Magellan Maritime Services stellt Insolvenzantrag

Etwa 9.000 Investoren dürften jetzt zittern

In der erst kürzlich veröffentlichten Firmenbroschüre bezeichnete sich Magellan als größtes deutsches Container-Leasingunternehmen. Weltweit sei man laut WorldCargoNews mit 205.000 TEU (Twenty-Food Equivalent Unit) die Nummer 13. Unter der Überschrift „Leistungsbilanz“ werden die von 2005 bis 2015 vertriebenen 59 Direktinvestments aufgeführt. Der Erfüllungsgrad der zu leistenden Auszahlungen wird für alle mit 100 Prozent angegeben. Doch das wird sich nun ändern. Beim Mieter Magellan Maritime Services GmbH wurde vom Amtsgericht Hamburg am 31. Mai 2016 der Rechtsanwalt Peter-Alexander Borchard als Sachverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren bestellt (Aktenzeichen 67c IN 237/16). Dabei wurden erst kürzlich mit dem Angebot HC2016-02001 Gebrauchtcontainer angeboten. Anlegeranwälte werden vermutlich zu Recht die Frage aufwerfen, wie groß die Probleme zu diesem Zeitpunkt schon waren und ob die Investoren ausreichend aufgeklärt wurden. Bei mehr als 10.000 Investoren werden sie wohl einiges zu tun bekommen.

Volumen. Am 14. August 1995 wurde die Magellan Maritime Services GmbH vom Schifffahrtskaufmann Carsten Jans gegründet. Zehn Jahre später wurde laut Firmenhomepage zwischen der Magellan Chartering Services GmbH, deren Aktivitäten kurz darauf von der Magellan Container Services GmbH übernommen wurden, eine enge Kooperation mit der zum Emissionshaus Dr. Peters zugehörigen DS-Schiffahrt GmbH vereinbart. Der Flottenbestand betrug laut WorldCargoNews vom Februar 2015 205.000 TEU, was Magellan zum größten deutschen Containerleasingunternehmen macht. Von dem Insolvenzantrag betroffen sind Anleger mit einem Kapital von 350 Millionen Euro.

Intransparenz. Besonderes Merkmal von Container-Direktinvestments ist die hohe Intransparenz. Obwohl von einigen Anbietern zwei- und sogar dreistellige Millionenbeträge pro Jahr eingesammelt werden (Marktführer P&R platzierte 2015 rund 831 Millionen Euro), bekommen die Investoren häufig keinen anständigen Verkaufsprospekt. Leistungsbilanzen verdienen diesen Namen ebenfalls nicht. Anleger investieren häufig in eine Blackbox, auch wenn Transportbox auf den Verkaufsinformationen drauf steht. Das wird sich aber bald ändern. Vor zwei Wochen hat der Bundesrat nun auch dem Ersten Finanzmarktnovellierungsgesetz zugestimmt. In Artikel 10 wird der Anwendungsbereich des Vermögensanlagengesetzes geändert. Während bisher in Paragraph 1 (2) Satz 7 nur Anlagen erfasst wurden, die einen „Anspruch auf Verzinsung und Rückzahlung“ gewähren, unterfällt zukünftig jedes Investment dem Vermögensanlagengesetz, das eine Verzinsung und Rückzahlung gewährt oder in Aussicht stellt. Ab nächstem Jahr müssen nun also auch diese Container-Anbieter endlich anständige Verkaufsprospekte erstellen.

HC2016-02001. Wie notwendig dies ist, zeigt das 60. Magellan-Angebot sehr deutlich. Auf eine Seite passte das „Angebot über den Kauf von Seecontainern“. Es ging um 40-Fuss High Cube Gebrauchtcontainer, für die Magellan 2.950 Euro pro Stück aufgerufen hat. Ein über dem doppelten Marktwert liegender Mondpreis. Denn bei angenommenen 1,7 CEU für diese Containergröße und 700 US-Dollar pro CEU würde sich ein Marktpreis von rund 1.100 Euro ergeben. Die Anleger merken das in der Regel nicht, weil der Verkäufer Magellan gleichzeitig eine ebenso weit über Markt liegende Tagesmiete von 0,91 Euro pro Container für 3,25 Jahre zusicherte.

