jahresabschlüsse wurden durch den Steuerberater zwischenzeitlich erstellt. Hinsichtlich der Jahre 2019 und 2020 hat sich aufgrund der Größe der Gesellschaft (Umsatzerlöse und Bilanzsumme) eine Prüfungspflicht der Gesellschaft durch einen Abschlussprüfer ergeben. Ein entsprechender Prüfauftrag wurde bereits erteilt. Eine Veröffentlichung aller Jahresabschlüsse erfolgt, sobald die Abschlussprüfungen beendet sind.“ Damit bleibt aber die Frage, wieso nicht wenigstens 2016 bis 2018 veröffentlicht werden.

Bankverbindungen. Wie bei jedem Unternehmen benötigt Aurimentum zur Abwicklung ihrer Geschäfte eine Bankverbindung. Was für normale Firmen eigentlich ein nicht meldenswerter Umstand ist, scheint bei R&R Consulting zunehmend zu einem Problem zu werden. Noch im Frühjahr 2020 nutzen die beiden Geschäftsführer Reinhard Fuchs und Reinhard Scherm ein Konto bei der VR Bank Oberfranken Mitte. Im Sommer 2020 war es das Bankhaus Max Flessa KG. Aktuell scheint es ein Konto bei der HypoVereinsbank zu geben. Zu den Gründen für die ungewöhnlichen Kontowechsel befragt teilte deren Medienanwältin mit, dass die Bankverbindungen seit der Veröffentlichung der BaFin gefährdet seien. Sogar Raten von Goldsparverträgen konnten Anfang 2021 mangels Bankverbindung nicht eingezogen werden. Hintergrund sei die Veröffentlichung der BaFin. In einem Investmentcheck vorliegenden Schreiben an einen Kunden wird von Schwierigkeiten „mit unseren Bankbeziehungen“ berichtet. Man sei aber jetzt sehr froh mit der HypoVereinsbank einen Bankpartner gefunden zu haben, mit dem man „eine lang andauernde Kundenbeziehung“ haben werde.

Loipfinger’s Meinung. Welchen Sinn macht ein Geschäftsmodell, bei dem Gold 30 Prozent über Marktpreis verkauft wird und dann zwei Jahre später AnlegerInnen acht Prozent Treuebonus oder jetzt Treuerabatt erhalten? Dann war das Edelmetall immer noch viel zu teuer, um den Vertrieb und den Anbieter zu füttern. Das könnte auch die fehlende Bereitschaft zur Veröffentlichung eines Verkaufsprospektes erklären. Denn solche Verkaufsunterlagen dienen vor allem der Aufklärung. Ohne aktuelle Vermögens- und Finanzinformationen, die für eine Emittentin maximal zwei Monate – nicht Jahre – alt sein dürfen, geht da nichts. Mit einem überschuldeten Jahresabschluss 2015 ließe sich also kein Blumentopf gewinnen. Umso erstaunlicher, dass R&R Consulting offenbar 4.000 AnlegerInnen vertrauen.

Anlegerforum. Interessierte AnlegerInnen tauschen sich auch im Forum Investmentcheck.Community aus. Wer dort mitdiskutieren möchte, kann sich gerne kostenlos in dem nicht öffentlichen Forum anmelden.

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