Schneeballsystem? „Als Schneeballsystem oder Pyramidensystem werden Geschäftsmodelle bezeichnet, die zum Funktionieren eine ständig wachsende Anzahl an Teilnehmern benötigen, für die man Kopfgeld bekommt, analog einem den Hang hinab rollenden und dabei stetig anwachsenden Schneeball. Gewinne für Teilnehmer entstehen beinahe ausschließlich dadurch, dass neue Teilnehmer in den Systemen mitwirken und Geld investieren, ohne jegliche Dienstleistung oder ein Produkt zu erhalten.“ Diese Definition aus Wikipedia trifft nicht ganz auf viele Containerinvestments zu. Denn Investoren erhalten tatsächlich einen Container, wenn auch überteuert. Aber zumindest die grundsätzliche Instabilität des Systems trifft zu. Wenn notwendiges unendliches Wachstum auf endliche Rahmenbedingungen trifft, dann sollten Anleger grundsätzlich vorsichtig sein.

Peinlichkeit. Das englische Magazin “The New Economy” hat die Magellan Maritime Services noch 2015 als “Container Trading & Leasing Company of the Year” ausgezeichnet. Im Herbst-Heft wurde mit der Überschrift “Eine solide Investition, auch in schwierigen Zeiten” ein Interview mit dem Magallan-Geschäftsführer Carsten Jans veröffentlicht. Sein Erfolgsrezept beschrieb er vor wenigen Monaten noch so: “Neben der soliden kaufmännischen Arbeit muss natürlich ein nachhaltiges Konzept dahinter stehen.” Das klingt vermutlich jetzt wie Hohn in den Ohren der “mehr alt 10.000 Investoren”, wie sie Jans in dem Interview beziffert.

Investmentcheck-Meinung. Container-Direktinvestments sind dem Zeitalter des grauen Kapitalmarktes noch nicht entwachsen. Die Informationen für Investoren sind ein Skandal. Bei Gebrauchtcontainern wird häufig nicht einmal verraten, wie alt diese sind. Man stelle sich nur mal vor, jemand versucht einen Gebrauchtwagen zu verkaufen, ohne das Alter zu verraten. Wenn das dann noch gepaart ist mit Mondpreisen, die über Mondmieten subventioniert werden, dann ist das eigentlich ein Fall, den man einem Staatsanwalt zur Prüfung auf den Tisch legen sollte. Und es ist eine schallende Ohrfeige für die Anbieter, die sich strengen Regulierungsauflagen gemäß Kapitalanlagegesetzbuch unterwerfen. Obwohl sie nichts mehr mit den „Containertypen“ zu tun haben, werden sie Anlageinteressierte damit in Verbindung bringen.

Nachtrag vom 2. Juni 2016. Das Amtsgericht Hamburg hat den Rechtsanwalt Peter-Alexander Borchardt von Reimer Rechtsanwälte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Per Pressemitteilung hat die Kanzlei verkündet, dass von der Insolvenz etwa 9.000 Kapitalanleger mit einem Investitionsvolumen von 350 Millionen Euro betroffen sind. Derzeit befinden sich 187.000 Container in der Verwaltung des Unternehmens, wovon 160.000 Stück Investoren gehören und weitere 27.000 dem Unternehmen selbst. Die bisher von Investmentcheck geschätzte und leicht abweichende Anlegerzahl und das Investitionsvolumen wurden angepasst. Zu den Ursachen wird von der Kanzlei Reimer angegeben: „Maßgebliche Gründe für die Insolvenz waren kurzfristig und drastisch verkürzte Zahlungsziele chinesischer Containerhersteller bezüglich beginnender Neucontainerproduktionen. Im Umfeld einer seit Monaten abgenommenen Nachfrage nach Neucontainern kamen Abrechnungsschwierigkeiten mit einigen Linienreedereien hinzu. In Folge dessen konnten fällige Auszahlungen an Anleger nicht mehr geleistet werden.“

Hinweis. Vor Bekanntwerden des Insolvenzantrages hat Investmentcheck bereits kritisch über Ausschüttungsverzögerungen bei Magellan berichtet: 13-Jahrestief am Containermarkt


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